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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Steigerung war, gab es in der Geschichte oft ähnliche Fälle von Verwechslung. Wenn so etwas bekannt wird, sagen die Behörden nur: Entschuldigung, aber jetzt ist es zu spät, um das zu ändern.

    Nach Los Angeles löste sich der Nebel auf, der mich tausende Kilometer seit der kanadischen Grenze fast blind hatte fahren lassen. Die weißen Hügel strahlten in einem überirdischen Mondlicht, und ich fing ganz unvermittelt an, über meine Mutter zu reden. Ich erzählte, dass sie mich noch immer “kleiner Ole” nannte und wie wunderbar sie sei. Später bei Van und Carolyn, ich lag bereits im Bett, rief Maia aus Kopenhagen an: “Deine Mutter wurde heute Vormittag um halb zehn von einem Lastwagen in Lyngby angefahren. Die Polizei war eben hier und sagte, dass sie tot sei.” Sie erzählte auch, dass ein Regenbogen um die Sonne erschienen sei, als es geschah, und dass der Himmel danach ganz strahlend wurde.
    Es war ein Schock und eine Erleichterung zugleich. Ein großer Verlust für uns, aber auch großes Glück für sie.
    Meine Mutter wurde 83 Jahre alt, ohne krank zu werden. Außerdem hatte sie ein starkes Band zu Karmapa. Ihr größter Wunsch während der letzten Jahre war, anderen nie zur Last zu fallen. Da der Tod augenblicklich eintrat, hatte sie auch nicht gelitten.

    Meine wunderbaren Eltern

    Ich rief Hannah in Taiwan an, die gerade einen bewaffneten Räuber aus dem Haus gescheucht hatte, indem sie ihn auf Dänisch beschimpfte. Sie hielt wirklich den Familienstil. Als sie hörte, dass meine Mutter gestorben war, wollte sie sofort nach Hause fliegen. Das hätte aber Rinpoches Programm gestoppt, was nicht nötig war. Hannah ist sowieso immer bei mir, wo ich auch bin. Ich ehrte meine Mutter in San Diego abends durch einen Vortrag in ihrem Namen. Obwohl meine Stimme oft etwas belegt war - ich hatte sie unendlich lieb -, hielt ich den Faden. Van und Carolyn buchten den günstigsten Rückflug. In Kopenhagen bereitete Björn währenddessen die Verbrennung vor.
    Früh am Morgen, es waren etwa achtundsechzig Stunden nach ihrem Tod, wachte ich in unserem Zimmer in Kopenhagen auf. Was ich erlebte, war kein Traum: Meine Mutter war bei mir, lebendig und in jeder Einzelheit klar zu erkennen. Sie war nah an meiner rechten Seite. Vor uns erschien Karmapa, so groß wie ein Haus. Er war durchsichtig, goldbraun und saß auf einem Stuhl. Lächelnd warf er seine schwarzen Pillen auf uns, die zu Regenbögen wurden, wenn sie uns berührten. Eine traf mit großer Kraft meinen linken Fuß. Währenddessen bewegte sich meine Mutter wie ein Taucher, der immer mehr Ballast abwirft, nach oben und verschwand. Nie im Leben war ich dankbarer. Alles war den Belehrungen Buddhas gemäß geschehen, alles passte. Ihr Bewusstsein war nach drei Tagen ohne Körper aufgewacht und zu mir gekommen. Hier begegnete sie Karmapas Kraftkreis und war direkt in sein Reines Land geführt worden. Dasselbe war mit meinem mutigen Vater geschehen, der 1976 durch eine Gehirnblutung gestorben war. Ich konnte ihm eine der Karmapa-Mutterpillen in den Mund geben, die es damals noch gab. Später in meinen Meditationen erschien er immer als eine Säule von Licht. Beim nächsten Besuch in Rumtek hatte Karmapa mich plötzlich gefragt: “Wo ist dein Vater jetzt?” Ohne zu zögern antwortete ich: “Im Reinen Bereich der höchsten Freude.” Karmapa schaute kurz nach oben und sagte dann: “Das stimmt.” Auch hier traf mich eine Welle von grenzenlosem Glück.
    Viele kamen zur Beisetzung, und Björn und ich versprachen, was unsere Mutter am allerliebsten gehört hätte: mehr von unserer geschäftigen Zeit zusammen zu verbringen.

    Hannah, Björn und Ole Nydahl

    Maia hatte schnell ein paar Veranstaltungen im Zentrum auf die Beine gestellt, und nach Besuchen in Wien und Graz war ich kurz nach Neujahr 1986 wieder an der Westküste Amerikas. Dort hatten Gabi, Ulla und Deborah die Stellung gehalten. Die erste Tibetfahrt war inzwischen geplant, und ich flog weiter nach Hawaii, wo unsere Freundin Kiffer wartete. Sie zeigte mir Seiten der Natur, von denen ich nichts geahnt hatte. Bei Sonnenaufgang auf Maui leuchtete der größte Vulkankrater der Welt mit unglaublichen Farben und Formen. Kiffer hatte auch einen Vortrag auf Big Island vorbereitet. Auf dieser Insel gibt es ein kilometerbreites, ungefähr dreihundert Meter tiefes Loch voll siedend heißer, sich bewegender Lava. In jährlichen Abständen schießt sie hoch, wälzt sich die Bergseite hinunter ins Meer und vergrößert so

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