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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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eines Schwerverbrechens vor uns.«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Habe ich Ihnen eigentlich schon mal gesagt, wie sehr ich Gerichtsverhandlungen verabscheue?«
    »Das ein oder andere Mal.«
    »Es gibt hier einige Leute, die würden Ihnen liebend gern die Fahrkarte nach Hause spendieren.« Er lehnte sich schwer gegen die Wand, fuhr seine Atemfrequenz
stufenweise auf ein normales Niveau runter, so als hole er einen Drachen vom Himmel. »Aber Sie gehen einfach nicht, stimmt’s?«
    »Nein, Sir.«
    »Sind Sie da ganz sicher?«
    »Absolut.«
    Er drückte sich von der Wand ab.
    »Gut. Ist in dieser gottverdammten Gegend auch gleich viel spannender geworden, seit Sie hier sind.«
     
    Doc Oldham und ich schafften die beiden nach Little Rock ins Krankenhaus, und dann musste er mir noch seinen neuen Schritt zeigen. Er hatte vor kurzem angefangen, Gott steh uns allen bei, Stepptanz zu lernen, und wann immer man ihn traf, wollte er einem seine frisch erlernten Tanzschritte vorführen. Und das wohlgemerkt bei einem Mann, der sich kaum auf zwei Beinen aufrecht halten konnte. Es war, als sähe man einen halb verrotteten Pekannussbaum Spitze tanzen. Aber schließlich ging er, um einen weiteren Versuch mit seinem verdammten Mittagessen zu unternehmen, und ich machte mich an die Arbeit. Ich hatte kaum angefangen, als Buster auftauchte. Buster arbeitete als Hilfskoch im Diner, machte dort an den meisten Abenden sauber und krallte sich ansonsten jeden Job, den er kriegen konnte. Ich war noch nicht ganz dahintergekommen, was es mit Buster auf sich hatte, ob’s eine Art von Spastik war oder einfach nur Nervosität, jedenfalls war irgendwas von ihm ständig in Bewegung.

    »Doc sagt, Sie könnten Hilfe brauchen, Büro in Ordnung bringen«, sagte er und sah sich um. Als sein Kopf zu wackeln aufgehört hatte, fing sein Fuß an. »Sieht aus, als hätt’ er Recht.«
    »Sie müssen das nicht tun.«
    »Müssen muss ich nicht, Sir«, meinte er grinsend. Dann entspannten sich seine Lippen, und unsere Blicke begegneten sich. Er hob eine zittrige Hand. »Aber ich könnt’ den Job gut gebrauchen.«
    »Hört sich zwanzig gut an?«
    »Jawoll, Sir. Hört sich sehr gut an! Besonders, wo mein Hochzeitstag ansteht und so weiter.«
    »Wie viele Jahre sind’s denn bei Ihnen und Della?«
    »Achtundfünfzig.«
    »Gratuliere.«
    »Gratulieren Sie ihr, weil sie’s all die Jahre mit mir ausgehalten hat.«
    Buster ging in den Abstellraum, um zu holen, was er brauchte, während ich wieder in meinen Gedanken versank. Buster könnte während der Stoßzeit die Treppen der Grand Central Station putzen, ohne jemandem im Weg zu sein. Irgendwer sagte mal von einem russischen Beamten, der ein Regime nach dem andern überlebt hatte, er habe gelernt, Regentropfen auszuweichen, und könne ohne nass zu werden durch einen Wolkenbruch gehen. Genau so ist Buster.
    In Dons Schreibtischablage lag der Bericht des Strafzettels wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit einer angehefteten Fotokopie. Im Protokoll hatte er den Zeitpunkt
und Grund der Festnahme, die Ankunftszeit in der Dienststelle und die Buchungsnummer festgehalten. In der Spalte PH (persönliche Habe) war ein Haken, genauso wie in den Spalten FA (Fingerabdruck) und TA (Telefonanruf).
    Nur so aus Neugierde blätterte ich zurück, um zu sehen, wann wir das letzte Mal von jemandem Fingerabdrücke genommen oder einen Anruf gestattet hatten. Wir hatten selten Besuch über Nacht, und wenn, dann waren es in Typen, die zu viel getrunken hatten, gelangweilte Highschool-Kids, die bei Vandalismusdelikten erwischt worden waren, oder der gelegentliche häusliche Streit, der eine Abkühlungsphase benötigte.
    Vor vier Monaten war ich wegen einer verdächtigen Person zur Junior High gerufen worden. Dominic Ford hatte keinen Widerstand geleistet, aber ich hatte ihn mitgenommen und seine Daten für den unwahrscheinlichen Fall, dass er vielleicht ein Pädophiler oder Gewohnheitstäter war, in den Computer eingegeben. Wie sich herausgestellt hatte, war er ein geschiedener Vater, der nur nach seiner zwölfjährigen Tochter sehen und sich vergewissern wollte, dass es ihr gut ging.
    Sechs Monate zuvor hatte Don Lee auf einen Anruf reagiert, dass ein Mann - »nicht aus der Gegend« - auf der einzigen Bank in dem kleinen Park am Ende der Main Street sitze und Selbstgespräche führe. In der Annahme, er könnte ein Patient der Psychiatrie sein, hatte Don Lee seine Fingerabdrücke genommen. Tatsächlich jedoch war er ein Geistlicher der

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