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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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machen.
Sie hat nicht geschrieben: Komm und hol mich! Kein Hilferuf! Dieser Harfenkerl
hat sich da was eingebildet, der kennt sie doch gar nicht. Ich kann nicht alles
hinschmeißen, um sie von da wegzuholen – wo sie doch offenbar bleiben will! Ich
kann das überhaupt nicht noch mal anfangen … bin froh, dass sie weg ist. Dass
sie’s mir abgenommen hat, vor ihr abzuhauen – was ich schon in Parrot’s Fork
hätte tun sollen! Sie wollte nur, dass ich James warne. Das werd ich tun …
sollte sowieso mit denen reden, jetzt, wo ich aus sicherer Quelle weiß, dass
sie nicht mehr zurückkommen werden … oh sikka ! Wie sag ich denen das
bloß … und Hendinen ist der Waird, da täusch ich mich nicht! Der weiß es
aus erster Hand!
    Sein Kopf kippte ein bisschen, sodass er mit der Wange
an der Mauer lehnte, und er merkte, dass er wohl doch noch einschlafen würde.
Das Letzte, das er mitkriegte, war, wie sich das Kind im Halbschlaf durch das
Bett wälzte, sich dann an seine Füße geschmiegt zusammenrollte und
weiterschlief.
     
    3.
    „… musst du aus dem Fenster klettern, Pix!“
    Die Stimme, die sie so gut kannte, sprach eindringlich
und freundlich, beinahe zärtlich. Halfast! Er musste direkt hinter ihr stehen!
Sie drehte sich um, eine Bewegung, die schnell sein sollte, die aber zu etwas
Verschwimmendem geriet, zu etwas, das nie sein Ziel erreichte, weil die
Traumwirklichkeit dabei abblätterte wie alter Schorf und nur hässliche, nackte
Gegenwart zurückblieb.
    Sie war wach. In einer Luft wie Haferflockenbrei, den
man drei Tage stehengelassen hatte. Über ihr schnarchte jemand. Unter ihr
rumorte es. Das blässliche, bläuliche Licht hatte irgendwie was von
Notaufnahme. Sie war in einer beschissenen Unterkunft im beschissenen
Nimmerland. Und Halfast war tot. Immer noch und für immer.
    Sie lag still und versuchte sich mit der Gegenwart zu
arrangieren. Mit dem leeren Magen, den ewig schmerzenden Füßen. Mit dieser
Unsicherheit, die wie ein nie nachlassender Schwindel war – als wäre sie ohne
Vorwarnung auf eine wacklige Seilbrücke über einem Abgrund gezwungen worden und
müsste hinüber, obwohl sie ihr Gleichgewicht einfach nicht mehr finden konnte.
Der Schock gestern Abend, als sie diesen hohen Felsen da draußen im Meer
gesehen hatte – mit dem komischen Ring obendrauf, genau wie James das gesagt
hatte! Das war also keine Fieberfantasie gewesen! Entweder war er schon mal
hier gewesen, oder die Sache mit dem früheren Leben stimmte wirklich. Genau
genommen waren das nicht mal zwei verschiedene Möglichkeiten. Wie konnte der
dabei so cool bleiben? Und dann war auch noch der Messertyp abgehauen –
    Sie setzte sich auf. Was hatte der eigentlich alles
mitgenommen in seinem Rucksack? Hatten sie das überhaupt kontrolliert?
    Da war wieder Getrommel, oder immer noch? War es noch
Nacht? Vor dem runden Fenster war es zwar noch dunkel, aber es war Unruhe im
Raum, die nach Aufstehen klang. Als sie die Leiter hinunterstieg, fühlte sie
den Verband an ihrer Linken. Und außerdem, wie eklig die Klamotten an ihr
klebten. Seit bald zehn Tagen steckte sie jetzt Tag und Nacht dadrin, mit ein-,
zweimal waschen zwischendurch. Das hatte sie drüben nicht mal in ihrer
miesesten Phase gebracht. Ihre Mutter, die perfekte Annette, hätte sie dann
auch wahrscheinlich in die Klapse gesteckt. Hier merkte man den eigenen Gestank
kaum, weil alle stanken und die Umwelt auch.
    Sie taumelte zwischen Koffern und Taschen und Schuhen
an den Betten entlang, stieß sich das Schienbein an irgendwas Sperrigem mitten
im Weg, überhörte das wütende Zischen, das ihr aus einem Bett nachkam, und
blieb vor dem Bett am Fenster stehen. Dann der Schock, obwohl irgendwas in ihr
doch schon damit gerechnet hatte, schon gestern Abend, verfluchte Scheiße! Sie
japste die Leiter hinauf und packte, was da im Schlafsack lag und rüttelte es
grob.
    „Wach auf, Bagrat! Wach auf, Spacko! James ist weg! Oh
fuck ! Dieser Arsch ist wirklich abgehaun! Mann, hörst du mich?! James
ist weg !“
    Zur Sicherheit trat sie auch gegen den zerknüllten
Schlafsack im mittleren Bett. Da war niemand. Nur der Rucksack lag am Fußende,
unbewacht – dieser hirnrissige Idiot, wie konnte der nur!
    „ Wach jetzt auf !“ Sie war so wütend, dass sie
fast kreischte.
    Endlich tauchte der Kopf aus dem Schlafsack auf.
„Mann, was machst du denn schon wieder für ’n Aufstand! Es ist doch mitten in
der Nacht! Was ist denn los?“
    „James ist weg!“
    „Quatsch. Vielleicht auf’m Klo.

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