Turrinis Bauch - Kriminalroman
Krankenpfleger geschnappt. Und der Dr. Hochleitner verpasst ihm eine Spritze, die ein Pferd umgehaut hätt. Ist vielleicht eh gescheiter, er rastet sich ein bisserl aus, der Rammer. Weil seine Gehirnerschütterung sowieso noch nicht ganz abgeklungen ist.
Dafür hat der Herr Oberarzt mit der Gucki nicht so viel Glück. Die muss er entlassen – ob er will oder nicht. Weil der zuständige Richter wieder einmal ein Studienkollege und guter Spezl vom Dr. Canetti ist.
Da blutet ihm wirklich das Herz, dem Herrn Dr. Hochleitner. So ein interessanter Fall: ein Großvater-Trauma und eine Geschwindigkeits-Psychose auf einmal! Und eine Kleptomanin ist sie ja auch noch! Gibt sie ihm bei der Entlassung doch glatt sein Handy zurück! Und sagt auch noch: „Danke, Herr Doktor!“
XVIII
Urassn sagt heutzutage kein Mensch mehr. Aber nicht, weil das Wort ausgestorben ist – weil der Begriff ausgestorben ist. Weil heute das ganze Leben ein einziges Urassn ist. Drum ist ja auch das hochdeutsche Wort prassen komplett verschwunden. Weil verschwenderisch mit Lebensmitteln umgehen heute bei uns die Norm ist – und nicht die Ausnahme. Kannst du dir ein eigenes Wort dafür also sparen.
Ich will jetzt gar nicht davon anfangen, was bei uns alles verurasst wird. Das geht ja sowieso auf keine Kuhhaut! Mir geht es auch nicht darum, wie viel arme Neger man mit dem durchfüttern könnt, was bei uns weggeschmissen wird. Was mich beim Urassn am meisten stört, ist, dass es kein Schwein wirklich genießt. Weil es für alle völlig normal ist. Wie wenn wir im Schlaraffenland wären – eh schon wissen: Gebratene Tauben fliegen herum, knusprige Spanferkel rennen mit Messer und Gabel im Rücken über die Wiese, und so weiter, aber keiner sagt: „Super!“, sondern höchstens: „Na ja!“
Die Gucki ist da eine Ausnahme. Der taugt das Urassn wirklich. Rafft sich eh nur alle heiligen Zeiten zum Kochen auf, aber wenn sie kocht, dann kocht sie gescheit. Dann kocht sie immer zu viel. Dann wird geurasst , was das Zeug hält. Hat sie wahrscheinlich von der Oma. Die hat auch immer viel zu viel gekocht.
Aber bei der Oma verständlich. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehungert, während dem Zweiten Weltkrieg gehungert, und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gehungert. Und wie es dann in den sechziger Jahren bergauf gegangen ist bei uns, hat die Oma das erste Mal in ihrem Leben urassn können. Meingott, welche Freude! Hat die Oma – nur so als Beispiel – alle Jahre wieder so viel Vanillekipferl gemacht, dass sie der Gucki noch zu Ostern bei den Ohren herausgestaubt sind.
Trotzdem kocht auch die Gucki immer zu viel. Kocht halt gern. Ist für sie keine Arbeit, sondern ein Volksfest. Drum trinkt sie auch beim Kochen immer ein bisserl war. Heute einen Grünen Veltliner. Erhebt jetzt ihr Glas und sagt: „Auf die Stelzen!“
Der Turrini trinkt zwar auch einen Grünen Veltliner, kann aber natürlich nichts sagen. Verstehen tut er das Wort Stelzen aber sehr wohl. Geht er also zu seinem Fernseher. Ich denk mir, für einen Hund ist so ein Backrohr mit einem Sichtfenster praktisch ein Fernseher, der noch dazu auch ein Programm für die Nase liefert. Geht der Turrini also zum Ofen und bellt die Kalbsstelze freudig an.
Weiß ja genau, dass der Knochen ihm gehört. Ist ja ein blitzgescheiter Hund, der Turrini. Auch wenn er ein bisserl viel sauft. Hat aber heute wirklich einen Grund zum Saufen. Erstens Vorfreude auf das Festessen. Zweitens aber Wiedersehensfreude. Hat ja eine Nacht und einen Tag lang um sein Frauli gezittert. Von Dienstag am Abend bis Mittwoch am Abend.
Ist eh tapfer dem Rettungsauto nachgerannt. In das sie sein Frauli hineingezerrt haben. Ist aber abgehängt worden. Obwohl er gerannt ist wie ein Windhund. Hat er nicht recht gewusst, was er tun soll. Soll er zum Leo-Herrli laufen? Der zahlt ihm sicher ein Bier. Und weit ist es auch nicht nach St. Moritz. Ist aber dann doch nach St. Anton gelaufen. Heim. Zwanzig Kilometer!
Hat sich vor die Haustür gelegt und auf die Gucki gewartet. Bis sie gekommen ist. Na, das war vielleicht ein Bellen und Schlecken und Schlecken und Bellen! Hat der Canetti keine Chance gehabt, dass er auch was derwischt von der Gucki.
Und gestern, am Donnerstag, da haben der Turrini und die Gucki einen richtigen Hundi-Frauli-Tag gemacht. Lang geschlafen, ein bisserl Schwammerlsuchen und Rehestauben – und das war es dann auch schon. Und Einkaufen waren sie natürlich auch. Für das heutige Festessen.
Mit einem schneeweißen
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