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Über Boxen

Über Boxen

Titel: Über Boxen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates
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«Würdevolle Abgänge sind beim Profiboxen selten, aber nur wenige große Champions sind so erbärmlich ausgeschieden wie Muhammad Ali.»
    1981 zog sich Ali mit einer Liste von sechsundfünfzig Siegen und fünf Niederlagen zurück, diesmal für immer. Aber selbst als es mit seiner Karriere bergab ging, war er ein Symbol für den Kampfgeist und die Unerschütterlichkeit eines alternden Athleten und spielte auf der zeitgenössischen Weltbühne eine wichtige Rolle. (Ironischerweise sollte sein alter Gegner George Foreman als «gereifter» Boxer in den Ring zurückkehren und in einer späteren Epoche die Aufmerksamkeit und Zuneigung von Millionen Zuschauern auf sich ziehen.)
    Ali, der einstige Bilderstürmer, ist heute selbst zum Kultbild geworden.
    Die Zitate aus den Interviews und anderes in diesem Essay verwendete Material stammt aus «The Muhammad Ali Reader» , hrsg. von Gerald Early (1998); «In the Corner: Great Boxing Trainers Talk About Their Art» , hrsg. von Dave Anderson (1991) und «McIlvanney on Boxing» von Hugh McIlvanney (1982).

IM RING UND AUSSERHALB DES RINGES:
    JACK JOHNSON
    Mein Gott, ich wär lieber ein gefälschter Jemand als ein echter Niemand.
    Mike Tyson, «New York Times», Mai 2002
    Es war ein skandalöses amerikanisches Schauspiel von historischer Bedeutung, obwohl es im australischen Sydney stattfand. Es hatte alle Elemente einer Volksballade, allerdings arrangiert im beschwingten Tempo von Scott Joplin 1 . Es hätte eine Stummfilmkomödie sein können oder eine Chaplin-Posse, denn die Hauptdarsteller waren ein gerissener schwarzer Trickster und ein großmäuliger weißer, rassistischer Heldendarsteller: Der Herausforderer Jack Johnson und der Champion Tommy Burns kämpften im Dezember 1908 um den Weltmeistertitel im Schwergewicht. Obwohl die Arena von Rufen wie «Nigger» und «schwarzer Geck» widerhallte, vom «Hass von zwanzigtausend Weißen gegen alle Neger dieser Welt», wie das «Sydney Bulletin» berichtete, zeigte sich in diesem Kampf das verblüffende «systematische» Können des dreißigjährigen Johnson, der die flinken Füße und schnellen Hände eines Leichtgewichts hatte. Schauplatz dieser historischen Begegnung war Australien und nicht Nordamerika, denn der lange gemiedene schwarze Herausforderer hatte den weißen Champion buchstäblich bis ans Ende der Welt verfolgt – nach England, Irland, Frankreich und schließlich Australien –, bis dieser beschämenderweise gezwungen war, seinen Titel zu verteidigen. Das blutige Resultat des Kampfes, Johnsons Sieg über Burns in der vierzehnten Runde, die erste Niederlage, die ein Schwarzer einem Weißen in einem Schwergewichtstitelkampf zufügte, verursachte in Sportkreisen großes Erstaunen und löste offenbar auf mehreren Kontinenten eine rassistische Hysterie aus. Die Beurteilungen verbreiteten Katastrophenstimmung:
    Sind die Weißen am Ende? Zwingen uns nun die Rassen, die wir immer als unterlegen bezeichnet haben, sie noch entschiedener in die Schranken zu weisen, nur damit wir nicht einzeln oder alle zusammen vermöbelt werden?
    «Detroit Free Press», 1.1.1909
    Wenn der Schwergewichtschampion «der Mann ist, der jeden Scheißkerl auf Erden verhauen kann», wie es John L. Sullivan in seinem berühmten Spruch gesagt hat, was bedeutete dann der Aufstieg des gut aussehenden, eleganten «schwarzen Gecken» Jack Johnson für die Weißen? In seiner fesselnden neuen Johnson-Biografie beschreibt Geoffrey C. Ward, wie Jack London, damals der berühmteste amerikanische Romancier und angeblich ein leidenschaftlicher Sozialist, für den «New York Herald» über diesen Kampf in sensationslüsternen, rassistischen Worten berichtete und ein sportliches Ereignis in eine «einseitige Rassenprügelei» verwandelte, «die nach Rache schrie»:
    Es sei kein Boxkampf gewesen, sondern ein «armenisches Massaker» … ein «hoffnungsloses Gemetzel», in dem ein ausgelassener « äthiopischer Riese» mit Burns gespielt habe, als wäre dieser ein «unartiges Kind». Das seien «Donnerschläge gegen Schmetterlingsgeflatter» gewesen. London nahm weniger am Sieg des neuen Champions Anstoß – «Großes Lob für Johnson», schrieb er, er sei unbestreitbar «der Bessere» gewesen –, sondern an der merklichen Schadenfreude, mit der dieser dem glücklosen weißen Mann seinen Willen aufgezwungen habe: «Ein goldenes Lächeln sagt alles, und dieses goldene Lächeln kam von Johnson.»
    Der Dichter Henry Lawson fasst die kollektive Angst der Weißen

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