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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Bilton
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Jobs bei Apple führte Jack bei Square wöchentliche Produktbesprechungen ein. Und er fing an, in seine eigenen Reden Jobs-Zitate einfließen zu lassen.
    Dann begann Jack damit, bei Square ehemalige Apple-Angestellte anzuheuern. Ihre Vorstellungsgespräche verliefen anders als die anderer Bewerber. »Hatten Sie die Gelegenheit, mit Steve Jobs zusammenzuarbeiten?«, fragte Jack sie. »Können Sie mir ein bisschen von seinem Managementstil erzählen?« In einem Gespräch mit einem bekannten Apple-Designer, der von Square eingestellt worden war, hörte Jack, dass Jobs sich nicht als Vorstandschef, sondern eher als »Editor« betrachtete. Bald betitelte sich Jack auch als »Editor, nicht nur Vorstandschef« von Square. Bei einer Mitarbeiteransprache gab er bekannt: »Ich habe oft vom editorischen Charakter meiner Aufgabe gesprochen. Ich glaube, ich bin schlicht ein Editor.«
    »Niemand hat das jemals zuvor gemacht«, pflegte Jack nun oft zu sagen, ein Satz, der Wort für Wort aus einem Interview mit Jobs auf einer Konferenz Anfang 2010 stammte. Jack übernahm auch Ausdrücke, die Jobs bei Apple-Präsentationen auf der Bühne benutzt hatte, um neue Merkmale von Square zu beschreiben, Wörter wie »magisch«, »überraschend« und »herrlich«.
    Wie bei jemandem, der so lange kleinere Schönheitsoperationen vornehmen lässt, bis er seinem Idol ähnelt, dauerte es nicht lange, da sah Jack nicht mehr so aus und benahm sich nicht mehr so wie Jack Dorsey, sondern wie ein Wiedergänger von Steve Jobs. Die Beatles, die Hinweise auf Gandhi, der Titel »Editor«, das Design-Ethos, die tägliche Uniform, die Jobs-Zitate, all das waren Puzzelsteine zu einem Bild, das sich langsam in der Öffentlichkeit zusammenzusetzen begann.
    Die IT-Blogger, die nun glaubten, dass Jack Twitter eigenhändig gegründet und aufgebaut hatte, dass ihm die Idee dazu schon als Kind gekommen war – eine Geschichte, die Jack in Dutzenden von Interviews verbreitet hatte – und dass er bei Design und Management dieselben Prinzipien vertrat wie Jobs, begannen sich bald zu fragen: »Ist Jack Dorsey der nächste Steve Jobs?« (Eine Frage, die unweigerlich mit ja beantwortet wurde.)
    Jobs zu kopieren, war keine von langer Hand geplante Strategie. Es ergab sich eher aus vielen kleinen Korrekturen und summierte sich schließlich zu einer veritablen Nachschöpfung des Vorbilds.
    So stand Jobs in vielerlei Hinsicht Pate bei der Formung des neuen Bildes, das Jack Dorsey von sich erschuf. Jobs war zwar berüchtigt dafür, Interviewanfragen abzulehnen, aber er hatte die Medien geschickt darauf abgerichtet, sich exakt so zu verhalten, wie er es wollte: Wenn er sprach, hörten sie zu, das war sein bester Zaubertrick von allen. Als er daher 2009 nach seiner Erkrankung eine Auszeit bei Apple nahm, machten sich die Medien auf die Suche nach dem nächsten Steve Jobs. Jack watschelte wie diese Ente, ließ dieselben Sätze vom Stapel wie diese Ente und trug die gleiche Brille,hatte dieselben Prinzipien und dieselben erstaunlichen Designvorstellungen wie diese Ente. Er hörte sogar die Beatles!
    Jacks sorgfältig orchestrierte Erfindung von Steve Jobs 2.0 umgab ihn mit der Aura eines Visionärs und schuf die Voraussetzungen für ein Comeback, auf das er seit seinem Rauswurf bei Twitter sehnlichst brannte. Sie entzündete ein Feuer, um schließlich auch Ev auszuräuchern und aus der Firma zu treiben.
    Eines Spätnachmittags Mitte 2010 bat Mike Abbott, der Entwicklungsvorstand von Twitter, Jack um eine Unterredung in den Büros von Square. Abbott hatte keine Ahnung, dass Jacks Titel als Verwaltungsratsvorsitzender von Twitter reine Fassade war. Zusammen mit dem Rest der Welt glaubte er, dass Jack bei den großen Entscheidungen des Unternehmens ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hatte. Und wie die meisten im Silicon Valley erkannte auch er in Jack Dorsey den rechtmäßigen Erben des Nimbus von Steve Jobs.
    Bald trafen sie sich regelmäßig und besprachen gestalterische Fragen und neue Projekte von Twitter. Dann, eines Nachmittags, ergab sich eine einmalige Gelegenheit.
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Abbott zu Jack. »Uns fehlt bei Twitter eine Richtung und ich weiß nicht, wohin das Unternehmen steuert.« Abbott erzählte, dass er nicht gerne mit Greg Pass, dem Technikchef von Twitter, zusammenarbeite, dass er bei Ev keine klare Richtung sehe und dass er Jacks Hilfe und Führung benötige. »Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll«, gab Abbott zu.
    Das war der Augenblick,

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