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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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wollen. Irgendwas daran ist seltsam, aber ich bin mir nicht sicher, was es genau ist.«
    »Irgend etwas, was die Vettel dir nicht erzählt hat?« fragte Grundy.
    »Vielleicht. Sie hat mir nur gesagt, was sie mir verraten wollte. Natürlich habe ich nie damit gerechnet, eines Tages wirklich einmal hierherzukommen.«
    Die Sphinx schritt weiter und ließ das Gras schnell hinter sich. Eine Bauminsel nach der anderen zog vorbei, doch die Landschaft änderte sich kaum. Die Nacht verging, der Morgen brach an, und noch immer erstreckte sich schier endlos die Sumpflandschaft vor ihnen.
    Plötzlich flog ein gekrönter Vogel vorbei. Mit einem unerwarteten Ruck sauste er in ein naheliegendes Gewässer und schnappte nach einem Fisch. »Oh, das ist ein Königsfischer!« rief Rapunzel und klatschte entzückt in die Hände.
    »Der König der Vögel?« wollte Grundy wissen.
    »Nicht genau. Eigentlich fischt er nach Königen unter den Fischen.«
    Ein Stückchen weiter entfernt erspähten sie eine lange grüne Kreatur, die sich in der frühen Sonne aalte. »Was ist das denn?« fragte Grundy.
    »Das ist eine Allegorie«, sagte Rapunzel. »Die leben oft in Gesellschaft von Hypotenusen, Relewanzen und Parodien. Sie können äußerst gefährlich sein, wenn sie einen in einem unbedachten Augenblick erwischen.«
    Von den anderen Wesen hatte Grundy schon einmal gehört. Die Hypotenuse war groß und blubberig und besaß eine dreieckige Öffnung; die Relewanze war sogar noch größer, mit einer Nase, die bis zum Boden herabhing; und die Parodie war ein Vogel, der Knallbonbons liebte. Mit keinem von ihnen hätte er sich allzu gerne angelegt, doch die Allegorie war die schlimmste.
    Tatsächlich schwamm sie nun auf Jordan zu, um schließlich am schlammigen Ufer aus dem Wasser zu klettern. Doch der Barbar zückte nur wortlos sein Schwert und ging in Kampfstellung, worauf das grüne Ungeheuer es sich anders überlegte. Auf seinen dicken kleinen Beinen drehte es sich um und kehrte in das flache Wasser zurück. Offensichtlich waren nicht allzu viele Wesen darauf erpicht, sich mit einem Barbarenkrieger anzulegen, der es auf einen Kampf abgesehen hatte.
    Während die Sphinx weiterschritt, aßen sie Reste vom Vortagsmahl auf. Threnodia mußte sicherlich hungrig sein, doch sie beklagte sich nicht; wahrscheinlich wollte sie die ganze Gruppe erst sicher durch diese öde Gegend befördern, bevor sie wieder Menschengestalt annahm.
    Doch das Immermoor ging immer weiter und weiter und weiter, einfach endlos. Der Nachmittag kam, dann der Abend, und nichts schien sich zu verändern. »Bei dieser Geschwindigkeit müßten wir doch inzwischen eigentlich schon am Ziel sein«, bemerkte Rapunzel besorgt.
    Plötzlich hielt die Sphinx inne. »Gerade ist mir etwas eingefallen«, sagte sie. »Sphinxe haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis! Dieses Sumpfgebiet ist magisch. Es hört nie auf, deswegen heißt es ja auch Immermoor.«
    »Es hört nie auf?« fragte Grundy entsetzt. »Wie sollen wir es denn dann durchqueren?«
    »Das ist eine von jenen Fragen, die einen über die Klippe ins Verderben treiben können«, meinte die Sphinx.
    »Vielleicht können wir das Umkehrholz anwenden«, schlug Rapunzel vor.
    »Wie denn?« warf Grundy ein. »Das kehrt doch lediglich um, was sich in seiner unmittelbaren Nähe befindet, aber das Sumpfgebiet ist überall.«
    »Na ja, vielleicht auch immer nur einen Schritt auf einmal«, sagte sie verunsichert.
    »Einen Versuch ist es wert«, entschied Jordan. »Ich werde es holen.« Er schritt zurück.
    Doch schon einen Augenblick später meldete er: »Oh! Der Strick ist gerissen.«
    So war es: Irgendwann unterwegs war der Strick endgültig gerissen, so daß sie das Umkehrholz verloren hatten.
    »Ich könnte mich in einen Vogel verwandeln und mich umsehen«, erbot sich Threnodia. »Das würde allerdings eine Weile dauern.«
    »Es hat jedenfalls keinen Zweck, endlos weiterzuwandern«, bemerkte Grundy. Also schlugen sie das Lager auf. In der Nähe befand sich eine Insel aus Palmen, deren Blätter Schatten spendeten, und manche von ihnen trugen sogar Kakaokusnüsse, die mit warmem Kakao gefüllt waren. Es war ein angenehmer Ort zum Rasten, wenngleich sie dort nicht für immer bleiben wollten.
    Als die Nacht anbrach, kam Snorty unter dem Bett hervor; tagsüber hatte er sich ja verstecken müssen. Threnodia begann damit, eine Vogelgestalt anzunehmen. Das war ein faszinierender Anblick. Zunächst verlor sie an Körpergewicht, ohne jedoch Größe und

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