Typisch Mädchen
festgestellt werden. 59 Eingeengte Motorik führt zur Verringerung motorischer Reflextätigkeit. Die Mädchen werden und wirken passiver, dagegen wirkt sich die erhöhte Stimulierung bei Jungen in erhöhter motorischer Reflextätigkeit aus, und sie werden lebhafter. Besonders großer Stellenwert wird dem unterschiedlichen Stillverhalten beigemessen. In einer französischen Untersuchung stellten Brunet und Lezine 60 fest, daß 34 Prozent der Mütter es ablehnten, ihre Töchter zu stillen, »weil sie es als eine erzwungene Arbeit betrachten oder weil irgendeine Arbeit, der sie den Vorzug gaben, sie daran hindert«. Alle Mütter hingegen wollten ihre Söhne stillen (mit einer Ausnahme). Werden Mädchen aber dennoch gestillt, so in anderer Art und Weise als Buben. Ihre Mahlzeiten sind von kürzerer Dauer. Jungen erhalten im Alter von zwei Monaten 45 Minuten für die Brusternährung, Mädchen dagegen nur 25 Minuten. Die Entwöhnung findet bei Mädchen im allgemeinen im Alter von drei Monaten statt, bei Jungen dagegen erst jenseits von vier Monaten.
Die Flasche erhalten Mädchen im Alter von sechs Monaten für acht Minuten, die Jungen dagegen für 15 Minuten. Der nachweisbare Unterschied hinsichtlich der Dauer der Mahlzeit wird auf die Häufigkeit der Pausen zurückgeführt, die die Mutter dem Jungen zugesteht. Bei Mädchen ist die Schnelligkeit der Einnahme der Mahlzeit durch äußere Eingriffe der Mutter zur Beschleunigung des Vorgangs verursacht. 61 Die unterschiedliche »Erziehung« im Eßverhalten hält an. Mädchen sind bereits im Alter von 24 bis 30 Monaten in der Lage, selbständig zu essen, die meisten Jungen lassen sich im Alter bis zu vier oder fünf Jahren beim Essen helfen. 62 Gleichzeitig lassen sich aber deutliche Eß- und Schlafschwierigkeiten bei den Mädchen (extrem langsames Essen, Erbrechen, Verstopfung und Launenhaftigkeit) feststellen; und zwar ab dem ersten Lebensjahr. 63
Auch unterschiedliche Schlafzeiten wurden festgestellt. Im Alter von drei Wochen schliefen die Mädchen der Testgruppe eine Stunde länger als die kleinen Jungen. Im Alter von drei Monaten betrug diese Differenz immer noch 41 Minuten.
Aus diesen Tatsachen wird der Schluß gezogen, daß das Kind, das mehr Zeit im Wachzustand verbringt, auch größere Erfahrungen im Kontakt mit der Umwelt, den Erziehungspersonen und Lernmöglichkeiten hat. Dies wiederum erleichtert die Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeiten wie auch die Organisation der kognitiven und allgemeinen Entwicklung. 64
Im Alter von drei Monaten wurde dann die Förderung des sozialen Verhaltens bei Mädchen festgestellt. So fand Mioss, daß mit den Mädchen von diesem Zeitpunkt an mehr gelächelt wird; sie werden öfter nachgeahmt, gewiegt, geschaukelt und herumgetragen. Gleichzeitig wurde eine Einschränkung dieses Verhaltens Jungen gegenüber bemerkt. Sie werden jetzt in der Entfaltung ihrer Muskelaktivitäten gefördert.
Zur Sauberkeitserziehung fand man ähnliches wie beim Stillverhalten heraus. Der eigene Rhythmus wurde den Mädchen nicht zugestanden, sie mußten sich den Forderungen und ; Wünschen der Erziehungspersonen anpassen und unterord-| nen. Der Beginn der Sauberkeitserziehung liegt für Mädchen ] bei fünf bis acht Monaten, für Jungen bei acht bis 15 Mona-j ten. Insgesamt erwiesen die Mütter bei Schwierigkeiten in der Sauberkeitserziehung den Buben gegenüber größere Tole ranz.
Beim Ankleiden wurden ebenfalls Unterschiede festgestellt. | Kleine Mädchen beherrschten diesen Vorgang, der auf reines ! Training hin durchgeführt werden kann, wesentlich früher. 65
Bei Spielzeug fanden sich massive Unterschiede darin, für wen es gerade bestimmt war. So werden über Säuglingsbetten von Mädchen vorwiegend Mobiles, bestehend aus Blumen, ! .Engeln, Schneeflöckchen und kleinen Puppen, aufgehängt. | Den Gegensatz dazu bilden die Mobiles aus Flugzeugen, I Schiffen, Autos und Pferden, die über Bubenbetten hängen, i Etwas später wird den Mädchen die Puppe ins Bett gelegt, den Buben der Teddybär und, sobald sie Gegenstände richtig fassen können, Autos, LKWs, Bagger, Kräne, Werkzeug und j Motorräder.
I Im Alter von sechs Monaten gehen Mütter bei Buben zum | Verhalten des »distal mode behaviour« über, das heißt, sie | geben ihnen den »kleinen Klaps«, um sie der Außenwelt mehr zuzuwenden, fördern Autonomiebestrebungen des Jungen und bewerten die Loslösung positiv. 66 Bei Mädchen wird bis zum zweiten Lebensjahr das Verhalten des
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