Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
Schönheitsfehler: A) David neigte nicht zu Suchtverhalten und B) David hatte eine Menge Geld; bis er pleiteging, musste schon einiges geschehen.
Ich fand nicht heraus, wo David seine Kreditkartenabrechnungen aufbewahrte, und so blieb mir nichts anderes übrig, als seine Post zu durchleuchten, die sich auf dem Küchentisch stapelte. Darunter war auch eine Kreditkartenabrechnung, deren Umschlag bereits einen Riss aufwies. Zufällig hielt ich ihn über einen Topf mit kochendem Wasser, und dann glitt die Abrechnung wie von selbst aus dem Umschlag, und als ich sie aufhob, warf ich unwillkürlich einen Blick darauf.
Berechnet wurden ein Essen in einem Restaurant namens Das letzte Abendmahl , einige Tankfüllungen Benzin und ein paar Kleidungsstücke, aber David hatte die Rechnung vom Vormonat komplett beglichen. Allem Anschein nach hatte er keine Schulden. Und ich musste etwas übersehen haben, obwohl ich jeden einzelnen der 230 Quadratmeter abgesucht hatte. In meiner Ratlosigkeit rief ich die einzige Person an, die das Haus fast ebenso gut kannte wie David. Nein, diese Person war nicht dessen Ex-Frau.
»Was?«
»So solltest du Anrufe besser nicht entgegennehmen«, sagte ich.
»Was willst du?«, fragte Rae unwirsch.
»Deine Hilfe.«
»Wofür?«
»Sprich nicht in diesem Ton mit mir«, sagte ich und spürte Zorn in mir aufwallen.
»Reg dich ab, Mann.«
»Werd jetzt nicht frech.«
»Darf ich dich daran erinnern, dass du mich angerufen hast?«, bemerkte Rae.
»Wenn ich dich das nächste Mal sehe, fliegst du zum Fenster raus«, entgegnete ich.
»Dann bleib ich eben im Erdgeschoss.«
Es folgte eine kurze Pause, in der ich um Beherrschung rang.
»Ich hätte da eine Frage«, sagte ich. »Und du kriegst zehn Dollar, wenn du darauf die richtige Antwort weißt.«
»Ich will dein Geld nicht.«
»Was willst du denn?«
»Dass Henry endlich wieder mit mir spricht.«
»Zieht er das immer noch durch?«
»Er sagt höchstens Dinge wie ›Füße vom Tisch‹, ›Tür zu‹, ›Geh jetzt‹. Aber nie was Nettes.«
»Ich rede mit ihm«, sagte ich.
»Spuck’s schon aus«, antwortete sie.
»Ich habe es dir schon mal gesagt: nicht in diesem Ton.«
»Ich warte«, knurrte Rae.
»Du hast doch so viele Stunden damit zugebracht, die Süßigkeiten in Davids Haus aufzuspüren – erinnerst du dich an ein besonders ausgefallenes Versteck?«
»Was suchst du überhaupt?«, fragte sie argwöhnisch.
»Ich habe so einen Schmacht nach Karamelltoffees«, frotzelte ich.
»Wenn das so ist, kannst du das Lüftungsgitter im Gästezimmer vergessen«, sagte Rae. »Das Versteck hat er aufgegeben, seit ihm einmal die M&Ms dort ...«
So faszinierend Raes Anekdote sicher war, beendete ich umgehend das Gespräch, denn auf dieses Versteck war ich tatsächlich noch nicht gekommen. Ich schnappte mir einen Schraubenzieher und rannte nach oben.
Das war zu leicht. Dachte ich zumindest, als ich das Gitter von der Wand nahm und dahinter eine Metalldose fand, die nur mit einem einfachen Riegel gesichert war.
Ich stellte die Dose auf den Boden ab, entriegelte sie und hob den Deckel an. Als ich den Inhalt sah, stockte mir der Atem. Ungläubig starrte ich auf Spritze und Ampulle, auf ein Tütchen mit weißem Pulver, auf ein anderes Tütchen voller Gras. Ich traute meinen Augen nicht. Reglos blieb ich auf dem Boden sitzen, den Blick auf die Dose gerichtet. Der durch und durch unbescholtene David war doch nie im Leben ein Junkie.
War er auch nicht. Als ich die Augen schloss, erwachte meine Nase zum Leben. Der Geruch, der aus der Dose aufstieg, war mir durchaus vertraut, aber anders als erwartet.Ich weiß, wie Marihuana riecht. Das hier war keins. Ich nahm das Tütchen raus und hielt es mir unter die Nase.
Beim Gras handelte es sich um Oregano. Ich öffnete das Tütchen mit dem weißen Pulver, tauchte die Fingerspitze hinein und leckte daran: Zucker. Die Ampulle enthielt laut Aufdruck Kochsalzlösung. Als ich die Dose ausgeräumt hatte, sprangen mir die fetten Buchstaben ins Auge, die am Boden aufgepinselt waren:
ERWISCHT!
Ich musste mich geschlagen geben. Dank seines kleinen Spielchens war ich der Lösung des eigentlichen Rätsels – wo steckte mein Bruder
wirklich? – keinen Schritt näher gekommen. Es tröstet Sie vielleicht, dass ich es später doch noch löste und mich sogar rächen konnte. Wobei die Rache ihren
Preis hatte. Als ich in dieser Nacht in Davids Bett 50 einschlief, ahnte ich noch nicht, dass mir in den kommenden vier Wochen
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