Turrinis Bauch - Kriminalroman
Jahr Diplom – hat sie für alle Heimbewohner Krimsekt mitgenommen und Wuchteln gemacht. Mit Zwetschkenmarmelade. Einmalig!
Über das Privatleben von ihrer Milli waren die Alten aber genauso gut informiert. Hat eine dreizehnjährige Tochter, heißt Diana, wegen der Lady Di , auf die passt die Oma auf, also die Mama von der Milli. Hat ein Auto, einen alten VW Polo , mit dem fährt sie an den freien Tagen heim in die Slowakei, hat seit zwei Jahren einen Freund, der ihr immer die Haare färbt, weil er der Herr Friseurmeister von St. Hans ist und sowieso zweimal im Monat ins Heim kommt und allen die Haare macht. Der Billy. Eigentlich heißt er ja Strauß Wilhelm . Sagen tun aber alle Billy . Weil er immer einen Cowboyhut aufhat und auch sonst daherkommt wie aus einem Wildwestfilm. An sich ein netter Mann, der Billy. Zarte Hände – nicht so grob wie die anderen Männer. Bis vor vierzehn Tagen. Da hat er komplett durchgedreht. Hat mit der armen Milli herumgeschrien, dass das ganze Heim zusammengelaufen ist. Wegen einem anderen Mann!
Hat die Gucki genug gewusst. Hat ihren Besuch im Altersheim beenden können. Erstens war der Eierlikör gar. Zweitens ist der Turrini kurz vor einer Kekserlvergiftung gestanden. Weil ihn die alten Leute nicht nur fest gestreichelt, sondern noch fester mit Kekserl gefüttert haben. Und drittens sind die älteren Herren mit der Zeit so zudringlich geworden, dass die Gucki Watschen austeilen hätte müssen, wenn sie auch nur eine Minute länger geblieben wär.
Einen Tatverdächtigen hat sie ja eh schon gehabt. Diesen Billy. Weil sie aber nicht zum Friseur gehen wollte – jetzt, wo sie endlich einmal ein bisserl längere Haare hat –, hat sie halt auf das Countryfest gehen müssen. Wenn sie den Billy dort nicht findet: wo sonst?
Und da sind wir auch schon. Mitten im Getümmel. Im Schmalzgerbauer-Stadl in Leopoldschlag. Wo das Countryfest bereits im schönsten Gang ist. Und wie! Da wurlt es nur so vor lauter großen Buben, die im wirklichen Leben Friseurmeister oder Kranführer sind. Heute aber sind sie Cowboys – und sonst gar nichts! Sprich: Freiheit, Abenteuer, Heldentum!
Da haben sich der Leo und die Gucki eine solcherne Mühe gegeben mit dem Verkleiden – und für nix und wieder nix! Bei einem Countryfest musst du nämlich als Cowboy auftrixen: Alles andere gilt nicht! Und Indianer schon gar nicht. Praktisch der natürliche Feind des Cowboys. Werden der Leo und die Gucki angeschaut, wie wenn sie zwei Türken wären, die sich auf eine Wahlveranstaltung der FPÖ verirrt haben.
Grad dass sie nicht gelyncht werden. Und einen Sitzplatz kriegen sie auch nur, weil der Leo seine Zimmermannshacke so gekonnt durch die Luft wirbeln lasst, dass sie zitternd in einem Biertisch stecken bleibt. Aber schon mit einem ordentlichen Tuscher. Da rücken dann auch die tapfersten Cowboys ein bisserl zusammen und machen den Rothäuten Platz.
Wie ist denn der Leo überhaupt auf die blöde Idee mit den Indianer-Kostümen gekommen? Die Gucki hat ja ausdrücklich eine Cowboy-Maskerade bestellt. Ja, wo soll ich da jetzt anfangen? Das ist schon ein bisserl eine längere Geschichte: was der Leo für einer ist.
Bis zu seiner Pensionierung war er Zimmermann. So hat ihn die Gucki kennengelernt. Wie sie das alte Wochenendhaus umgebaut hat. In St. Anton. Hat sie von ihrem Opa geerbt. Hat aber hergerichtet werden müssen. Hat die Gucki einen Altbausanierungskredit gebraucht. Und Handwerker hat sie auch gebraucht. Natürlich im Pfusch. Sonst kannst du dir ja die Bauerei nicht leisten.
Gemeint ist da natürlich Pfusch im Sinn von ohne Steuerzahlen . Und nicht Pfusch im Sinn von schlampig gemacht . Weil schlamperte Handwerker gibt es ja im Mühlviertel gar nicht. Pfuscher dafür umso mehr. Ohne Pfusch wär ja das Mühlviertel schon längst ausgestorben. Weil sich keiner ein Haus leisten könnt. Aber das ist eine andere Geschichte!
Beim Leo waren wir. Der hat gleich doppelt gepfuscht. Erstens als Zimmermann. Da hat er der Gucki ein paar Wände in ihrem alten Holzhaus versetzt. Zweitens aber als Altwarenhändler. Hat er der Gucki Möbel besorgt. Wunderschöne alte Möbel. Aber nicht zum Antiquitäten-Preis, sondern zum Preis von alten Möbeln.
Hätte der Gucki aber auch sonst alles besorgen können, was das Herz begehrt. Von der hundert Jahre alten silbernen Taschenuhr bis hin zur nigelnagelneuen original in Südkorea gefälschten Rolex . Von der blitzgescheiten ukrainischen Akademikerin mit Traumfigur, die nur
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