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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Haar,
achtlos hingeworfen auf das Bett, welkes Zeug und dunkle Walderde. Auch ihre
Hände, die ineinander verkrampft vor ihrem Gesicht liegen, sind erdverkrustet,
die Fingernägel schwarz von Schmutz. Wo bist du gewesen in den letzten zwei
Tagen? Wovor bist du weggelaufen?
    „Hier findet er uns nicht, vertrau mir!“, sagt er. „Wir
sind hier in Sicherheit.“
    Aber sie antwortet nicht, regt sich nicht. Nur dieses
lautlose Weinen. Nur Tränen, seit er sie da draußen gefunden hat. Er kann sie
mit nichts erreichen und doch auch nicht aufhören, es zu versuchen. Er kniet
sich neben das Bett, sodass sein Gesicht jetzt direkt vor ihrem ist. „Du musst
keine Angst mehr vor ihm haben. Wir gehen nach Norden, du und ich, wir fangen
neu an! Ich kenne viele Leute bei den Stämmen. Ich bin ein guter Jäger. – Hörst
du mich, Persepha?“ Mit den Fingerspitzen streift er über ihre Wange, zur Seite
in ihr Haar, das er immer noch nicht berühren kann, ohne zu erschauern. „Sag
doch was! Red doch mit mir, Persepha!“ Seine Hand gleitet hinunter zu ihrem
Hals, über dem der feine Spitzensaum des Kragens liegt, über Haut, die dort so
dünn und warm ist, unter der das Leben pulsiert, auch wenn sie noch so sehr tot
zu sein versucht –
    James schnappt nach Luft, zieht unwillkürlich seine
Hand zurück, weil er das zarte Geriffel des Stoffs und die Wärme der Haut
fühlen kann. Er braucht Distanz zu dieser Szene, in der er mehr ist als
Beobachter, obwohl sie wie eine Erinnerung daherkommt, vor der Kulisse des
Strandes. Aber durch den Rauch des Lagerfeuers dort drüben nimmt er den
Minzeduft in diesem schattigen Zimmer wahr – der kommt von den Hecken draußen –
und auf einmal spürt er auch die Bedrohung, die über diesem Zimmer liegt – es
ist schon hier, es ist schon irgendwo hier, das Messer!
    „Hörst du mich?“, fleht seine Stimme. „Verlass mich
nicht! Wir gehen zusammen. Und vorher holen wir uns den Stein … wir holen ihn
uns, und dann gehn wir nach Norden. Bitte, Persepha! Sprich mit mir! Sag es mir
– du weißt, wo er ist, nicht wahr? Du hast es gesehen, ja?“
    Da verzieht sie das Gesicht wie ein Kind und jammert
auf. Die erste Reaktion seit Stunden. Ein Jammern, das ist alles – und
allmählich kann er seine Ungeduld kaum noch zügeln, die grausame Anspannung,
die seine Nerven zerreißen will. Als wenn sie die Einzige wäre, die hier
leidet!
    „Sieh mich an, Persepha! Komm, sieh mich an! Du hast
es ihm doch nicht gesagt? Nein, das hast du nicht –“
    Die Augen – bernsteingolden – bewegen sich tatsächlich
in seine Richtung. Aber ihr Blick ändert sich nicht. Vielleicht erkennt sie ihn
nicht einmal! Dieser leere Blick! Etwas in ihr ist zerbrochen, er findet sie
nicht mehr, da liegt nur noch Wills Honigvogel mit gebrochenen Flügeln – und
auf einmal schlagen Verlust, Verzweiflung, ja, auch Wut über ihm zusammen. Er
schreit sie an, packt sie, schüttelt sie panisch, wie man jemanden schüttelt,
der plötzlich nicht mehr atmet. Haarsträhnen schlenkern wie ein müdes Echo über
die Decken. „Sag es mir, sag‘s mir! Wo? Wo ist der Stein, bitte, Persepha!
Bitte, rede doch mit mir!“
    Ihre verkrusteten Lippen lösen sich voneinander, sie
sagt auch etwas, aber er kann es nicht verstehen. Und dann verdrehen sich ihre
Augen, gleiten zur Seite weg, ergeben sich –
    „Nein, nein, nein! Persepha, nicht! Was hast du
gesagt? Was hast du gesagt ?“ Und wieder schüttelt er sie, so heftig, dass
die Erdklümpchen aus ihren Haaren fliegen, sogar die verkrampften Hände einander
loslassen. „Gahom“, lallt sie, ihr Mund ist schlaff geworden, als habe sie der
Schlag getroffen.
    Er reißt sie in seine Arme, presst sein Gesicht an
ihren warmen, lebendigen Hals und vergräbt die Finger in ihrem Haar. „Es wird
alles gut, Persepha“, murmelt er. „Ich weiß, wo das ist. Es wird alles gut.
Alles wird gut.“ Aber stimmt das? Wie soll er sie mit sich nehmen, wenn sie
katatonisch ist?
    Und die ganze Zeit wartet das Messer schon in den
Kulissen …
    Er wusste, dass er bäuchlings, lang ausgestreckt im
Sand lag – vielleicht, weil er sich am liebsten vergraben hätte – und
möglicherweise hatte er sogar laut vor sich hingebrabbelt. Als ein Schauer
feiner Körner seinen Arm traf, sah er auf.
    „He, alles in Ordnung, brakka ?“ Ein Mann, der
zwei tropfende Reusen trug, blieb neben ihm stehen.
    James nickte. „Muss wohl eingeschlafen sein.“ Dann
brachte ihn der Sand im Hals zum Husten.
    „So sah’s aus! Na

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