Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
angeödet.
»Soll ich morgen wiederkommen, wenn du ausgeschlafen bist?«
»Ihr seid tatsächlich darauf reingefallen. Nicht zu fassen.« Henry schloss die Augen.
»Was?«
»Sie hat nicht geschummelt, Isabel.«
»Hat sie wohl.«
»Nein. Sie hat bei der Wiederholung absichtlich gepatzt«, erklärte er.
»Häh?«
»Du hirnloses Huhn: Sie wollte schlechter abschneiden als beim ersten Mal. Und da hatte sie sich die hohe Punktzahl redlich erarbeitet.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein? Und nenn mich nie wieder hirnloses Huhn.«
»Ich bin mir da so sicher, weil ich den kleinen Quälgeist stundenlang auf diese Prüfungen vorbereitet habe, hast du das vergessen? Niemand weiß besser als ich, wozu Rae imstande ist, im Guten wie im Schlechten. Es hat ihr nicht gepasst, dass eure Eltern plötzlich auf einem langen Universitätsstudium bestehen und die Detektei womöglich abstoßen wollen. Und da hat sie eben gewisse Maßnahmen ergriffen.«
»Wow. Darauf wäre ich nie gekommen.«
»Glaub mir«, sagte Henry. »Inzwischen geht mir die Kleine dermaßen auf die Nerven, ich würde kein gutes Wort über sie verlieren, wenn sie es nicht wirklich verdient hätte.«
Nach diesen Enthüllungen saßen er und ich in einvernehmlicher Stille auf der Couch. In einem Roman würde die Heldin einen solchen Augenblick wählen, um dem Heldenihr Herz zu öffnen. Aber ich bin aus einem anderen Holz geschnitzt, wie meine aufmerksamen Leser wissen. Anstatt Henry meine unsterbliche Liebe zu erklären, lud ich ihn ein, sich an meinem Rachefeldzug gegen Rae zu beteiligen. Was durchaus romantische Züge hat, wenn man es recht bedenkt.
»Jemand muss ihr endlich einen Denkzettel verpassen«, sagte ich. »Bist du dabei?«
»Aber gern«, antwortete er.
EIN KLARER FALL VON ERPRESSUNG
TEIL 3
Weil Henry Schlaf noch dringender benötigte als ich, ließ ich ihn allein, sobald wir unseren Plan ausgetüftelt hatten. Es war noch zu früh, um die Rückkehr in Davids Haus zu riskieren, und so nahm ich ein Taxi zum Philosopher’s Club . Dort tummelten sich auffallend viele junge Leute, ein seltsamer Kontrast zu den wenigen alten Stammgästen, die schon nachmittags in der Bar aufkreuzten. Es war inzwischen einen Monat her, dass Milo mich gefeuert hatte, eine Entscheidung, die sich für ihn offensichtlich auszahlte. Das musste man dem Iren lassen: Er hatte es drauf, auch wenn ich nicht wusste, was es überhaupt war.
»Lloliebchen«, begrüßte er mich gewohnt herzlich, als ich mich auf den letzten freien Barhocker setzte. »Assillstrrinken?«
»Guinness«, sagte ich betont kurz angebunden.
Während Connor mein Bier zapfte, griff er mit einer Hand unter den Tresen und reichte mir einen Umschlag, der an mich adressiert war. Es war gar nicht so einfach, den Brief im schummrigen Barlicht zu entziffern. Als Connor sah, wie ich mich abmühte, servierte er mir das Guinness und holte dann eine kleine Taschenlampe, um mir zu leuchten. Der geborene Dienstleister, wie ich im Stillen neidlos anerkannte. Das tröstete mich aber nicht über den Inhalt des Schreibens hinweg – mein Erpresser schlug wieder zu.
Im Umschlag steckten außerdem ein Prospekt des Museums für Moderne Kunst von San Francisco sowie ein Muni-Fahrplan und detaillierte Anweisungen. Das bereitete mir nicht allzu viel Kopfzerbrechen. Meine Mutter hatte jetzt ganz andere Sorgen, sie würde bestimmt mit sich handeln lassen, wenn ich sie am nächsten Morgen anrief.
Ich verstaute alles in meiner Tasche und vertiefte mich in mein Glas. Ein zu groß geratener Burschenschaftler drängte sich zum Tresen vor, um mit bellender Stimme eine Runde für sich und seine Kumpels zu bestellen. Für so was war ich gerade nicht in Stimmung. Ich fragte Connor, ob Milo da war. Die Antwort klang zwar nicht im mindesten nach »schau mal im Büro nach«, aber ich deutete sie in diesem Sinn, glitt vom Hocker und klopfte an Milos Tür.
»Das Klo ist gegenüber!«, brüllte Milo.
Ich ging unaufgefordert hinein.
Als Milo mich sah, sagte er: »Brauchst du mal wieder ein Dach über dem Kopf?«
»Dein Cousin hat mich freundlicher empfangen.«
»Wir haben dich schon ein bisschen vermisst«, räumte er widerwillig ein.
»Das kommt davon, wenn man seine Freunde feuert«, sagte ich. Ich nahm eine leere CD -Hülle als Untersetzer und stellte mein Glas auf Milos Schreibtisch.
»Was ist los, Izz?«, fragte er. »Du siehst schlecht aus.«
»Der Schein trügt. Dafür, dass ich keine Arbeit habe und Opfer einer Erpressung
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