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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Dämmerung
sah es aus wie dunkles Gold. Es war, als könnte er es mit den Augen fühlen. Ihm
wurde unbehaglich zumute. Er beschloss, es noch einmal anders zu versuchen. Ein
allerletztes Mal.
    „Orla, hast du jemals von – von drüben gehört?
Von Gorth Britaine, jenseits des Ozeans? Von eurem Alten Land? Du weißt schon, nicht
Menschenaug‘, noch Fuß vom Tier –“ In seiner Anspannung fiel ihm der Rest
nicht mehr ein. „Ich komme von dort, aus dem Alten Land. Und ich geh dahin
zurück. Willst du mitkommen?“
    Immerhin sah sie wieder auf. Er hatte keine Ahnung, ob
sie irgendwas davon verstanden hatte. Und natürlich half sie ihm auch nicht
weiter.
    „Kommst du vielleicht auch von dort? Kennst du – England ? London , sagt dir das was?“
    Noch immer rannen Tränen aus ihren Augenwinkeln. „Du
musst dir das merken!“, flüsterte sie. „Bitte! Weißt du es noch?“
    Er seufzte. „Ja, ich weiß es noch – der Herr von – von
Fornestembre. Der muss nach Frillort. Frillort, wie die Gärtchen, die du
anlegst, richtig?“
    Sie nickte erleichtert.
    „Aber was soll das bedeuten? Wo ist Fornestembre? Und
Frillort? Wer ist –“
    „Sie hat gesagt, ich soll dir das sagen. Nur das.“
    Also doch Odette! Allmählich wurde er wütend. „ Wer ?
Wer sagt dir so was?“ Und als sie nicht antwortete, noch drängender: „Orla! Wer
sagt dir, was du mir sagen sollst und was nicht?“
    „Sie … Persepha!“
    Der Name traf ihn wie ein Schuss. Er japste und machte
einen Schritt zurück.
    „Du kennst Persepha, ja? Du erinnerst dich doch?“ Und
jetzt fasste sie plötzlich nach seiner Hand, zaghaft, aber wie getrieben.
„Bitte, James – ich muss jetzt zurück, sonst merken sie, dass ich weg bin, und
meine Mutter … sie hat so große Angst!“
    „Orla – Orla, geh nicht! Warte, ich – oh verflucht – ich kann einfach nicht klar denken – was ist das denn bloß – was meinst du
mit Persepha, verdammt – Orla! Bitte! Bleib noch! Warte doch!“
    Er hielt sie am Arm fest, und ihr Haar fiel über seine
Hand, und das und der Aufruhr, in dem er sich befand, und vielleicht auch der
Leichtsinn des ganzen sonnenfunkelnden Tages, der hinter ihm lag, waren
verantwortlich dafür, dass er sie an sich zog, obwohl er Angst und Abwehr in
ihrer Miene erkennen konnte. Aber als er sie einmal in den Armen hielt, war es
gut. Es fühlte sich richtig an. Nur sein Herz, das stand kurz vor dem
Infarkt –
    Er flüsterte ihren Namen und griff mit beiden Händen
in ihr Haar. Seine Augen schlossen sich, als er sie küsste. Da war nur noch
Nacht und sie und er. Tränensalzige Lippen. Er bedrängte ihren Mund, doch der
öffnete sich ihm nicht. Irgendwann ging ihm der Atem aus, und er musste
aufgeben.
    Ihr Gesichtsausdruck brachte ihn wieder zu sich. Er
versuchte sich zu entschuldigen, aber seine Stimme gehorchte ihm nicht. Dunkle Flecken
flackerten an den Rändern seines Gesichtsfelds. Er ließ endlich auch ihr Haar
los, wenn auch widerwillig und mit Anstrengung.
    Sie wich zurück und sah ihn mit diesen großen, stummen
Augen an. War das wirklich Angst darin? Angst vor ihm ? Wie konnte etwas
so schnell so dermaßen aus dem Ruder laufen?
    „Ich hätte das nicht machen sollen“, stammelte er. „Es
tut mir wirklich leid! Alles soll gut werden für dich. Vor mir musst du keine
Angst haben. Ich bin – ich – ich –“
    Er zwang sich dazu, noch ein paar Schritte weiter
zurückzutreten. Er musste sie wohl gehen lassen.
    Und sie ging.
     
    Persepha!
    Ein Rauschen zwischen zwei Atemzügen, für die Dauer
zwischen zwei Lidschlägen sah er sie vor sich: Auf einem grauen Bett, schmal
wie ein Feldbett, honigfarbene Strähnen über ihrer nackten Brust, und ihr
Gesicht ist fassungslos, zum Weinen verzerrt – Doch nicht Will! , schreit
sie. Warum hast du nicht längst etwas gesagt? Und sie hat nicht mal ein Grab
– meine arme kleine Amelia!
    Persepha! Dieses Wüten in ihm, sie so zu haben und
sich doch nicht ganz zu eigen machen zu können – nicht ganz, niemals ganz –
    Mit dem nächsten Atemzug war sie fort. James taumelte
gegen die Mauer zurück, und der Schatten, der über ihn gefallen war, seit Orla
den Namen ausgesprochen hatte, entließ ihn. Sein Körper war in Aufruhr, und da
war nichts Freundliches in seinem Verlangen. Das war nicht nur er gewesen, der
Orla gehalten hatte, und es war nicht nur Orla gewesen!
    An einer Wand im Versammlungsraum seiner Grundschule
hatte ein überlebensgroßes Gemälde gehangen, auf dem altertümlich

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