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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Wand gelehnt, hatte alle Decken von sich geworfen,
hielt die Hand aber immerhin wie befohlen in den Wassereimer, den er vor sich
auf die Pritsche gestellt hatte. Auch er war noch immer im Blau-Gold des
Samrakin, und das und die langen, mit Goldband umwickelten Haarsträhnen, die
von seinen Schläfen fielen, täuschten darüber hinweg, wie jämmerlich er aussah.
    „Tut’s sehr weh?“, fragte Juniper und bekam einen
obszönen Fluch auf Kosten seiner Mutter und Schwestern zur Antwort.
    Lowell zog die Augenbrauen hoch und verließ den Wagen
wieder, dafür kam Stanwell herein und brachte den verlockenden Duft nach
gebratenem Fleisch mit sich. Er blieb beim Fenster stehen und sah mit düsterer
Miene zur Stadt hinüber, in der nebligen Dunkelheit jetzt ein Meer aus milchigen,
flackrigen Lichtern.
    „ Sikka , musstet ihr unbedingt auch noch diesen
Abend versauen? Die letzte Aufführung im Jahr! Die Frauen haben ein Festessen
vorbereitet! Und jetzt werden wir alle nur über euch Schwachköpfe reden! Musstest
du ihn denn unbedingt die ganze Zeit immer weiter reizen, Firn?“
    „He, willst du ihm jetzt vorwerfen, dass
Horgest ihm die Hand zertreten hat?“, platzte James heraus. Er kämpfte gerade
mit den Knöpfen und dem kratzigen Goldsaum seines Kostüms, und seine Stimmung
war sowieso auf dem Tiefpunkt angekommen.
    „Ich kann für mich selbst reden“, fuhr ihm dann auch
noch Firn ins Wort.
    „Na, wie gut für dich! Dass du das wenigstens noch
kannst! Er hätte dir auch die Kehle zertreten können! Das wär auch viel näher
am Stück geblieben!“, schnauzte Stanwell.
    Der verdammte Ärmel riss mit einem Ratsch, als James
sich die Tunika mit Gewalt über den Kopf zerrte. Wollten die jetzt etwa noch
Streit anfangen?!
    „Ja, das war wirklich rücksichtsvoll von ihm“, ätzte
Firn.
    Stanwell wendete sich vom Fenster ab. „Worauf ich
hinaus will, du dämlicher kupadanni – der Chef hat für morgen früh eine
Ratsversammlung angesetzt. Ihr habt beide gegen Gesetze verstoßen. Das hat
Folgen. Und ich bin ziemlich sicher, dass das Gesetz der Kelta verlangt, dass
Horgest aus der Truppe ausgeschlossen wird. Ist dir das klar? Ist dir klar, was
passiert, wenn Horgest gehen muss? Was das für John bedeutet?!“
    „Moment mal! Hört jetzt auf, beide!“, rief James. Er
war den Flitterkrempel endlich los und hatte sein Hemd wieder an. „Stanwell,
lass ihn! Wenn der Chef das morgen klären will, dann hat es ja wohl Zeit bis
dahin!“
    „Schon klar, Hakemi“, erwiderte Stanwell mit einem
unangenehmen Blick. „Vielleicht sollte er aber bis dahin darüber nachdenken,
dass er einen Mordversuch begangen hat, und jeder das weiß. Horg hätte
ihn umbringen können, aber er hat’s nicht getan. Aber Firn wollte ihm das
Messer in die Kehle werfen, und hat’s nur nicht –“
    „Es war Notwehr. Bei euch wird’s ja wohl auch so was
wie Notwehr geben!“
    „Ich sag nur, denkt drüber nach.“
    Als er aus dem Wagen stampfte, meinte Juniper: „Der
ist immer noch sauer, weil er nicht den Samrakin spielen durfte. Oder
vielleicht treibt’s ihn auch in den Wahnsinn, dass Nilke jetzt in seinem Wagen
wohnt – oder dass Gahann die ganze Zeit kotzt.“
    Firn wollte sich aus seinem Kostüm befreien, musste
aber aufgeben und sich von Juniper helfen lassen. Währenddessen versuchte James,
sich eine Vorgehensweise zu überlegen. Im Moment fiel ihm gar nichts mehr ein,
sein Hirn kochte in einem Adrenalinschwall. Desinfizieren? Kühlen? Erst kühlen,
dann richten und schienen? Oder besser direkt richten, was noch zu retten war?
Wie? Ohne Röntgenschirm, ohne Schmerzmittel, ohne die simpelsten Instrumente –
ohne verdammt noch mal irgendetwas ! Bin-Addali widmete den
Knochenbrüchen ein ganzes Kapitel – ha, das Schienen einfach gebrochener
Knochen und Kräuterumschläge zum Abschwellen. Und am Ende wandte er sich der
Amputation verschiedener Gliedmaßen zu.
    Das einzige auf der Positivseite seiner Liste war,
dass Firn keine offenen Brüche hatte. Offene Brüche hätten hier unweigerlich
Infektion bedeutet. Und die wiederum –
    Ein kleines Wunder also. Aber wie sollte er zermalmte
Fingerknochen behandeln? Da irgendwas zu richten, daran war doch gar nicht zu denken.
Gab es in diesem verdammten Land eigentlich nirgendwo richtige Ärzte mit
richtiger Ausrüstung?
    „Ich will dir nur sagen, dass es mir leid tut. Sehr
leid. Er hätte das nicht tun dürfen.“
    James sah von seinem Buch auf. John war da. Er hatte
sich auf Horgests Pritsche gesetzt

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