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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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noch einen Korb Kulimandras kaufen könnten – und auf einmal war er mit
ihr ganz allein.
    Worüber hatten sie gesprochen? Was hatte er sie
gefragt? Er erinnerte sich nicht, es war belanglos gewesen. Sie war nicht die,
nach der er suchte, es war ja auch nicht der richtige Name. Sie hatte ihn nie
zuvor gesehen, und was ihn überwältigte, erschreckte sie nur. Der Wind sirrte
in den schwammartigen Felsbrocken ringsum, und aus der Ferne starrten die
verkrümmten Skelette der Japentobäume über die karstige, rotbraun verbrannte
Ebene, daran erinnerte er sich. Und als die Alten wieder zum Weg zurückkehrten,
da regte sie sich nicht mehr, nur ihr Haar floss wie ein müder Wasserfall über
seine Arme, und er selbst zerstäubte in trostloser Leere, wie ein Stück von
dieser toten, heißen Landschaft.
    Gelitten hatte sie nicht, und auch die beiden Alten
litten nicht, er hatte nie jemanden leiden lassen –
     
    Seine Gedanken schwammen eine Weile, wurden vom
beharrlichen Dengeln aufgehalten, das die Töpfe am Rucksack des Kleinen
produzierten. Ein Tee wäre jetzt gut gewesen. Der Wind hatte seine Jacke längst
durchkühlt – was zum Henker hatte er sich dabei gedacht, in einer Uniformjacke
aus Lorweis über den nördlichen Traskepad zu spazieren?!
    Der Kerl mit der zerquetschten Hand trug übrigens
tatsächlich einen Gelichterhut, den hatte nicht etwa seine fiebernde Fantasie
dazugedichtet. Mussten weit herumgekommen sein, die drei.
    Er mochte Orolo. Fast das ganze vorige Jahr hatte er
dort verbracht. Ein unberechenbares, hinterhältiges Land voller bizarrer,
übelwollender Geschöpfe, ein bösartig-komisches Stückchen Hölle, das mitten in
diese sonst so idyllische Welt heraufgeschleudert worden war. Viel
unterhaltsamer als das grüne Grab der Maikonnen-Wälder. Sein Haus, so perfekt
es als Rückzugsort auch geeignet war, hatte er ziemlich satt bekommen in den
letzten Monaten, in denen er dort Wills Prozess abgewartet hatte.
     
    William Daggers Einladung hatte mich im September
erreicht (bald nachdem der Fund der drei Leichen in dem alten Brunnen durch die
Zeitungen gegangen war). Dagger, reicher Erbe und bekannter Sammler, lud mich
in seine Villa in Vigilantia Priet ein, ins bergige Hochland im Nordosten von
Orolo. Er bereitete eine Expedition vor und wollte dafür den Rat von Aubrey
Hilarius Pennebrygg einholen, der als Kenner der Langorrenkultur und erfahrener
Reisender bekannt sei, wie er schrieb. Sehr schmeichelhaft.
    Es war nur gut, dass Will kurz hineingegangen war, um
ein Buch zu holen, als Persepha und ich zum ersten Mal aufeinandertrafen. Ich
stand am Geländer und sah hinaus, wo sich die Dämmerung über die grünen Weiden
der benachbarten Präfektur Ceraloc senkte. Sie kam mit einer Gralsflasche und
zwei Gläsern auf die Terrasse, ihr Lächeln entgleiste, als sie mich sah. „Der
Junge auf der Leiter!“, keuchte sie, und das Tablett fiel ihr aus den Händen.
    Und ich hatte auch sie sofort erkannt, obwohl sie
genau wie ich fünfundzwanzig Jahre älter war als damals, als sie durch die
Irrgärten von Wokenduna – oder auch nur durch meine Träume – gerannt war. Dies
war Persepha, meine Persepha.
    Ich half ihr, die Scherben aufzulesen, während um uns
herum, jenseits der Netze, die heiße, trockene Spätsommernacht von Orolo
erwachte mit ihren unheimlichen Stimmen und Lichtern. Ja, sie war es. Das war ihr Haar, lange, schwere Wellen in der Farbe eines reifen Roggenfeldes … das waren ihre Augen, die das warme Malzgold von Quin Auburne hatten (und nicht das Wasserblau
von Amelias Augen) – das war sie , das Medusamädchen, wie meine Mutter
sie genannt hatte, weil ich ihr ihren wahren Namen nicht hatte verraten wollen.
Ich hätte sie immer und überall erkannt, auch ohne den Brief meiner Mutter, der
mir diese Geschichte erst wieder in Erinnerung gerufen hatte.
    Da hockten wir nebeneinander, der scharfe Duft von
verschüttetem Grals stieg um uns herum auf, während wir einander anstarrten und
zu verstehen versuchten. Sie schnitt sich an einer Scherbe in die Hand, aber
dafür hatte keiner von uns Aufmerksamkeit übrig.
    „Es war keine Leiter“, sagte ich schließlich. „Es war
eine Treppe! Die Treppe im Glockenturm!“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es war die Leiter am
Belotebaum! Im Garten meines Elternhauses, da gibt es gar keinen Glockenturm!“,
flüsterte sie, und ihr Blick flatterte zwischen meinen Augen und meinem Mund
hin und her.
    „Es war eine Treppe“, murmelte ich. Ich fühlte

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