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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Entschuldigungen.«
    Wir kamen an einem Auto vorbei, dessen Motorhaube geöffnet war. Der Fahrer beugte sich über die Maschine. Als wir mit ihm auf einer Höhe waren, streckte er den Oberkörper über den Rand und glitt tiefer hinein. Es sah aus, als verschlucke der Wagen ihn Stück für Stück.
    »Falls es das ist, was du suchst, eine Entschuldigung, dann habe ich dir keine anzubieten.«
    »Gut, denn von denen hab ich schon genug gehört, mehr als ich brauche. Und ich suche gar nichts - tja, ich habe dich gesucht. Aber dich habe ich gefunden, stimmt’s? Also suche ich jetzt nichts mehr.«
    »Und wie hast du es geschafft, ich meine, mich zu finden?«
    »Ich habe mit ein paar Leuten in der Stadt geredet, habe von der Blockhütte gehört und bin rausgefahren. Auf der Veranda saß eine Frau.«
    »Val.«
    »Ich hatte ursprünglich gedacht, ich schau mich einfach mal um, warte vielleicht, bis du wieder auftauchst. Aber dann hab ich mich ihr vorgestellt, hab ihr gesagt, wer ich bin, und so sind wir ins Reden gekommen. Sie hat mir erzählt, was los war, und dass du hier oben bist. Ich wollte gerade zu dem Motel abbiegen, als ich sah, wie der Jeep wegfuhr.«
    »Also bist du mir gefolgt. Hast allem Anschein nach ein gutes Stück Abstand gehalten.«

    Sie zuckte mit den Achseln. »Alte Angewohnheit. Bevor du reingehst, erst mal alle Ausgänge überprüfen, versuchen, daraus schlau zu werden, was abgeht, bevor man einschreitet. So in der Art.«
    »Cop-Denke.«
    »Du weißt selbst, wie’s ist. Nach einer Weile machst du das automatisch.«
    Wir machten einen letzten Stopp in der Stadt, schon ein gutes Stück draußen, auf einer Höhe mit einer langen Reihe Teerpappe-Hütten, eingefasst von einer Tankstelle und einer Kirche, deren weißer Anstrich sich schon vor langer Zeit in Wohlgefallen aufgelöst hatte. Als wir weiterfuhren, nahmen wir die Unterhaltung wieder auf. J.T. drehte den Kopf, um das Schild zu lesen, das uns mitteilte, dass wir jetzt in Sweetwater waren.
    »Das hier ist also der Süden.«
    »Zumindest ein Teil davon. Enttäuscht?«
    »Eigentlich nicht, ich versuche nur, mich zu orientieren. Enttäuschung setzt Erwartungen voraus. Wie bei Leuten, in deren Köpfen sich Drehbücher abspielen, wie das Leben sein sollte.«
    »Und das ist bei dir nicht so?«
    »Meistens nicht, nein.«
    »Du nimmst immer alles, wie es kommt.«
    »Ich versuch’s.« Einen Moment später fügte sie hinzu: »Scheint für dich ja auch funktioniert zu haben.«
    Wir fuhren an Sweetwater vorbei, durch Magnolia und Ricetown, Meile um Meile, vorbei an Baumwoll-und Sojabohnenfeldern, und sahen Staubwolken an fernen
Horizonten, wo Pick-ups und landwirtschaftliche Maschinen über das Land zogen.
    »Wie geht’s deiner Mom?«
    »Apropos Erwartungen.« Sie lachte. »Sie ist irgendwo in Mexiko, das war das Letzte, was ich von ihr gehört habe. In einer dieser Künstlerkolonien voller Gringos. Das war vor über einem Jahr.«
    »Sie ist jetzt Künstlerin?«
    »Ich glaube, sie hat sich um die Position der Grande Dame beworben. Ich bin sicher, sie brauchten eine, ob sie das nun wussten oder nicht. Genaugenommen ist sie ziemlich milde geworden.«
    »Ja, das werden manche von uns. Andere ermatten einfach … Und dein Bruder?«
    Ein alter, ramponierter lindgrüner VW-Bus mit Spitzengardinen in den Fenstern tauchte hinter uns auf. J.T. deutete auf den Aufkleber auf der Stoßstange des VWs und meinte: »Das gefällt mir irgendwie.«
    Auf dem Aufkleber stand:
    GOTT WAR MEIN CO-PILOT
ABER WIR SIND IN DEN BERGEN ABGESTÜRZT
UND ICH MUSSTE IHN AUFFRESSEN
    Als ich sie ansah, sagte sie: »Du weißt es nicht, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Don ist letztes Jahr gestorben. Hatte eines Samstagabends ein wenig mehr Spaß, als er eigentlich wollte, geriet tiefer hinein, als er dachte, und hob für immer auf
seinem Zauberteppich aus Crack ab.« Ihre Augen suchten meine. »Tut mir leid, ich wollte nicht geschmacklos sein. Oder grausam.«
    »Schon okay.«
    Probleme hatten seit dem Tag seiner Geburt neben Don in seinem Bettchen gelegen. Schon damals hatte er die Stirn in angespannte, verdrießliche Falten gelegt, als wüsste er, dass ihn üble Dinge erwarteten und dass er ständig auf der Hut sein müsste - auch wenn es ihm wahrscheinlich nicht viel bringen würde. Alles war eine Herausforderung, selbst die einfachsten Alltagsverrichtungen, das Aufstehen, das Anziehen, die Wohnung zu verlassen, einzukaufen, all das war eine Kette fast unbezwingbarer Mount Everests. Wenn

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