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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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das
leicht transparente Gestein wie Bernstein schimmern ließen. Ganz wie bei
Bernstein changierte die Farbe von hellem Honiggold über Olivtöne bis hin zu
Dunkelkaramell. Wenn man sich das so ansah, konnte man sich gut vorstellen, wie
begierig die Brogor vor Urzeiten auf diesen Ort gewesen waren. Musste ihnen
vorgekommen sein wie eine Stadt aus Edelstein.
    Ein Mann mit einem Fischkarren brüllte ihn grob aus
dem Weg, und er beeilte sich, an den Dörrfischgestellen vorbei endlich zur
Treppe zu kommen. Die in die Klippe gehauenen Stufen führten nach Östred
hinauf. Heute würde er nicht mehr nach Flar zurückkehren; nach Einbruch der
Dunkelheit fuhr hier niemand aufs Meer hinaus. Obwohl, überlegte er, die
Amakurrins das bei entsprechender Bezahlung vermutlich doch taten. Vermutlich
hatten die eine Reihe von Geschäften laufen, für die der Schutz der Dunkelheit
angeraten war. Wie auch immer, er würde heute Nacht in der Stadt bleiben. Nach
drei Wochen Flar hatte er ein bisschen Vergnügen verdient. Er dachte da an ein
gepflegtes Badehaus mit richtig heißem Wasser und allem Drum und Dran.
Eigentlich blöd von ihm, dass er die ganze Zeit über nicht mehr zum Festland
gefahren war, denn die Stadt hatte einiges zu bieten und war mit Abstand die
fremdartigste und schönste, die er je gesehen hatte.
    Die alte Geschichte um die Belagerung, Aushungerung
und Verwüstung Ligissilas war übrigens nicht nur ein Märchen. Noch heute waren
oben auf dem Fenner Reste der Zinnen erhalten, zwischen denen die Einwohner die
Giftpfeile und brennenden Katapultgeschosse der Brogor abgewehrt hatten. Auf
dem breiten Sims, das im unteren Drittel um den Felsen herumführte, hatten die
Angreifer angeblich wochenlang in Sturm und Kälte ausgeharrt, bis sie die Stadt
im Innern endlich in die Knie zwingen konnten. Von Krel-Amburillard, dem
Bezwinger, hatte der Bult Krels seinen Namen. Glück hatte dieser Sieg seinem
Volk allerdings nicht gebracht, wenn man der Geschichte glauben durfte.
    „Inglewing! He, Inglewing, hier oben!“
    Aus seinen Betrachtungen gerissen, sah Dorian sich um.
Direkt über ihm auf dem Küstenweg, wo in einiger Entfernung das Blaue Haus
streng über dem Hafen von Östred thronte, winkte ihm zu seiner Überraschung
George McGill zu.
    „Haike, McGill! Ich hatte gar nicht damit gerechnet,
dass mich jemand abholt!“, rief er hinauf.
    „Haike Larennite, Inglewing! Das ist das erste Mal,
dass ich dich im Anzug sehe. Hab dich nur an der Haarfarbe erkannt.“
    McGill, größer als er und ziemlich fett, hatte ein
faltiges, zerfurchtes Gesicht, aber heute fielen Dorian die schweren,
bräunlichen Tränensäcke unter seinen Augen ganz besonders auf. Er hatte wohl
nicht viel geschlafen in letzter Zeit.
    „Und – seid ihr fertig da drüben?“, fragte er, nachdem
Dorian die letzten Stufen hinaufgelaufen war und den Küstenweg betrat.
    „Fast. Noch ein paar Schrauben und Seile hier und da.
Dachte, du kommst auch noch mal rüber und siehst es dir wenigstens an.“
    „Es ging wirklich nicht, Inglewing. Wäre gern
dagewesen, wie gesagt, aber … Hast du meine Nachricht nicht bekommen?“, fragte
er dann überrascht, als er Dorians Gesichtsausdruck sah. „Ich hab sie letzte
Woche mit den Zeitungen geschickt!“
    „Oh –“
    „Ach du gütige Larenni, heißt das, du hast sie gar
nicht gelesen? Aber – hast du wirklich gedacht, ich würde einfach so zehn,
zwölf Tage nicht zur Arbeit kommen?“ Er sah weniger empört als verblüfft aus.
    „Ich hab nichts gesehen, tut mir wirklich leid. Die
Zeitungen hab ich auch nicht gelesen. Ich war – äh, ziemlich beschäftigt. Was
war denn los?“
    „Ach, Familienprobleme“, erwiderte McGill ausweichend.
„Krankheitsfälle … ich konnte meine Frau nicht allein damit lassen.“
    „Tut mir leid.“ Er drehte sich um, als jemand an
seinem Ärmel zupfte. Drei Kinder standen hinter ihnen.
    „Ein paar Chaval, Ska! Oder eine Zigarette!“ Bettelnd
streckten sich ihm eine Menge dreckige kleine Hände entgegen. Die Kinder trugen
Überwürfe, die wohl einmal weiß gewesen waren, sie waren aber eindeutig Graicos
aus dem Delta – und die pilgerten normalerweise nicht hierher.
    „Haut ab!“, sagte McGill sauer und wedelte mit den
Händen, als wollte er Fliegen verscheuchen. „Wenn du hier einmal anfängst, was
zu geben, verfolgen die dich auf Schritt und Tritt. Los, verschwindet!“
    Hinter ihnen, wo das Blaue Haus den Küstenweg
überspannte und so eine kurze, düstere Unterführung entstehen

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