Über das Sterben
einsehen, dann werden wir übergesiedelt sein zu jenem entfernten Ufer, wo der Tod uns keine Angst mehr machen kann, wo wir das Maß des Ewigen, das für uns in diesem Leben bereitsteht, erfahren können.»
Eine Warnung zum Schluss
Was bis jetzt gesagt wurde, soll nicht den Eindruck erwecken, dass Meditation der richtige Zugang für alle oder auch nur für die meisten Menschen mit schwerer Erkrankung sei. Welche Bewältigungsstrategie die «richtige» für einen bestimmten Patienten oder Angehörigen ist, kann man nicht von vornherein feststellen. Es muss ausprobiert werden. Fachkräfte im Gesundheitswesen können unterschiedliche Alternativen zeigen, die anderen Menschen in ähnlichen Situationen schon geholfen haben. Meditieren hat ohne Zweifel einigen Patienten sehr geholfen. Dieses Kapitel hatte keinen anderen Sinn, als Sie darüber zu informieren. Wenn Sie denken, dass das für Sie auch ein guter Weg sein könnte, probieren Sie es aus. Und wenn Sie möchten, schreiben Sie mir, um mir Ihre Erfahrungen (positive wie negative) zu berichten – das könnte vielleicht anderen Menschen in der Zukunft helfen.[ 6 ]
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Verhungern und verdursten? Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende und bei Patienten mit Demenz oder Wachkoma
Die Frage nach der Ernährung und Flüssigkeitsgabe in der letzten Lebensphase ist ein hochgradig emotional besetztes Thema. Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass eine der allerersten Bindungserfahrungen eines Menschen in der Regel über das Stillen von Hunger und Durst erfolgt und damit das Thema Ernährung an die Archetypen der menschlichen Existenz rührt. Die Stichworte «Verhungern» und «Verdursten» werden bisweilen wie Schreckgespenste an die Wand gemalt und verhindern nicht selten eine nüchterne Diskussion über die Vorteile und Nachteile einer künstlichen Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr in der Sterbephase. Dabei hat die Bundesärztekammer in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung schon 2004 zu Recht ausgeführt (und 2011 bestätigt): «Die Hilfe besteht in palliativmedizinischer Versorgung und damit auch in Beistand und Sorge für Basisbetreuung. Dazu gehören nicht immer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, da sie für Sterbende eine schwere Belastung darstellen können. Jedoch müssen Hunger und Durst als subjektive Empfindungen gestillt werden.»[ 1 ]
Ernährungs- und Flüssigkeitsmangel bei Gesunden und Sterbenden
Unsere Vorstellung vom Sterben unter Beendigung der Ernährungs- und Flüssigkeitszufuhr ist oft geprägt von Bildern und Informationen, welche vorrangig aus den Mangelregionen dieser Welt kommen. Die Folgen von Unterernährung und Flüssigkeitsmangel bei Gesunden sind in Tabelle 6.1 zusammengefasst.
Tabelle 6.1: Folgen von Unterernährung und Flüssigkeitsmangel bei Gesunden
Unterernährung
Flüssigkeitsmangel
– Abmagerung
– Trockene Haut
– Muskelschwund
– Durstgefühl
– Lebervergrößerung
– Mundtrockenheit
– Wassereinlagerung im Bauch wegen Eiweißmangel
– Verstopfung
– Puls- und Blutdruckabfall
– Schläfrigkeit
– Wundliegen
– Verwirrtheit, Agitiertheit
– Müdigkeit
– Delir
Diese angsteinflößende Zusammenstellung von Symptomen hat allerdings für das Lebensende keine Bedeutung. Hier geht es viel eher um die Frage: Leiden Sterbende unter quälendem Hunger- und Durstgefühl, wenn sie keine Nahrung und Flüssigkeit mehr zu sich nehmen können? Und muss, um dies zu verhindern, eine künstliche Zufuhr von Nahrung und Flüssigkeit in der Sterbephase erfolgen? Die Antwort ist in beiden Fällen: Nein.
In der letzten Lebensphase, insbesondere bei Hochbetagten, verbraucht der menschliche Körper mehr Energie, als er zugeführt bekommen kann (sogenannte «katabole Stoffwechsellage»), weil selbst «normale» Nahrungsmengen nicht mehr verarbeitet werden können. Daran kann auch hyperkalorische Ernährung nichts mehr ändern; daher ist Gewichtsverlust am Lebensende nicht zu vermeiden. Um das Gefühl von Hunger und Durst zu stillen, reichen demgegenüber kleinste Mengen an Nahrung und Flüssigkeit aus. In der eigentlichen Sterbephase haben Patienten in aller Regel keinen Hunger.
Das Durstgefühl am Lebensende hängt von der Trockenheit der Mundschleimhäute, aber
nicht von der Menge zugeführter Flüssigkeit
ab. Ursachen von Mundtrockenheit am Lebensende können unter anderem sein: Medikamente, Pilzinfektionen, lokale Bestrahlungen, Sauerstoffzufuhr oder Atmen durch den Mund. Daraus ergibt sich, dass Vorbeugung und Therapie
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