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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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Stadt.«
    »Wissen Sie, ob Herr Volkert allein verreist ist oder in Begleitung?«
    »Es tut mir leid, Herr Marder, über solche Dinge reden Volkert und ich nicht mehr, daher kann ich Ihnen keine definitive Antwort geben. Aber ich bin ziemlich sicher, dass er mit einer Frau unterwegs ist – wenn nicht, wäre das mal was Neues.«
    Da gibt es etwas, was sie mir nicht erzählen will, dachte Marder, aber das finde ich später heraus. Im Moment würden weitere Nachfragen meine vertrauensvolle Beziehung zu Frau Bistorf-Kuntze nur gefährden.
    Volkerts Wohnung lag in einer Straße, die im rechten Winkel auf die Weser zulief und zum ältesten Teil der Stadt gehörte. Die kleinen Häuser standen hier seit Jahrhunderten anein andergedrängt und warteten auf weitere Jahrhunderte. Es waren Gebäude aus Fachwerk, die den Kriegen und Stürmen getrotzt hatten oder so geschickt renoviert worden waren, dass sie nach authentischem Mittelalter aussahen.
    Die Wohnung war in einem schmalen Haus, das zwischen zwei anderen schmalen Häusern eingeklemmt war. Das Haus neigte sich im Erdgeschoss nach links, dafür im zweiten Stock nach rechts. Nur die erste Etage schien senkrecht zu stehen, was dem Gebäude unter Anlehnung an die Nachbarn seine Stabilität sicherte. Im Haus befanden sich zwei Wohnungen, eine im Erdgeschoss, die zweite umfasste den ersten und den zweiten Stock. Die obere Wohnung, vor allem die Räume im zweiten Stock, schien besonders für kleine Leute geeignet zu sein; die Wände liefen vom Fußboden direkt schräg zum Dachfirst. Zwischen den Fachwerkbalken waren winzige Fenster, die in noch winzigere Scheiben unterteilt waren. Dahinter musste es so düster sein, dass man auch tagsüber elektrisches Licht brauchte. Das Haus war im Jahr MDCXXIII erbaut worden – das stand jedenfalls in goldenen Zeichen auf dem Balken über der Eingangstür. Marder versuchte, sich an seine Lateinkenntnisse aus der Zeit im katholischen Gymnasium zu erinnern. Er beließ es dabei, dass das Haus ziemlich alt war. Auf einem Balken über dem ersten Stock stand in altdeutscher Schrift: Gott behüte alle Männer und alle treuen Frauen die hier ein und aus gehen. Von Männern erwartete man damals offensichtlich keine Treue. Volkert wohnte in der unteren Wohnung, vielleicht war er der Eigentümer des Hauses.
    Die Haustür war grün, von weißen Balken eingerahmt, vor dem Haus hatte jemand ein Damenfahrrad an einen Fahrradständer gekettet. Marder versuchte, durch eine angelaufene Fensterscheibe in das Innere der Wohnung zu blicken. Irgendjemand bewegte sich dahinter, aber Marder konnte nicht erkennen, ob es Volkert war, eventuell sogar Vera Matuschek. Er drückte auf den Klingelknopf. Eine Frau um die vierzig öffnete die Haustür. Es war nicht Vera, sondern eine Frau in einem Putzkittel, ein Tuch neckisch ums Haar geschlungen, in der Linken hielt sie einen Handbesen.
    »Ach«, entfuhr es ihr, während sich Enttäuschung auf ihrem Gesicht breit machte. »Ich dachte, Sie wären Herr Volkert.«
    Sie sprach mit einem Akzent. Osteuropa, dachte Marder, vermutlich Polen.
    »Nein«, antwortete Marder. »Es tut mir leid, dass ich nicht Herr Volkert bin, aber ich suche ihn. Können Sie mir sagen, wo ich ihn finde? Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen Auskünfte geben darf. Ich mache hier nur sauber.«
    Die Frau schien den Besucher nicht einordnen zu können und war ebenso misstrauisch wie zurückhaltend. Marder erklärte ihr, dass er ein Kollege von Herrn Volkert aus Stade sei und ihn dienstlich sprechen müsse. Unbewusst wollte er in seine Jackentasche greifen, um einen Ausweis herauszuholen, der ihn als Mitglied der Kriminalpolizei auswies. Gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass er nur noch ein Dokument hatte, das ihn als ehemaligen Kriminalbeamten und jetzigen Rentner auswies. Er verzögerte seine Bewegung und erklärte der Frau, dass er bereits im Büro der Polizei gewesen sei und die Kollegen ihn informiert hätten, dass Herr Volkert vermutlich zu Hause zu erreichen sei. Wie sie denn heiße, fragte er die Frau mit Autorität in der Stimme.
    »Ich heiße Olga Wahlberg«, stellte sie sich vor. Marder schloss aus ihrem ausgezeichneten Deutsch mit dem charmanten Tonfall, dass sie vor längerer Zeit in die Bundesrepublik gekommen war und vermutlich Herrn Wahlberg geheiratet hatte.
    »Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen«, fügte Frau Wahlberg hinzu, nun überzeugt, es mit einem seriösen Beamten zu tun zu haben. »Ich

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