Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
diesem Mädchen einfach nicht schlau.«
»Du könntest sie bestrafen«, schlug ich vor.
»Sie wurde schon bestraft.«
»Sagst du das Verschwinden ab?«, fragte ich.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie, aber dann änderte sich ihr Ton. »Nein. Ich sage es auf keinen Fall ab.«
»Aber was willst du dann tun?«, fragte ich. »Du kannst sie ja nicht allein lassen.«
»Mal sehen. Mir wird schon was einfallen.«
»Ruf mich an, wenn ich irgendwie behilflich sein kann.«
»Ich komme vielleicht auf das Angebot zurück. Aber zunächst gibst du uns bitte das GPS -Gerät zurück, wenn du es nicht mehr brauchst. Wir haben nur zwei, wie du weißt.«
Seltsam. Ich hatte das GPS -Gerät, das ich mir heimlich geborgt hatte, längst zurückgebracht. Das fehlende Gerät wurde höchstwahrscheinlich von Rae benutzt. Ich ahnte auch schon, wofür. Ich überprüfte die Karte auf meinemComputer (der mit beiden GPS -Geräten verlinkt ist), und siehe da, der rote Punkt blinkte just dort, wo ich mein Auto zuletzt geparkt hatte. Kein Wunder, dass Rae es bei Bedarf stets auf Anhieb fand. Das wäre mir schon längst aufgefallen, wenn mich in letzter Zeit nicht so viele andere Dinge auf Trab gehalten hätten. Die gute Nachricht war, dass die ständige Autosuche sich damit erledigt hatte. Außerdem würde ich bald meine süße Rache genießen können.
FALL NR. 001
KAPITEL 9
Ich hatte das Gefühl, im Fall Black/Truesdale/Bancroft in eine Sackgasse geraten zu sein. Die Observierung brachte mich nicht weiter, aber immerhin verdankte ich den Audio-Dateien einen Hinweis, der die Vergangenheit der beiden Damen in den Mittelpunkt meines Interesses rückte. Bei den Hintergrundüberprüfungen hatte ich bereits über die drei Jahre Altersunterschied zwischen Linda und Sharon gestutzt; bei alten Schulfreundinnen handelt es sich schließlich meistens um gleichaltrige ehemalige Klassenkameradinnen.
Ich rief Ernie an, um ihn über die Kindheit seiner Frau auszuhorchen. Da er beschlossen hatte, Linda blind zu vertrauen, zeigte sich mein Ex-Auftraggeber alles andere als auskunftsfreudig, aber ich brachte ihn schließlich doch zum Reden.
Zu meiner Verblüffung erfuhr ich, dass Linda bei Pflegefamilien in Detroit aufgewachsen war. Ihre Junkie-Mutter hatte sie als Kleinkind ausgesetzt, und sie hatte keine Geschwister, auch sonst keine Angehörigen. Ich fragte mich, welche Fügung sie und Sharon zusammengebracht hatte. Oder hatte Sharon eine ähnlich traurige Kindheit verlebt?
»Ernie, wissen Sie, wie die Schule heißt, an der Linda und Sharon sich kennengelernt haben?«
»Die ist sicher nach einem toten Präsidenten benannt.«
»Könnten Sie herausfinden, nach welchem?«
»Wie soll ich das anstellen?«
»Indem Sie beispielsweise Ihre Frau fragen«, schlug ich vor. Und dabei fiel mir ein, dass ich noch einiges mehr wissen wollte als den Namen von Lindas Highschool. Ich nahm mir Zeit, Ernie ausführlich zu briefen, und diktierte ihm eine Reihe von Fragen, die er seiner Frau so beiläufig wiemöglich stellen sollte, am besten bei einem romantischen Abendessen. Da er ohnehin vorgehabt hatte, Linda auch einmal zu bekochen (sicher ein Tipp aus einem seiner unzähligen Beziehungsratgeber), wollte er das noch am selben Abend angehen. Es sollte Thunfischauflauf geben.
Am nächsten Morgen rief Ernie an, um mir vom Erfolg seiner Mission zu berichten. Der Auflauf war ihm zwar total missglückt, aber Linda wusste die gute Absicht zu schätzen. Und sie erzählte ihm, dass sie die Benjamin-Franklin 77 -Highschool besucht hatte, wo sie denselben Spanisch-Kurs belegt hatte wie Sharon.
»Ist das alles?«, fragte ich hungrig.
»Linda mag keine Fragen«, antwortete er.
Bisher war ich nur selten Menschen begegnet, die die Privatsphäre anderer respektierten, und das nötigte mir wiederum Respekt für Ernie ab. Ich versuchte mir auszumalen, wie es wäre, ganz ohne Misstrauen und Argwohn zu leben, aber dafür hatte ich nicht annähernd genug Anhaltspunkte.
Bei allem Respekt für den Ehemann blieb mein Argwohn in Bezug auf seine Frau – die dem Gesetz nach gar nicht seine Frau war – bestehen und trieb mich bei meinen Nachforschungen an. Da ich jetzt wusste, wo sie aufgewachsen war, konnte ich die Hintergrundüberprüfung ausdehnen. Das elektronische Strafregister reicht im Staat Michigan allerdings nur zehn Jahre zurück. Wenn ich weiterkommen wollte, musste ich das bundesstaatenübergreifende Informantennetzwerk nutzen, das meine Eltern über Jahrzehnte aufgebaut
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