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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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fragte er.
    „Mörder – was heißt das schon! In manchen Situationen
gilt: Entweder du oder der andere. Das würd ich nicht –“
    „Es geht nicht um Rechtfertigung. Ich meine: ein
Mörder zu sein, ohne sich dran erinnern zu können. Wenn du nicht mal gewusst
hast, dass das in dir stecken könnte. Und dann erfährst: Du hast es aber doch
gemacht.“
    Firn sah ihn zweifelnd an. „Was ist das für ein
Quatsch? Du redest nicht von dir, so viel steht mal fest. Du würdest keinen
umbringen. Du würdest dich auf deine Kramperknie werfen und um Gnade betteln, ragoischi .
Glaub mir, ich kenn mich aus mit Menschen. Du bist entschieden der Typ, der
heult und schreit, bis – jetzt warte doch, Mann! Was willst du denn – dass ich
diesen Scheiß ernst nehme?! Warte jetzt! Ich hab auch die ganze Zeit auf
dich gewartet, auch wenn ich nicht weiß, warum eigentlich!“
    Sie kämpften sich zwischen den dunklen Nadelzweigen
hindurch, zurück in den Wald, in den die Sonnenstrahlen jetzt ganz schräg
einfielen. Da lagen die Kaninchen, armselige Fellsäckchen mit schon trocknenden
Blutflecken im weißlichen Fell ihrer Bäuche. Und James dachte ans Abendessen
beim Kochfeuer, umgeben von Leuten, die ihm vertraut geworden waren, mit denen
er jetzt nach vielem anderen auch die Trauer um einen Freund teilte.
    „Der Chef wird uns an den Füßen an einem Baum aufhängen.
Wir haben die verdammte Probe ganz vergessen!“
    „Firn, ich –“
    „Schon gut. Vergiss es. Ich frag nicht weiter. So sehr
interessiert’s mich auch wieder nicht.“ Firn kämmte sich mit den Fingern die
Eibennadeln aus dem Haar und schüttelte den Rest dann aus seinem Hemd. „Sieh
lieber zu, dass du dich wieder einkriegst, bevor wir zurück sind. Du siehst
immer noch aus, als hättest du ’n yeknik gesehen. Ich glaub, du
schlotterst sogar noch.“
    „Stimmt doch gar nicht.“
    „Psst! Da!“
    Noch ein Kaninchen, das dumm genug war, unten zwischen
den Eibenwurzeln aufzutauchen.
    Ein kaum hörbares Zischen – dann prallte es getroffen
zurück, verfing sich in den unteren Zweigen. Firn schnitt ihm die Kehle durch,
ohne Bedauern, ohne Erbarmen. Wischte das blutige Messer am langen, seidigen
Gras ab, das in Büscheln überall um die Baumstämme wuchs, steckte es in den
Gürtel zurück und sah dann in James’ Gesicht hinauf, mit einer Art von
mitleidigem Zynismus.
    „Das meinte ich, ragoischi . Dir tut sogar das
kleine Biest hier leid. Obwohl du in zwei Stunden natürlich gern deine Zähne
reinschlagen wirst.“
    James zuckte ergeben die Schultern.
    „Und jetzt müssen wir zurück. Will den Chef nicht
ärgern im Moment. Und Jakobe würde sowieso am liebsten meine Eier grillen.“
    „Hatte die damit nicht was anderes vor?“
    Firn grinste und hob den Bogen auf, den er zwischen
den Eibenwurzeln abgelegt hatte. Dann schoss zwischen den Bäumen Triv auf sie
zu und stürzte sich mit solcher Begeisterung auf ihn, dass er rücklings ins
Laub fiel. Und James stand da und fühlte sich wie durch eine Wand von ihnen
getrennt. Sah auf seine Hände hinunter, schüttelte den Kopf, wie ein alter
Mann.

11. Schwalben über dem Akbarnen
     
    1.
    Kate stand auf der Treppe, die zu den Quartieren über
dem Pferdestall führte, und klopfte an die Tür. Es war fast dunkel hier oben,
und sie hoffte nur, dass er noch da war. Von unten hörte sie Schnauben und das
dumpfe Stampfen von Pferdehufen auf Stroh. Wenn man ganz genau hinhörte, war
dahinter irgendwo die Brandung, die gegen die Felsen klatschte, und sie brachte
die Erinnerung an Dorians Gesicht mit sich. Das letzte Nachtgesicht, das sie
von ihm zu sehen bekommen hatte, heute am hellen Nachmittag. Tränen der Wut und
der Verletztheit in den graubraunen Augen.
    Dann ging die Tür auf. Die Silhouette vor dem
gelblichen Lampenschein hatte immerhin die richtigen Maße.
    „Kate? – Hm, waren wir verabredet?“
    „Nein“, sagte sie und drückte sich an ihm vorbei ins
Zimmer.
    „Komm herein“, forderte er sie in ironischem Ton auf,
schloss die Tür und musterte sie. „Mit Sack und Pack, ja? Schwierigkeiten?“
    „Ich kann nicht länger bei den Montagus bleiben.“
    „Ah. Konntest du wieder die Finger nicht bei dir
behalten? Oder hast du eine eifersüchtige Ehefrau gereizt?“
    „Pah.“
    Er setzte sich auf den Stuhl, über dessen Lehne eine
Lederjacke hing, und sah sie erwartungsvoll an. „Du hast wohl Angst vor dem
Pranger da oben in den Ruinen?“
    „Ich bin hier, weil ich dir einen Vorschlag machen will“,
erwiderte

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