Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
Vom Netzwerk:
den besten Platz an der Futtervorrichtung draußen auf meinem Balkon.
    Anscheinend war Brian in jener Nacht direkt nach Hause gegangen und hatte sich erhängt. Hatte er das bereits die ganze Zeit beabsichtigt? Die Polizisten, die ihn fanden, sagten, eine Billie-Holiday-CD wäre mit einer Endlosschleife gelaufen. Er hatte sich eine Kanne Kaffee gemacht und diese halb getrunken, während er sich auszog und Dinge zusammensuchte. Unter seiner Tasse lag eine Seite, die von einem Stenoblock abgerissen worden war.
    Ein wunderbarer Abend, stand da. Vielen Dank.
    Morgen mildes Wetter, versprach das Radio. Ein schöner Tag. Um die zwanzig Grad, heiter bis leicht bewölkt. Doch als ich aufwachte, pfiff der Wind vor meinen Fenstern, und Regen schlug dagegen, bildete neue Weltkarten, während er an ihnen herunterlief.

Kapitel Siebenundzwanzig
    »Ich bin nicht sicher, ob das möglich ist.«
    »Natürlich ist es das. Ich brauche lediglich eine richterliche Vollmacht.«
    »Um die Post des Bürgermeisters abzufangen.«
    »Nur, um sie zu protokollieren. Ich würde sie nicht lesen.«
    »Dann müssen Sie mit Richter Heslep sprechen.«
    »Gut, in Ordnung.«
    »Vergessen Sie das. Der Mann hat ein Foto in seinem Büro, auf dem sich Nixon und Hoover die Hände schütteln, also wird er Ihnen niemals diese Vollmacht ausstellen. Haben Sie schon mal daran gedacht, einfach zu fragen?«
    »Zu fragen?«
    Der Sheriff schüttelte den Kopf, nahm den Hörer ab und wählte.
    »Henry Lee? Schwänzt du heute, oder was? Die Steuerzahler bezahlen dich nicht dafür, dass du herumsitzt und Matlock glotzt … Guter Punkt, wir bezahlen dich nicht, oder doch? Und lass mich bitte der Erste sein, der sagt, dass du auch noch den letzten verdammten Penny wert bist … Gut, gut … Ich hab mal eine Frage an dich. Hast du irgendein Problem damit, dass wir uns deine Post der, ach, sagen wir mal, letzten paar Monate ansehen? … Also, sicher, aber alles, was du noch hast. Wenn’s bei dir auch nur annähernd
so ist wie bei mir, dann liegt der größte Teil doch immer noch irgendwo auf einem Haufen … Guter Mann … Wir sehen uns.« Bates legte auf. »Halten Sie sich den Terminkalender frei. Um fünf im Büro des Bürgermeisters, auf ein paar Cocktails.« Wann hatte ich das letzte Mal gehört, dass jemand das Wort Cocktails gebrauchte? »Er wird uns Kopien seiner Post, Rechnungsunterlagen, Überweisungen zeigen - alles, was er finden kann. Hat gesagt, Sie sollten ruhig einen Freund mitbringen.«
    »Ich nehme an, Sie kommen auch mit.«
    »Irgendwie hatte ich aber den Eindruck, er hatte Val Bjorn im Sinn.«
    »Nicht Sarah Hazelwood?«
    »Hey. Die Stadt ist klein. Niesen Sie, und irgendwer ein Stück die Straße runter greift nach einem Kleenex.«
    »Wie geht’s June?«, fragte ich. Sie war nicht zur Arbeit erschienen.
    »Ihr geht’s gut. Hat mir erzählt, Sie wüssten, was los ist.«
    »Gut, dass Sie beide darüber geredet haben.«
    »Sie ist unterwegs und sucht diesen Dreckskerl, Turner. Haben Sie eine Vorstellung, wie schwer es mir fällt, mich da rauszuhalten?«
    »Das habe ich, glauben Sie mir.«
    »Unsere Kinder, was wir für sie wollen - sie ist ein gutes Mädchen. Sie wird das hinkriegen. Ach, übrigens, Henry hat mir gesagt, ich soll Ihnen sagen, Sie wären eine unglaubliche Nervensäge. Er sagt außerdem, dass wir froh sein können, Sie hier zu haben.«
    Gerahmt in die Parenthese zweier hohler Hände, tauchte ein Gesicht am Fenster auf. Eine der Hände wurde zu einem
Winken. Entweder das, oder ihr Kumpel öffnete die Tür, und ein kleiner, stämmiger Mann kam hereingeklettert. Er trug eine dunkle, übel zerknitterte Hose, weißes Hemd mit offenem Kragen, graue Windjacke. Als er die Golfmütze aus Segeltuch absetzte, rechnete man irgendwie damit, dass er hineinschaute, um nachzusehen, ob seine Haare vielleicht mit heruntergekommen waren. Auf seinem Kopf jedenfalls waren sie nicht mehr.
    »Sie sind schon wieder zugange«, sagte er dem Sheriff.
    »Von welchen ›sie‹ sprechen wir denn diesmal, Jay?«
    »Zigeuner. Von wem sollte ich denn sonst wohl sprechen?«
    »Tja, also, soweit ich mich entsinne, war es das letzte Mal, als du vorbeikamst, eine Busladung Mexikaner, die hergekarrt wurden, um bei der Ernte zu helfen. Und davor war es eine Wagenladung ›Stadt-Kids‹.«
    »Zigeuner«, sagte der Mann.
    »Die haben dich doch nicht mit einem Fluch belegt, hoffe ich?«
    »Ein Fluch? Mach dich nicht über mich lustig, Lonnie. So was wie Flüche gibt’s doch gar

Weitere Kostenlose Bücher