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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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hatten, saßen unsere höflichen Wirte vorne. Der erste Kurs in Graz hatte eine Woche gedauert, aber diesen musste ich nach fünf Tagen beenden: Alle hatten das Zeichen, und einige waren dabei, zu viele Löcher zu bekommen. Vor dem großen Fest der letzten Nacht spürte ich die Kraft des Langlebensgebets, das Sabine aus Hamburg für mich verfasst hatte. Ich stand wie unter Strom, als auf einmal das ganze Zelt aufsprang und es auf Polnisch sang.

    Über 500 Leute beim Phowa in Polen

    Am 10. August 1988 landeten wir in San Francisco. Der erste Kurs über das Bewusste Sterben in Amerika stand bevor, und unter den vierzehn Europäern befand sich unsere erste richtige Gruppe aus Frankfurt, einer schwierigen Stadt für Geistiges. Die Fahrt ging ohne Hast vom Flughafen zu den Militärbaracken auf Point Bonita. Es war wichtig, regelmäßig einen starken Segen in das Land zu bringen, und alles lief sehr gut. Obendrein geschah das, was mich am meisten erfreute: Amerikaner und Europäer wurden Freunde. Selbst der gesündeste Lehrer muss sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst sein, vor allem wenn er es vorzieht, mit über 220 km/h zu reisen. Auf dem Motorrad kann man seinen Schützern so sehr viel Arbeit aufhalsen. Mir war immer bewusst, dass der Mut und die Selbständigkeit, die meine Schüler entwickeln, auf Dauer wenig wert sind, wenn sie nicht auch unabhängig von mir über die Grenzen hinweg Freunde werden. Trotz gelegentlicher amerikanischer Klagen, dass ich jetzt von europäischen Mitreisenden so abgeschirmt wurde (das war nicht nur wegen einer neuen Krankheit wichtig), wurden die Bände langsam aber stetig tiefer. Freiheit und Sicherheit haben durch die nahe politische Zusammenarbeit über den Atlantik gewonnen, und auch der Buddhismus konnte daraus Nutzen ziehen. Erst wenn sich die Menschen kennen lernen, ergänzen sich ihre Kräfte.

    In den reinen Ländern

    Maia und die Gruppe kehrten nach Europa zurück, während Tomek und ich weiter nach Manila flogen. Nach siebzehn Stunden, siebzehn Bieren, vier Filmen und über hundert – leserlichen – Briefen und Karten landeten Tomek und ich auf den Philippinen. Die schöne Hannah wartete mit einem traumhaften Mercedes samt Fahrer, von dem wir zu dem prächtigen Haus einer Chinesin bei Manila gefahren und neben Jamgön Kongtrul Rinpoche an den Tisch gesetzt wurden. Dieser tropische Abend war frei, und wir tauschten die Neuigkeiten der wachsenden Kagyü-Welt aus. Erst jetzt waren die Chinesen auf Ayang Tulkus Verhalten aufmerksam geworden – mit der Hilfe von Jamgön Kongtrul Rinpoche. Als der Linienhalter, der am meisten mit Karmapa gereist war, kannte er dessen Wünsche sehr gut, und unsere Arbeit ergänzte sich einfach vollkommen, auch ohne Absprache. Das bewirkt Karmapas Kraftfeld, nicht nur auf der Ebene der Planung: Die Belehrungen, die Hannah für die Rinpoches übersetzt, tauchen oft von selbst in meinen Vorträgen auf. Die Verbindung arbeitet eben, ob man darauf achtet oder nicht.
    In Manila lebte die am wenigsten verstaubte exilchinesische Gemeinde Asiens, der wir bis dahin begegnet waren. Ich hielt ein paar Vorträge auf den Inseln, unter anderem in einem Jugendgefängnis und bei der Drogenpolizei. Wie in anderen warmen Ländern Asiens haben offensichtlich nur die Reichen das Bedürfnis nach einer übergeordneten Sicht der Welt. Für die allgemeine Bevölkerung – wenn nicht moslemisch besessen – ist alles gut und kommt von irgendeinem Gott. Sie können jedes philosophische oder religiöse Kamel seitwärts schlucken, was vor allem die Katholiken zur Verzweiflung bringt. Diese hätten sie liebend gern zum Glauben an wenigstens ein paar Dogmen geführt.
    Ein Tagesausflug durch das Land und ein Museumsbesuch waren sehr lehrreich. Zu den bleibenden Bestandteilen der Landeskultur hatte der Katholizismus offenbar die Sünde und das Leid beigesteuert. Hunderte von Bildern und Statuen gefolterter Heiliger sorgten für Stimmung und Gemütlichkeit, während die Japaner die Bevölkerung einfach während des Zweiten Weltkrieges abgeschlachtet hatten. Amerikas Beitrag bestand aus Coca Cola und einer Demokratie, die die Menschen nicht verstehen konnten.
    Ein Nachmittag auf Subic Bay, dem damals größten Militärstützpunkt Amerikas in Übersee, war beeindruckend; die Maschinerie war gut geschmiert. Dort brachten wir Jamgön Kongtrul Rinpoche das Schwimmen bei. Es dauerte nicht lange, er musste nur einmal zusehen. Als Tomek eines Tages von der großen Einkaufsstraße

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