Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
und Mario Barth. Egal, wenn eine ihm beibringen kann, dass er zu seinem eigenen Wohl besser etwas Begeisterung zeigen sollte, ist es auf jeden Fall unsere energische Toni.
Wenn alles glatt geht, trifft Vice in zwei Wochen bei uns ein«, sagt Moira lässig. Wir starren sie überrascht an. Sie macht eine abwehrende Handbewegung. »Oh, das war ganz einfach. Glamour, Adel und die Aussicht auf neue Publicity – er konnte gar nicht widerstehen.«
»Gut«, sagt Colin. »Dann frage ich Christopher, ob er an dem Wochenende Zeit hat, hier mal mit einem Fotografen vorbeizuschauen. Er nimmt es mit dem Berufsethos nicht so genau. Christopher vertritt den Grundsatz: Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte. Wir brauchen uns also nicht groß verstellen, sondern können ihm gleich reinen Wein einschenken. Dann bleibt uns noch das kommende Wochenende, um so viel Krempel wie möglich aufzutreiben, Louisa.« Er klingt schon wieder so gleichmütig, als sei es ihm total egal, ob ich mitkäme oder nicht. Vermutlich wäre ihm sogar egal, ob ich lebe oder stürbe. Das fällt sogar Moira und Juli auf. Neugierig sehen sie uns an. Sehnsüchtig denke ich noch einmal an unser erstes fröhliches Gespräch auf dem Dach.
N achdem Colin abgereist ist, fühle ich mich wieder etwas wohler in meiner Haut. Und ich versuche so krampfhaft, nicht an das kommende Wochenende zu denken, dass ich an nichts anderes mehr denken kann. Deswegen gehe ich während der Woche ohne Colin pausenlos den anderen auf die Nerven, weil ich ablenkungswütig und ungewohnt unternehmenslustig bin. Während sie nach einem letzten Drink im Cottage oder im Schloss am liebsten erschöpft
ins Bett fallen würden, versuche ich sie so lange wie möglich davon abzuhalten. Es ist so nervtötend, allein, erschöpft und wach stundenlang im Dunklen rumzuliegen. Aber nach ausgiebigen Putzorgien, Küchenexperimenten und vielen aufs Blatt gekritzelten und wieder verworfenen Skizzen der Gästezimmer ist nicht mehr viel aus meinen Freunden rauszuholen.
»Es wäre doch vielleicht ganz gut, die Dorfbewohner hinter sich zu wissen und sich mal bei denen blicken zu lassen? «, frage ich schließlich heuchlerisch. Leider fällt mir dieses unschlagbare Argument erst in meiner allergrößten Verzweiflung ein – am Freitag, einen Tag vor Colins Rückkehr.
Henry blickt nachdenklich drein. Dann erhebt er sich mühsam. »Ach, was soll’s. Ich war eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr an dem Tresen. Und ich könnte ganz gut ein Bier und einen kleinen Whiskey vertragen. Schlafen wir morgen halt ein wenig aus.«
Ich verkneife mir, den alten Knaben daran zu erinnern, dass Colin uns am nächsten Morgen ganz früh abholen wollte, um uns über die Märkte zu schleifen.
Als der wackere Rest von uns – Peter, Violet, mein Vater und Teresa haben sich erschöpft verabschiedet – den Pub erreicht, ist der besser gefüllt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Wohnen wohl doch mehr Menschen hier, als ich dachte. Unser merkwürdiger Trupp bringt die Gespräche für einen kurzen Moment zum Verstummen. Besonders Frederick und Nellie erstarren in ihrer Bewegung. Dann tun sie so, als hätten sie uns gar nicht gesehen. Darüber bin ich ganz froh. Frederick weiß ja noch gar nicht, dass er aufgeflogen ist. Es hätte also gut sein können, dass er unbefangen auf mich zugeht, um mit mir zu plaudern. Ich vermute,
dass Moiras und Henrys Anwesenheit ihn davon abhält. Gut so, ich kann jetzt keinen Stress gebrauchen. Henry geht hinüber zum Tresen, um für uns alle Bier zu ordern, und kehrt so schnell nicht wieder.
»Erst mal losgelassen, ist er nicht mehr zu bremsen.« Moira lacht und guckt ihren Bruder liebevoll an.
Der frischt anscheinend gerade alte Freundschaften auf. Mit weit ausholender Geste erzählt er Ian und Ronin und den beiden rundlichen, sympathisch aussehenden Frauen, die sicher die Ehefrauen sind, eine Geschichte. Dabei verschüttet er jede Menge Bier. Ich würde sagen, das Eis ist gebrochen. Nach und nach gesellen sich ein paar der Gäste zu uns, um uns zu fragen, wo wir herkämen und was wir vorhätten. Und als Seamus mit einer Geige unterm Arm den Raum betritt, ist das der Beginn einer wunderschönen Party. Plötzlich hat auch Ronin eine Gitarre geschultert, die ich vorher gar nicht gesehen habe. Reihum stimmen alle ein Lied an. Es ist fantastisch. So ... irisch!
»Na, Tanja«, sage ich. »Du hast dir mit dem Sängerfest echt die leichteste Aufgabe ausgesucht.
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