Turm-Fraeulein
des Mannes. Er rechnete eigentlich nicht damit einzuschlafen, um so überraschter war er, als es fast sofort geschah.
12
Immermoor
Sie schliefen weitaus länger als eine Stunde; es war schon Nachmittag, als Grundy erwachte. Auch Jordan rührte sich schon. Die Mädchen waren in der Nähe und legten gerade letzte Hand an eine hübsche Mahlzeit an.
Jordan setzte sich auf, und Grundy kletterte einfach auf seine Schulter. Der Kopf des Mannes war nun völlig geheilt; das Haar war ihm vollständig nachgewachsen, Augen und Ohren waren ebenfalls wieder in Ordnung. Es waren auch keine Narben zurückgeblieben; er sah aus, als wäre ihm nie etwas passiert. Grundy hatte zwar von Jordans Talent gewußt, dennoch war er beeindruckt. Jeder andere Mensch wäre nach einem solchen Kampf mit einer Schimäre in einem äußerst erbarmungswürdigen Zustand gewesen.
»Ich habe Hunger«, rief Jordan und streckte die Glieder. »Essen wir etwas.«
Sie gesellten sich zu den Mädchen. Dort gab es Obst und Nüsse vieler verschiedener Sorten, ferner Milch, Brot und Kekse und weitere ausgewählte Delikatessen. »Wo habt ihr das denn alles gefunden?« wollte Grundy wissen.
Threnodia zuckte die Schultern. »Ach, hier und dort«, sagte sie. »In Xanth findet man immer einige nette Sachen, wenn man weiß, wo man danach suchen muß.«
Offensichtlich. »Aber die Vettel…«
»Hat sich nicht mehr blicken lassen«, erwiderte Rapunzel fröhlich. Sie war wieder so groß wie ein Golem. Und hatte irgend etwas mit ihrem struppigen geschorenen Haar gemacht, denn nun war es angenehm lockig. Nach dem langen Marsch hatte ihre Kleidung zerlumpt und verschwitzt ausgesehen, jetzt dagegen wirkte sie adrett und sauber. Rapunzel war schon vorher die schönste junge Frau gewesen, der er je begegnet war; doch nun sah sie noch bezaubernder aus.
»Vielleicht war sie müde, nachdem sie so oft umgebracht worden ist«, meinte er unsicher.
»Komm, nimm Platz und iß«, sagte Rapunzel und führte ihn zu einem Stuhl, der aus Holzstücken und etwas Stroh angefertigt war. »Was willst du?«
»Wir sollten wirklich lieber in Deckung bleiben, für den Fall, daß sie als großer Vogel oder als Drache kommt…«
Rapunzel schüttelte den Kopf. »Siehst du diese Späne dort, die um uns herum einen großen Kreis bilden, Grundy?« fragte sie und zeigte darauf.
Er sah hin. »Ja, aber…«
»Das ist Umkehrholz. Wenn sie versucht, diesen Kreis zu durchstoßen, wird sich ihre Magie umkehren.«
»Umkehrholz!« rief er. »Ich wußte gar nicht, daß es hier welches gibt.«
»Threnodia hat es gefunden«, berichtete sie. »Sie und Jordan sind durch diese Gegend gereist und haben etwas davon am gegenüberliegenden Ufer des Ogersees aufgetrieben und es mitgebracht. Threnodia hatte es in ihrer Tasche. Natürlich durfte sie nicht zu dicht neben ihm stehen, als er gerade kämpfte, oder seine Wunden heilten, aber…«
»Das möchte man meinen!« stimmte er zu. »Umkehrholz verwandelt schließlich jede Magie in seiner unmittelbaren Umgebung in sein Gegenteil. Ich weiß noch, wie der Gute Magier mal in seine Nähe geriet und aus seiner Information Desinformation wurde. Aber…«
»Sein Wirkungskreis ist sehr beschränkt«, versicherte sie ihm. »Es kann uns nichts anhaben, solange wir uns dem Außenkreis nicht zu sehr nähern. Aber es hat immerhin die Seevettel ferngehalten. Kann sein, daß sie uns jetzt beobachtet, aber sie wagt es nicht hereinzukommen, denn selbst wenn sie über den Kreis hinwegfliegt, könnten wir immer noch ein Holzstückchen nach ihr werfen.«
»Das ist ja wirklich grandios!« rief er. »Du bist vielleicht schlau!«
»Ach, nein. Das hat sich Threnodia ausgedacht. Sie lebt schon sehr lange in der Wildnis, da versteht sie sich auf so etwas. Sie hat mir sehr viel erzählt.«
Daran bestand kein Zweifel! »Jetzt siehst du also selbst, wie es ist, ein Mensch zu sein«, sagte er, froh um ihretwillen, aber traurig, wenn er an sich dachte.
»Tatsächlich ist Threnodia ein Halbwesen, genau wie ich. Sie ist eine Kreuzung zwischen Mensch und Dämon, während ich Mensch und Elfe bin. Sie hat einen vollblütigen Menschenmann geheiratet.«
»Hör mal, das habe ich in der ganzen Aufregung ja völlig vergessen!« rief Grundy. »Jordan ist ein…«
Sie errötete allerliebst. »Ja. Mein Vorfahr.«
»Dein Vorfahr«, wiederholte er. »Ich hoffe, daß du mit ihm zufrieden bist.«
Sie lachte. »Dummchen! Soll ich etwa ein Urteil über ihn sprechen?«
»Trotzdem, er ist schließlich
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