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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Fenster schon wieder heller zu werden
drohte, obwohl seine Lider bleischwer waren. Dann machte er Pläne, ging im
Halbschlaf wieder und wieder die Liste der Ausrüstungsgegenstände durch, die er
am Morgen besorgen musste. Manchmal sah er den Kerl mit der Kapuze, dann wusste
er, dass er einschlief, und war sofort wieder wach. Als es wirklich etwas
heller wurde, fühlte er sich vollkommen zerschlagen. Heute war der Tag des
Steins. Askertormen-Tag. Da draußen zog er über dem Meer schon auf.
     
    2.
    Als der Lärm losging, war Sandrou gerade
eingeschlafen. Die kleinen Krallenfinger, die seinen Arm seit drei Stunden
nicht freigegeben hatten, sanken auf die Decke, und Dorian wollte gerade tief
aufatmen, als draußen im Hafen der Radau aufbrandete. Von weitem hatte man es schon
seit einer Weile gehört: Getrommel und schrille Stimmen und einen tiefen,
brummenden Unterton. Die Leute, die noch wach waren, drängten sich am Fenster,
um hinauszusehen. Das Schlafhaus Vier Glasen war eine von den billigsten
Unterkünften direkt am Wasser, der Haussockel stand auf der Kaimauer und war
bröcklig und schwarz von ewiger Nässe, es roch nach Algen und dem Schmutz, der
hier ins Hafenbecken geleert wurde, und auch die nur roh verputzten Innenwände
waren feucht. Keine zehn Meter weiter war die Mole von Salz-und-Seide ,
weshalb das Haus sonst wohl vor allem von Matrosen dieser Linie genutzt wurde.
In diesen Zeiten aber beherbergte es, wie jede Schlafbaracke in ganz Skilwing,
vor allem eine Menge Flüchtlinge, die hier auf ein Schiff warteten. Alles war
überfüllt. Die einzige andere Möglichkeit wäre ein Honighaus gewesen, aber
dahinein hatte er Sandrou nicht mitnehmen wollen.
    Jetzt saß er auf dem Bett, in dem das Kind endlich
eingeschlafen war, versuchte, den Lärm aus seinen Gedanken auszusperren und
eine Ordnung in die Verwirrung zu bringen, die dieser Abend über ihn gebracht
hatte.
    Dabei hatte er doch nur in aller Ruhe nach Flar
zurückfahren und in der Skalda-Kneipe zu Abend essen wollen – mit Ellie, wenn
das nun mal sein musste. Danach in der Arbeitshalle noch einmal überprüfen, ob
der Gassauger wirklich fertig und in Ordnung war. Dann schlafen.
    Stattdessen saß er jetzt in einer Absteige in Skilwing
mit einem Kind am Hals und diesem Brief in der Tasche. Und mit Halsschmerzen,
die nicht nachlassen wollten. Die heiße Suppe – die zweite Schale an diesem
Abend – hatte das auch nicht gebessert. Eigentlich war sie für Sandrou gewesen,
aber der mochte keine Suppe. Also hatte er sie selbst gegessen und Sandrou die
in Tang gewickelten Fischröllchen gekauft, auf die er zeigte – der hatte sie
vermutlich für Dolmazaki gehalten, das bei den Graicos sehr beliebt war – und
von denen hatte er dann unglaubliche acht ganz und ein weiteres halb verdrückt.
Danach konnte er wieder in Sätzen sprechen, und das tat er ohne Punkt und
Komma. Von der wilden Geschichte, die er zu erzählen versuchte, verstand Dorian
trotzdem nur die Hälfte. Anscheinend hatte der Kleine Ärger mit den Montagus
gehabt und war einfach weggelaufen. Er hatte sich versteckt, damit ihn die
Pilger nicht auffressen würden, wie er sagte (und dabei fielen ihm fast die
Augen aus dem Kopf vor Entsetzen), aber dann hatte er solchen Hunger bekommen,
dass er bei irgendwem Zemmes aus dem Topf zu klauen versuchte, und dabei war er
erwischt worden. So hatten ihn die Pilger doch noch gekriegt, und dann musste
er Tag und Nacht mit anderen Kindern in einem vergitterten Wagen fahren. Er war
ganz still gewesen, damit man ihn nicht direkt auffraß. Wie er zu der Pilgerfrau
gekommen war, bei der Dorian ihn dann entdeckt hatte, konnte er gar nicht
erklären.
    Selbst während er aß, hatte er sich mit einer Hand die
ganze Zeit an Dorian geklammert, und er wollte auch auf keinen Fall
einschlafen, weil er Angst hatte, Dorian könnte weggehen. War schon schlimm,
wenn so ein Knirps solche Angst hatte. Der glaubte wirklich, dass die Pilger
ihn fressen würden, das hatte ihm anscheinend diese Jakobe eingetrichtert. Der
Junge war außerdem fest davon überzeugt, dass Jakobe selbst auch hier war. „Sie
geht durch die Straßen und sucht mich!“, flüsterte er und kroch förmlich in
sich zusammen, wobei ihm die Panik aus den Augen glotzte. „Hab sie gesehen! Sie
hat Schleier, aber ihre Augen kann ich sehn! Wie eine Empuse!“
    Viele von den Pilgern verschleierten sich, und er
verstand, dass dieser Anblick einem Kind unheimlich sein konnte, vor allem,
wenn man es mit solchen

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