Über Alle Grenzen
tödliche Krankheit aus Afrika die Welt verunsicherte, wurde Maia mein wichtigster “Leibwächter”. Ihre Eltern hatten schon zu unseren ersten Freunden und Schülern gehört, als Hannah und ich die Lehre nach Europa brachten. Wir kannten uns aus den Drogentagen der 60er Jahre, und sie und ihre beiden Töchter waren früher in unser Haus nach Südschweden gekommen. Ihr Hof lag auf der Strecke von Deutschland nach Kopenhagen, und Maia war oft alleine, wenn ich vorbeikam. Sie erinnerte sich schon damals an jedes Wort, das ich sagte. So war sie für mich das unverdorbene Dänemark geworden, während ich ihr die große, weite Welt brachte. Als ich ihr einmal eine kleine Statue von Schwarzer Mantel in die Hand legte, spürten wir beide, dass sie sich bewegte. Maia war erwachsen geworden, hatte einen netten Sohn und in der Zwischenzeit viel erlebt. Durch ihre Nähe konnte ich einen unverarbeiteten Zeitraum meines Lebens nochmals und ohne die damals allabendlichen Schlägereien durchleben.
Mit Maia unterwegs
Im Herbst 1985 zogen Maia und Carl ins Kopenhagener Zentrum. Sie räumten auf und beendeten den Klatsch einiger Unzufriedener. Seitdem wieder regelmäßig meditiert wird, geht es aufwärts, und die Mannschaft Kopenhagens ist heute toll. Im Juni 1990 konnten wir sogar noch die Nachbarvilla dazukaufen, ein Wunsch Karmapas von 1977. Sind Hannah und ich nicht zu erreichen, kann man dort, bei Gabi in Wuppertal oder bei Caty den letzten Stand der Dinge erfahren.
Vor der nächsten Amerikafahrt gab Mitteleuropa ein gutes Bild ab. Schwarzenberg war im Aufbau, und durch die Reife und die gute Zusammenarbeit wuchsen die Gruppen in Süddeutschland ständig. Österreich hatte inzwischen vier Zentren, Polen war begeistert, und in Norddeutschland zeigte sich der Einfluss von Wuppertal und Hamburg in einer Reihe von Nachbarzentren. Frankfurt und Kassel waren zwar noch weiße Flecken auf der Landkarte, und es gab immer ein paar ungesunde Entwicklungen zu bereinigen, aber jeder zwischen Oslo und Brescia verbrachte Tag war ein wirkliches Geschenk. Leben und Lehre bereicherten sich in einer Weise, die in der Zukunft rund um die Welt Schule machte. Die Landkarte schrumpfte ständig, mit gebrauchten Autos in der 200-PS-Klasse und Sys als Planerin meiner Reisen wurde jede Stunde besser als je genutzt. Nie zuvor war soviel los wie in diesem Dezember, bevor wir wieder nach Amerika aufbrachen.
Es wurde Maias Jungfernfahrt ins große Land. Mit jugendlicher Unbekümmertheit, im Wohlfahrtsstaat Dänemark aufgewachsen, hatte sie sich einfach das Geld von der Bank geliehen. Maxi aus Graz und Deborah aus Hamburg flogen mit, ebenso Wolfgang und Burkhard. Ulla und Gabi wollten später dazustoßen.
New York brachte die wichtige Begegnung mit Roland, ein naher Freund von Maxi. Sein Gesicht prägte sich mir dauerhaft ein und ich gab ihm meinen Zufluchtsnamen. Sein späterer Aufbau der “Rolo”-Boutiquen, aus dem Nichts heraus, zeigt, dass der amerikanische Traum noch lebt. Er wohnt heute im neuen Zentrum von San Francisco und schafft es, in unzähligen Bereichen und meistens unbemerkt seinen heilsamen Einfluss auszuüben.
Roland
New York war schon sehr kalt. Wir wohnten im Zentrum auf der Westseite Manhattans, ein gemütskranker Ort, an dem ich nun zum letzten Mal für viele Jahre lehren würde. Bei jedem Besuch war es dasselbe: Ich stand fast Kopf, um den Leuten etwas frische Stimmung zu bringen, und dennoch machten sie sofort “Kirche” und verpönten jede Freude. Obwohl einzelne aus der Gruppe in Ordnung waren: Gemeinsam waren sie unausstehlich. Diesmal sollte ich hier eine wahre Freveltat begehen.
Ich brauchte für die Belehrung wie immer einen Platz, von dem aus ich die meisten sehen konnte. Also setzte ich mich auf das einzige höhere Kissen, was offenbar auch Khenpo Kathar benutzte. Sonst lehre ich von Thronen, und kein Schild oder Regenbogenschimmer wies darauf hin, dass dieses Kissen ein Gegenstand der Verehrung geworden war. Ich erinnere mich heute nicht an das Schaudern, das durch die “Rechtgläubigen” gegangen sein musste, sehr wohl aber an das allgemeine Gefühl. Ich musste die Leute noch stärker als üblich “ziehen”, um sie mit einem nur einigermaßen guten Gefühl nach Hause zu schicken. Dies wünschte ich ihnen aus tiefstem Herzen, denn New York ist keine leichte Stadt. Die wenigsten Frauen wagen es, abends die U-Bahn zu benutzen, und mit dem Auto braucht man oft eine halbe Stunde, um einen Parkplatz -
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