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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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ich nicht nachgedacht, wäre ich mit Anneli wahrscheinlich weiter auf der Suche nach »Mädchenschuhen« gewesen. Geschmack und »Schmuckbedürfnis« kommen also irgendwoher!
    Ich sitze mit den drei Mädchen in einem Lokal. Da fragt Anneli unvermittelt, ob auch Anna und Bernadette einen Busen hätten. Ich bejahe. Die Frage ist damit erledigt. Frau Gärtner erzählt, daß Anna und Bernadette, als beide das erste Mal einen nackten kleinen Buben sahen, glaubten, er sei krank, weil er einen so schrecklichen Zipfel am Bauch hängen habe. Sie riefen die Mama, um dem armen kleinen Buben zu helfen.
    Ich bin erfreut, bei zwei zwei- und vierjährigen Mädchen das Verhalten zu entdecken, das Kate Millett und Simone de Beauvoir 36 in ihrer Auseinandersetzung mit der Freudschen Theorie vom Penisneid als gedankliche Möglichkeit setzen. Beide fragen Freud; »Warum ist das Mädchen sofort überzeugt, daß größer (Penis gegenüber Klitoris) auch besser ist? Könnte es sich nicht mit der Naivität des kindlichen Narzißmus genauso gut vorstellen, daß der Penis ein Auswuchs sei, und seinen eigenen Körper als Norm nehmen?« In Annelis Gesprächen nimmt mittlerweile die Existenz von Busen einen wesentlich größeren Raum ein als das Schwanzi. Sie weist auch zwischendurch immer wieder auf ihren Busen hin und beurteilt die Leute nach »Haben und Nichthaben«. Auch Schorschi beteiligt sich sehr intensiv und mit großem Interesse an den Gesprächen über Busen. Ich habe noch nie vom Busenneidkomplex bei Buben und Männern gehört.
2. März 1984 (2Jahre, 7Monate)
    Klaus und Anneli sind krank und liegen gemeinsam im Bett. Sie stellt fest, daß sein Bart kratzt. Sie meint, wenn sie später größer sei, kriege sie auch einen. Klaus verneint das und erklärt ihr, daß Frauen und Mädchen keinen Bart kriegen und daß es bei ihr wie bei der Mami sei. Jetzt besteht sie darauf, daß Mami, wenn sie größer sei, auch einen Bart haben werde.
    Ich höre diese Verhandlungen vom Wohnzimmer aus und stelle fest, daß ich in ihrer Vorstellungswelt offenbar nicht so groß bin wie der Papi, eher so eine Zwischenstufe zwischen Kind und Papi einnehme, im Zweifelsfalle aber eher den Kindern zuzuordnen, denn ich kann ja noch groß werden wie der Papi und zu seiner Vollkommenheit heranwachsen.
    Heute habe ich mit Anneli »wegnehmen, zuhauen, raufen« gespielt. Ich spüre, daß ich jeden ernsthaft harten, zupackenden Griff vermeide. Als ich dann doch fest zupacke, ist sie gleich erschrocken und fragt, warum ich böse sei. Ich denke an meine eigenen Schwierigkeiten beim Jiu-Jitsu, mit aggressiver (und sei es nur im Training) körperlicher Nähe umzugehen, mich einer Person in der Absicht, sie zu schlagen, zu nähern, mit der Faust auf ein Gesicht zuzugehen. Das war mir alles anfangs fast unmöglich. Erst das Training ermöglichte es dann. Jetzt ist das alles lange vorbei - ich bin wieder die Alte, das heißt, ich kann eine andere Person nicht fest anpacken.
    Ich verhalte mich Anneli gegenüber auch nicht anders, und ich versuche nicht, sie hart anzugreifen, denn sie ist ja wie ich, ein Mädchen. Sie hat das »andere« aus meiner Sicht also erst gar nicht nötig. Ist es wie mit den Autos und den Maschinen? Hindert die Gleichgeschlechtlichkeit die Phantasie daran, sich vorzustellen, daß alles auch anders sein könnte? Wird so die gleiche Art, das Weibliche als »angeboren« weitergegeben?
    Abends bin ich noch mal kurz bei Christa, Schorschis Mutter. Es ist zehn Uhr, und aus irgendeinem Grund kann Schorschi nicht schlafen, und Christa holt ihn aus dem Bett. Er sieht mich sehr unfreundlich an.
    Ich akzeptiere dieses Verhalten einfach als männlich desinteressiert bis offen ablehnend, ähnlich dem Verhalten erwachsener Männer, die frau stört, und bemühe mich nicht länger, ihn zum Lächeln oder zum »Liebsein« zu bringen. Bei einem kleinen Mädchen hätte ich viel emotionaler reagiert; ich wäre auf sie zugegangen, um sie aus ihrer Reserve herauszulocken. Ich hätte sie jedenfalls nicht so gelassen, wie ihre Stimmung gerade war, sondern sie zu anderem - mir entsprechendem -Verhalten anzuregen versucht. Der Bub wird so, wie er ist, akzeptiert, das Mädchen wird zu einer Änderung zum Freundlichen hin verführt oder angehalten, wenn auch nicht mit Gewalt. Ist es ein Wunder, wenn wir später wie die »Lächelmaschinen« herumlaufen?
    Wir sind zu Friedrichs zweitem Geburtstag eingeladen. Es ist auch ein knapp vierjähriger Bub dort, der gleich auf Anneli zugeht,

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