Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
hinterließ ich eine wortreiche Nachricht auf Davids Mobilbox. Den Rest des Nachmittags servierte ich Getränke und überlegte, was mein Bruder bloß mit diesem Joe zu schaffen hatte. Bis irgendwann Dad auftauchte und meinen Gedankenfluss unterbrach.
Ich kredenzte ihm das übliche Glas mittelmäßigen Rotwein, in Erwartung einer seiner üblichen Moralpredigten. Stattdessen schnappte er sich eine herumliegende Zeitung und tat, als läse er. Ich wusste, dass das nur vorgetäuscht war, weil sein Blick an der Schlagzeile hängenblieb. Schließlich legte er die Zeitung beiseite.
»Einer von Raes Lehrern beschuldigt sie, bei der SAT -Vorprüfung geschummelt zu haben. Was von einer anderen Lehrerin bekräftigt wird«, sagte Dad ernsthaft besorgt.
»Wie kommen sie dazu?«
»Sie begründen ihren Verdacht damit, dass Rae eine mittelmäßige Schülerin ist und nichts in ihrer bisherigen Schullaufbahn auf eine so hohe Punktzahl schließen lässt.«
»Warum sollte sie das tun? Was bringt es schon, wenn man bei diesen Vorprüfungen schummelt? Die Ergebnisse spielen doch sowieso keine Rolle.«
»Das weiß ich auch nicht. Ihre Lehrer halten Rae für schlau genug, ihre detektivische Praxis zum Schummeln einzusetzen, aber sie trauen ihr nicht zu, 95 Prozent der möglichen Punktzahl zu erreichen.«
»Was sagt Rae dazu?«
»Gar nichts. Sie will es weder bestätigen noch leugnen.«
»Was heißt das genau?«
»Schwer zu sagen«, meinte Dad und scheiterte am Versuch, mir Raes Reaktion auf die Anschuldigungen nahezubringen.Ich würde meine Schwester selbst befragen müssen.
Als er sein Glas ausgetrunken hatte, legte er fünf Dollar auf den Tresen und sagte: »Wollen wir uns nächste Woche mal zum Lunch treffen, Isabel?«
»Warum?«, fragte ich.
»Einfach so.«
»Von wegen.«
»Im Ernst, Isabel. Ich möchte dich nur zum Lunch einladen.«
»Irgendeinen Haken muss es doch geben.«
»Vergiss es. Schönen Abend noch, Izzy.«
Dad ging. Eine Stunde später erschien Rae. Ich servierte ihr ein Ginger Ale und kam dann gleich zur Sache.
»Hast du bei den SAT -Prüfungen geschummelt?«
»Vorprüfungen«, korrigierte sie mich.
»Raus mit der Sprache.«
»Woher hast du das?«
»Dad.«
»Aha«, sagte Rae.
»Wird’s bald?«, hakte ich nach.
»Worum ging es noch mal?«
»Warum wirst du beschuldigt, geschummelt zu haben?«
»Gute Frage.«
»Warum weichst du mir aus?«
»Davon kann keine Rede sein«, sagte Rae.
Entnervt stellte ich sie vor die Alternative. »Wenn du mir keine vernünftige Antwort gibst, fliegst du hier raus.«
Rae trank ihr Glas in einem Zug aus und legte einen Dollar auf den Tresen.
»Trinkgeld ist nicht«, sagte sie und ging.
Eine Stunde später rief mich Mom auf dem Handy an. In ihrem allergiftigsten Tonfall sagte sie: »Wenn dein Vater dichdas nächste Mal zum Lunch einlädt, sagst du gefälligst ja.« Dann legte sie auf.
Den Rest des Tages ging mir nur eins durch den Kopf: Ist das wirklich mein Leben?
FALL NR. 001
KAPITEL 4
Nach außen hin tat Linda Black nichts Verbotenes. Aber es musste doch einen Grund dafür geben, dass gleich zwei Privatdetektive ihr auf den Fersen waren. Diese Entdeckung wollte ich vorerst nicht mit Ernie teilen. Während der folgenden Tage behielt ich den Standort des blauen Nissans im Auge. Solange Bob vor Ernies Werkstatt oder Haus im Auto hockte, rührte ich mich nicht, aber die seltenen Male, wenn Linda irgendwohin fuhr (und dabei von Bob beschattet wurde), nahm ich die Verfolgung auf. Ernies Frau fuhr einmal zur Bank, ein anderes Mal zum Lunch mit einer Freundin (nicht Sharon), sie besuchte einmal die Bibliothek (wo sie bloß den Computer nutzte, ohne ein einziges Buch in die Hand zu nehmen). Abgesehen davon suchte sie nur einen weiteren Ort auf: ein Postfach.
Als ich abends wieder zu Hause war, rief ich Ernie deswegen an.
»Postfach? Welches Postfach?«
Ernie wusste von nichts. Er konnte sich oder mir auch nicht erklären, wofür seine Frau wohl ein Postfach benötigte. Ich dachte mir, dass es vielleicht um Geld ging, und fragte Ernie, wer sich bei ihnen um das Finanzielle kümmerte. Linda, natürlich. Er wüsste gar nicht, wie seine Werkstatt ohne sie überlebt hätte. Die Sache mit dem Postfach hatte ihn glatt umgeworfen, aber er konnte sich einfach nicht von der Vorstellung lösen, dass Linda eine Affäre hatte.
»Vielleicht hält sie mit diesem Postfach Verbindung zu ihrem Liebhaber«, spekulierte Ernie.
»Das halte ich für unwahrscheinlich.«
Ich versuchte,
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