Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
Vom Netzwerk:
zeigte,
durchschnitten vom breiten, blauen Band des Flusses. Hier fand sie auch ihre
Vermutung bestätigt, dass sie sich in den letzten Tagen keineswegs auf Ghist
zubewegt hatten, sondern im Gegenteil in nördliche Richtung gegangen waren.
Solange de Braose mit seiner Post beschäftigt war, hatte sie im erstickenden
Geruch des Taubenmists die ausgehängten Zeitungsblätter studiert. Danach
mietete er für die Nacht dieses Kämmerchen in Tygg Barrens einzigem Gasthaus, stellte
seinen Rucksack und sie selbst darin ab und ging allein wieder hinunter. Den
Schlüssel hatte er im Schloss umgedreht und mitgenommen.
    Auf dem Fluss verblassten jetzt die letzten Spuren der
Abendsonne. In der Ferne konnte man undeutlich die Bäume am anderen Ufer
erkennen, zwischen denen schon der Nebel hing. Während sie hinübersah, hatte
sie das Gefühl, in der Leere zu schweben, wurzellos, ziellos.
    Dann drangen auf einmal vertraute Klänge von der Straße
zu ihr herauf: das nasale Quäken eines Dudelsacks, der dumpfe Schlag einer
Trommel. Sie öffnete einen Flügel des Fensterchens, blieb aber dicht an die
Wand gelehnt stehen, um von der Straße aus nicht gesehen zu werden.
    Die Musik wurde lauter, dann kam ein großer weißer
Hund in Sicht, der mit selbstbewusster Würde mitten auf der Straße lief,
gefolgt von zwei Männern in blausilbernen Westen mit Dudelsack und Trommel.
Halfast Montagu, der sonst immer die Fahne schwenkte, war diesmal nicht zu
sehen. Stattdessen sah sie Carmino, der mit Sprüngen und Überschlägen wie ein
Affe über die Straße turnte, und dann entdeckte sie auch James auf einem der
Galiziaks. Da unten zog der Stern von Montagu in Tygg Barren ein. Ein Zufall
konnte das wohl kaum sein. de Braose musste gewusst haben, dass die hier ihren
Weg kreuzen würden. Hatte er sie deshalb eingeschlossen? Befürchtete er, sie
könnte sich doch wieder der Truppe anschließen? Wohl eher, dass sie James irgendwelche
Warnungen oder Informationen weitergab.
    Jedenfalls stand sie jetzt hier in diesem
abgeschlossenen Gasthauszimmerchen und sah aus dem Fenster – genau wie früher
als Sechsjährige, wenn ihre Mutter abends ausgegangen war. Das hatte eine
gewisse Ironie, wenn sie bedachte, dass sie die Truppe und Dorian nicht zuletzt
deshalb verlassen hatte, weil sie hoffte, so ihre Freiheit wiederzugewinnen.
    Ein ernsthaftes Hindernis stellte die verschlossene
Tür für sie allerdings nicht dar, das musste auch de Braose klar gewesen sein.
Vor dem Fenster breitete sich ein Gewirr von verschiedenen, nur leicht
geneigten Dachpartien aus, sie hätte mühelos von hier aus übers Dach zum
nächsten Fensterchen gehen und dort einsteigen können. Und selbst hinunter auf
die Straße zu kommen, wäre nicht unmöglich gewesen, da das Haus von einer dicht
wuchernden Waldrebe bewachsen war. Die ihr im Übrigen gerade guten Sichtschutz
bot. Aber der Stern zog vorbei, ohne dass jemand zu ihr hinaufsah;
überhaupt hing eine Aura von Lustlosigkeit und Müdigkeit über der Truppe, als
wären sie lieber noch länger in Krai geblieben.
    Als der letzte – der violette Ulgullen-Wagen, ihr
eigenes kurzzeitiges Heim – außer Sicht war, stellte sie fest, dass sie einen
Moment lang gewartet hatte, ob nicht im Schlepptau der Montagus doch noch Inglewings
Reparaturen auftauchen würde. Was natürlich unsinnig war. Dorian musste
inzwischen in Orchrai sein.
    Sie schob die rot überlaufenen Blätter der Rebe zur
Seite und schloss das Fenster wieder. Es wurde kühl da draußen, und für heute
Nacht wenigstens konnte man die Kälte aussperren. Dieses Dachzimmer mit seinen
schrägen Wänden und dem schmalen Bett war zwar nicht gerade eine Luxussuite,
aber es gab immerhin einen Waschtisch, für den de Braose sogar noch einen Krug
heißes Wasser geordert hatte, bevor er gegangen war. Nach vier Nächten in der
Wildnis, mit nichts als ein paar Decken gegen Kälte und Feuchtigkeit, war man für
solche Kleinigkeiten dankbar. Über dem Wasserkrug stieg feiner Dampf auf und
erinnerte sie daran, dass sie sich und ihre Sachen waschen wollte, bevor das
Wasser abkühlte. Etwas zu essen wäre allmählich auch willkommen gewesen.
    Es war dunkel, als de Braose zurückkam. Sie hörte
seine Schritte auf der Treppe, dann den Schlüssel im Schloss. Er trug mehrere
Bündel und Packen, die er teils aufs Bett, teils auf den Boden fallen ließ,
bevor er sich auf die Bettkante setzte und seine Stiefel auszog.
    „Da sind auch Sachen für dich dabei – Gaubler-Kleidung.
Die ist im Wald

Weitere Kostenlose Bücher