Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
dadurch entblößt. Ich zog das Band aus den Haaren.
Devon und Josie huschten aus der Seitengasse. Josie, ohne zurückzublicken. Devon warf erst seiner Schwester einen Blick zu, dann Addie und mir. Aber es war ein so rascher Blick, dass ich nichts aus ihm herauslesen konnte. Mein Blick war auf seinen Rücken geheftet, als er sich entfernte, unser Magen hatte sich zusammengeballt, uns war elend zumute. Ich wollte an seiner Seite sein, wenn er sich in das Gebäude stahl. Ich wollte für ihn Schmiere stehen, wenn er sich an den Computer setzte. Devon und Ryan vergaßen die Welt um sich herum, wenn sie sich konzentrierten. Jemand musste dafür sorgen, dass ihnen nichts zustieß. Sabine würde bei ihnen sein, aber ich wünschte mir, ich wäre es. Diese Aufgabe wollte ich niemand anderem anvertrauen.
Aber ich konnte ihnen nicht folgen. Ich hatte meine eigene Aufgabe zu erfüllen.
Der Rest von uns hing noch ein paar Minuten in der Gasse herum. Aber keinem gelang es, stillzustehen. Schließlich trennten wir uns, ein grimmiges Lächeln im Gesicht, und gingen alle unserer Wege.
» Machst du dir Sorgen? « , flüsterte Vince. Wir liefen jetzt nur noch zu zweit die Straße entlang. Niemand schenkte uns mehr als einen flüchtigen Blick: nicht der Pulk Mädchen in farbenfrohen Sommerkleidern. Nicht die Mutter oder ihr vorpubertärer Sohn. Nicht der alte Mann mit der Zeitung oder der junge Mann mit der Sonnenbrille oder sonst irgendwer.
» Nein « , log ich.
Dies waren die Menschen, die Zeugen unserer Botschaft werden würden. Sie wussten es nur noch nicht.
Schließlich verließ uns auch Vince. Unser Dach war weiter vom Platz entfernt als seins und nur über eine Metallleiter zu erreichen, die bei jedem Tritt schepperte. Addie und ich waren auf halbem Weg nach oben, als wir Jubel aufbranden hörten.
Ich hörte auf zu klettern. Aus dieser Entfernung und Höhe konnten wir nur einen kleinen Teil der Menge ausmachen, Gebäude verbargen den Rest des Platzes vor unserem Blick. Aber wir konnten die Leute hören, laut und deutlich. Sie klangen fröhlich. Als wären sie bei einem Footballspiel oder einem Konzert.
Kalter Schweiß ließ unser T-Shirt am Rücken kleben. Wir klammerten uns an die Leiter und starrten auf jenen kleinen Ausschnitt der Menschenmenge, stellten sie uns in ihrer Gesamtheit vor. Wie viele Leute waren hergekommen, weil sie jedes Wort von Jensons Rede glaubten? Weil sie sich nichts mehr ersehnten als eine Heilmethode und furchtbar stolz waren, dass die Powatt-Anstalt zu deren Perfektionierung beitragen würde?
Unter uns tobten Hunderte Menschen, die uns hassten, dabei wussten sie noch nicht einmal, wer wir waren.
, sagte Addie.
Ich zwang uns höher und höher hinauf, bis wir das Dach erreichten. Der Wind hatte aufgefrischt oder vielleicht spürten wir ihn hier oben einfach stärker. Wir nahmen uns noch einen Moment, um auf den Lankster Square und die bunten Gestalten der Menschen unter uns zu blicken.
Dann zog ich den Packen Handzettel aus unserer Tasche. Auf seinem Dach würde Vince dasselbe tun. Ich musste die Flugblätter nicht ansehen; Addie und ich hatten Cordelia geholfen, sie zu entwerfen. Wir hatten drei Stapel, Vince die anderen drei. Sechs insgesamt. Sechs unterschiedliche Flyer, jeder mit dem Gesicht eines Kindes darauf. Drei Mädchen, drei Jungen, von Addies Bleistift zum Leben erweckt.
Bei jedem von ihnen handelte es sich um einen Hybriden, der mit jemandem aus unserer Gruppe eingesperrt gewesen war. Um Menschen, die der Tod geholt hatte, ehe Peter mit einer anderen, freundlicheren Sorte Freiheit auf der Bildfläche erschien.
Drei Mädchen, drei Jungen. Ihre Namen und ihr Alter waren unter ihren Gesichtern abgedruckt:
Kurt F. (14)
Viola R. (12)
Anna H. (15)
Blaise R. (16)
Kendall F. (10)
Max K. (14)
Ich hatte in Erwägung gezogen, Sallie und Val, Kittys ehemalige Zimmergenossin, als eines der abgebildeten Kinder auszuwählen. Addie hatte sogar eine Zeichnung von ihr angefertigt, nachdem sie Kitty um eine Beschreibung des kleinen Mädchens gebeten hatte. Aber am Ende hatten wir entschieden, dass es zu gefährlich wäre. In Nornand hatte es nicht viele Hybridkinder gegeben und noch weniger, die entkommen waren. Jeder, der Sallies Bild und Namen zurückverfolgte, würde sich vermutlich ausrechnen können, wer an unserer Aktion beteiligt gewesen war.
Der Wind fuhr peitschend in unsere Haare und riss uns beinah die Blätter aus den Händen. Das Gesicht zuoberst gehörte Anna
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