Über den Fluß und in die Wälder
und wie er seinen großen Kopf trägt mit den feindlichen Augen.
«Sieht man jemals Wölfe außerhalb von Rawlins, Jackson?»
«Nein, Sir. Wölfe hat’s zu meiner Zeit nicht mehr gegeben; man hat sie mit Gift ausgerottet. Aber eine Menge Kojoten.»
«Können Sie Kojoten leiden?»
«Nachts mag ich sie gern hören.»
«Ich auch. Das mag ich lieber als sonst etwas, ausgenommen den Anblick von ‘nem Boot, das durchs Land hinsegelt.»
«Da ist gerade eines, Sir.»
«Auf dem Silekanal», sagte der Colonel zu ihm. «Das ist eine Segelbarke, die nach Venedig fährt. Der Wind hier kommt jetzt von den Bergen her, und sie hat ganz ordentlich Fahrt. Sicher wird es heute nacht richtig kalt werden, falls dieser Wind anhält, und er sollte eine Menge Enten hereintreiben. Biegen Sie hier links ab, und wir fahren am Kanal entlang. Das ist eine gute Straße.»
«Dort, wo ich her bin, war die Entenjagd nicht besonders, aber an der Platte in Nebraska war’s um so besser.»
«Wollen Sie dort, wo wir hinfahren, mit auf Jagd gehen?»
«Ich glaube nicht, Sir. Ich bin kein großer Jäger, ich bleib lieber in meinem Schlafsack. Es ist ein Sonntagmorgen, Sie verstehen das doch?»
«Ich verstehe», sagte der Colonel. «Wenn Sie wollen, können Sie bis Mittag in Ihrem Sack bleiben.»
«Ich hab meinen wasserdichten mitgenommen; ich müßte eigentlich ganz gut schlafen.»
«Ich weiß nicht, ob Sie den brauchen werden», sagte der Colonel. «Haben Sie K-Rationen oder die ‹Zehn in Eins› mitgebracht? Wissen Sie, kann sein, daß die da italienische Kost essen.»
«Ich hab ein paar Büchsen für den Notfall mitgenommen und ein bißchen was zum Verschenken.»
«Gut so», sagte der Colonel.
Er sah jetzt in die Weite, geradeaus, um festzustellen, wo die Kanalstraße wieder auf die Chaussee einmündete. Von dort, das wußte er, würde er es an einem klaren Tag, wie dies einer war, sehen.
Jenseits der Sümpfe, die so braun sind wie die an der Mündung des Mississippi bei Pilot Town im Winter und deren Binsen sich unter dem Nordwind bogen, sah er den kantigen Turm der Kirche von Torcello und den hohen Campanile von Burano dahinter. Das Wasser war schieferblau, und er konnte die Segel von zwölf Lastbarken sehen, die vor dem Wind nach Venedig liefen.
Ich muß warten, bis wir die Dese oberhalb von Noghera überqueren, um es richtig zu sehen, dachte er. Es ist sonderbar, sich daran zu erinnern, daß wir in jenem Winter dort hinten am Kanal kämpften, um es zu verteidigen, und wir es niemals gesehen haben. Dann einmal, als ich weit hinten auf der Höhe von Noghera war – es war kalt und klar wie heute –, sah ich es über dem Wasser. Aber ich bin niemals hineingekommen. Dennoch ist es meine Stadt, weil ich für sie gekämpft habe, als ich jung war, und jetzt, wo ich ein halbes Jahrhundert alt bin, weiß man, daß ich dafür gekämpft habe und Mitinhaber bin, und behandelt mich gut.
Glaubst du, es ist deswegen, daß sie dich gut behandeln? fragte er sich.
Vielleicht, dachte er. Vielleicht behandelt man mich auch gut, weil ich ein feiger Colonel auf Seiten der Sieger bin. Doch das glaube ich nicht. Jedenfalls will ich das nicht hoffen. Es ist nicht Frankreich, dachte er.
Dort erkämpft man sich den Zugang in eine Stadt, die man liebt, und bemüht sich nach Kräften, ja nichts zu zerstören, und dann, wenn man gesunden Menschenverstand hat, hütet man sich, je wieder hinzukommen, weil man irgendwelche Stammtischstrategen treffen wird, die es einem verübeln, daß man sich den Zugang hinein erkämpft hat. Vive la France et les pommes de terre frites. Liberté, Venalité et Stupidité. Die große clarte ihres militärischen Denkens. Seit du Picq haben sie keinen Strategen gehabt. Das war auch ein armer, lausiger Colonel. Mangin, Maginot und Gamelin. Sie haben die Wahl, meine Herren! Drei verschiedene Schulen. Die erste: Ich gebe ihm eins auf die Schnauze. Der zweite: Ich versteck mich hinter dem Ding da, was meine linke Flanke nicht deckt. Die dritte: Ich steck meinen Kopf in den Sand wie ein Vogel Strauß im Vertrauen auf Frankreichs Größe als Militärmacht, und dann setz ich mich ab.
Absetzen ist sehr säuberlich und vornehm ausgedrückt. Wahrscheinlich ist man aber ungerecht, wenn man zu sehr vereinfacht. Denk an all die großartigen Leute in der Widerstandsbewegung. Denk daran, wie Foch sowohl gekämpft wie organisiert hat, und denk daran, wie großartig das Volk war. Denk an deine guten Freunde und denk an deine Toten. Denk an
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