Über Boxen
in die düstere Prophezeiung zusammen:
Nicht Burns galten die Schläge – der Nigger hat dich gefällt.
Gib acht – ich mag nicht mehr warnen – aber gib acht, mein Volk.
Denn wer weiß, ob nicht Weiße und Schwarze bald zeugen die neue Welt. 2
Als wollte Johnson noch Öl ins Feuer der sexuellen Befürchtungen der Weißen gießen, brachte der neue schwarze Schwergewichtschampion bei seiner triumphalen Rückkehr aus Australien eine weiße Frau mit, die er den Reportern als seine Ehefrau vorstellte. (Sie war es nicht.) Während seiner ganzen aufsehenerregenden Karriere sollte sich Johnson unverhohlen mit weißen Frauen zusammentun, von Prostituierten bis zu gut situierten verheirateten Frauen; insgesamt sollte er dreimal heiraten. Seine erste Frau Etta Duryea, die möglicherweise wegen Johnson ihren Ehemann verlassen hatte, wurde gesellschaftlich dermaßen geächtet, dass sie mehrere Selbstmordversuche unternahm, bis es ihr schließlich gelang, sich zu erschießen. Auch Johnsons andere Beziehungen waren in aller Munde und ähnlich stürmisch. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere als größter Schwergewichtsboxer seiner Zeit hatte Johnson die Ehre, von dem rechtschaffenen schwarzen Pädagogen und Sozialreformer Booker T. Washington verunglimpft zu werden, weil er durch sein Verhalten «die Farbigen dieses Landes in ein schlechtes Licht» rücke, und auf einer nationalen Gouverneurstagung verteufelten ihn der Gouverneur von North Carolina und andere Hitzköpfe und forderten, den Champion zu lynchen. «Sobald ein Neger Hand an den Leib einer weißen Frau legt, gibt es nur eine Strafe, und die muss rasch vollzogen werden.» (Seit 1900 waren in den Vereinigten Staaten fast siebenhundert Schwarze wegen angeblicher Sexualdelikte gelyncht worden.) Des Weiteren zeichnete sich Johnson dadurch aus, dass er 1913 zum Anlass für einen Gesetzesentwurf wurde, der in zahlreichen Staaten die «Rassenmischung» verbieten sollte; zu diesem Zeitpunkt waren Mischehen bereits in dreißig der sechsundvierzig Staaten verboten. (Kein einziger der Entwürfe von 1913 wurde als Gesetz verabschiedet, und vierundfünfzig Jahre später erklärte der Oberste Gerichtshof der USA alle derartigen Gesetze für verfassungswidrig.) Es sieht ganz so aus, als habe Jack Johnson, der berühmteste und gleichzeitig berüchtigtste Schwarze seiner Zeit, durch sein schlechtes Beispiel dafür gesorgt, dass die Karrieren seiner schwarzen Nachfolger fast fünf Jahrzehnte lang extrem unauffällig verliefen.
[Nachdem Johnson den Meisterschaftskampf gegen Jess Willard 1915 verloren hatte, gab es bis 1937 nur weiße Champions, dann errang der dreiundzwanzigjährige Joe Louis den Titel. Die gewieften (weißen) Manager von Joe Louis, der sein Debüt als Profiboxer 1934 gab, als die schmerzhafte Erinnerung an Jack Johnson noch im Gedächtnis des Publikums schwärte, erstellten für Louis eine Liste spezieller Regeln: Er durfte sich nie mit einer weißen Frau fotografieren lassen, er durfte nie allein in einen Nachtclub gehen, er durfte sich nicht auf «halbherzige» oder «manipulierte» Kämpfe einlassen, er durfte sich nie mit dem Sieg über einen Gegner brüsten, er musste «sauber leben und sauber kämpfen». «Der braune Bomber» Joe Louis, der als Schwergewicht vermutlich bedeutender war als Jack Johnson, mit Sicherheit aber die beeindruckendere Bilanz von Siegen über ernst zu nehmende Gegner aufzuweisen hatte, verkörperte für den amerikanischen Sport den Erfolg eines grandiosen Naturtalents, das von Marketingstrategien geformt und kontrolliert wurde. Obwohl Louis am Ende seiner Karriere gedemütigt und gebrochen war – er hatte Steuerschulden, sogar für zwei Börsen, die er in seiner Naivität Anfang der Vierzigerjahre für Kriegszwecke gespendet hatte, er war kokainabhängig und wurde von dem nicht ganz unbegründeten Verdacht geplagt, dass ihn das FBI beobachtete –, bleibt er bis heute im öffentlichen Gedächtnis eine mythische Gestalt, der «gute» amerikanische schwarze Schwergewichtschampion, der 1938 den «Nazi» Max Schmeling besiegte. Angesichts von Louis’ eigenem Leben, dem eines ausgebeuteten schwarzen Athleten, klingt es ironisch, aber trotzdem stimmt der Eintrag in der «Encyclopedia of Boxing» : Louis’ «mustergültiges Benehmen innerhalb und außerhalb des Rings hat das Ansehen der schwarzen Boxer ganz entscheidend gesteigert.»] *
Erst in den Sechzigerjahren, als der noch abschreckendere Sonny Liston und der dreiste,
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