Über das Sterben
University of Massachusetts. Es beinhaltet eine Anleitung zur Meditation, die sich gut zum «Ausprobieren» eignet. Inzwischen gibt es auch im Internet hilfreiche Anleitungen, wie zum Beispiel die Website www.whatmeditationreallyis.com (voraussichtlich ab 2012 auch in einer deutschsprachigen Version).
Wieso könnte Meditation bei schwerer Krankheit helfen?
Menschen, die erfahren müssen, dass sie an einer lebensbedrohlichen Krankheit leiden, erleben einen radikalen Wechsel in ihrer Lebensperspektive. Alle langfristigen Pläne oder Ziele müssen aufgegeben oder verändert werden. Die Anpassung an eine schwere Krankheit beginnt in der Regel mit einerschmerzhaften Phase der Depression und der Verdrängung, bevor eine Akzeptanz der Krankheit möglich ist. Die Zeit ist begrenzt, und das Sterben wird zu einer konkreten Realität, mit der man klarkommen muss. Das stimmt zwar für jeden von uns, aber die meisten Menschen schieben die Konfrontation mit der Frage von Sterben und Tod so lange auf, bis es zu spät ist. Alle großen spirituellen Traditionen haben betont, wie wichtig es ist, den Tod in unser Leben zu integrieren. Ein besonders schönes und lesenswertes Beispiel ist
Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben
von Sogyal Rinpoche.[ 4 ]
Warum sollten Menschen mit schwerer Krankheit ihre wertvolle Zeit investieren für etwas so Zeitraubendes und Anstrengendes wie Meditation? Die Antwort ist, dass sie das nicht tun sollten, außer sie wollen es wirklich. Zu Beginn der Erkrankung suchen die meisten Menschen vor allem nach Möglichkeiten der Heilung oder wenigstens der Lebensverlängerung. Mit Fortschreiten der Erkrankung bemerken viele, dass sie, wie mir ein Patient sagte, «gleichzeitig zu wenig und zu viel Zeit haben». Zu wenig Zeit bis zum Tod, aber zu viel Zeit, weil die meisten Aktivitäten des täglichen Lebens wegen der Krankheit nicht mehr durchgeführt werden können. Der Verlust physischer Funktionen und der eigenen Unabhängigkeit führt oft zu Ärger und Frustration. Für die Meditation braucht man indes keine besonderen physischen Fähigkeiten. Was man braucht, sind ein intakter Geist, ein bisschen Zeit und ein fester Vorsatz.
Wie schon erwähnt, ist einer der zentralen Aspekte von Meditation das Loslassen oder «Nichtgreifen». Wir sind ständig dabei, an bestimmten angenehmen Aspekten unseres Lebens zu hängen, insbesondere wenn wir Gefahr laufen, sie zu verlieren. Meditation kann uns helfen, loszulassen und dieDinge so zu akzeptieren, wie sie sind. Das ist möglicherweise die schwierigste psychologische Aufgabe bei einer schweren Erkrankung, aber diejenigen Menschen, denen dies gelingt (egal, ob durch Meditation oder über andere Wege), werden mit einem Quantensprung in ihrer Lebensqualität belohnt.
Bei vielen lebensbedrohlichen Erkrankungen bleiben die intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten bis zum Tode erhalten. Das ist allerdings eine zweischneidige Angelegenheit. Intaktes Bewusstsein kann eine ständige Angst hinsichtlich des zukünftigen Verlaufs der Erkrankung mit sich bringen und schließlich die Entwicklung einer nihilistischen Haltung befördern («Niemand kann mir helfen»). Dies kann in Einzelfällen bis zur Bitte um Lebensverkürzung führen. Auf der anderen Seite können die intakten geistigen Fähigkeiten auch zum eigenen Wohle verwendet werden, um adäquate Strategien zur Krankheitsbewältigung zu entwickeln und damit die eigene Lebensqualität (und dadurch auch die der Angehörigen) für die verbleibende Lebenszeit zu erhöhen.
Ein bemerkenswertes Beispiel für eine solche Anpassung und für spirituelles Wachstum trotz oder gerade wegen einer schweren Erkrankung ist das Leben von Philip Simmons. Sein Buch
Learning to fall
[ 5 ] ist für alle Menschen mit unheilbaren Krankheiten und ihre Familienangehörigen sehr empfehlenswert. Philip Simmons kämpft sich durch seine ALS-Erkrankung und schafft es, auch mit Hilfe von Meditation, einen unglaublichen inneren Frieden und Akzeptanz zu erreichen. Dies zeigt sich in folgendem Zitat:
«Wenn wir unsere Vergänglichkeit akzeptieren, wenn wir unsere Anhaftung an den Dingen, so wie sie sind, loslassen, dann öffnen wir uns zur Gnade. Wenn wir ruhig sein können im Bewusstseinunseres Sterbens, wenn wir den Mut haben, sogar ins Gesicht eines Kindes zu schauen und zu sagen: ‹Diese Blume, auch sie wird welken und nicht mehr sein›, wenn wir die Nähe des Todes fühlen können und seine Berechtigung genau wie die Berechtigung der Geburt
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