Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
gemischte Gemüsestreifen im Backteig mit Joghurtsoße für die Vegetarier anbieten.«
»Tanja, es geht hier nicht um Selbstverwirklichung«, zischt Juli ihr zu. »Wir sind hier in einem Land, wo tagelang geschmorte Fleischeintöpfe als Delikatesse gelten. Da können wir uns doch ein wenig anpassen. Außerdem bist du doch gar keine Vegetarierin.«
»Ich nicht, die anderen vielleicht auch nicht und ein Großteil der fettsüchtigen Iren wohl auch nicht, aber schließlich wollen wir ja Leute aus möglichst vielen Teilen der Welt anlocken, oder?« Sie hat jetzt deutsch gesprochen. Ihre Augen funkeln kämpferisch. Und wenn die sanfte Tanja einmal in kämpferischer Stimmung ist, wird nichts und niemand ihre Meinung ändern. Schüchterne Menschen können bisweilen sehr dominant sein.
»Was hat sie gesagt?«, will Moira leise von mir wissen, während sich Tanja und Juli immer noch auf Deutsch beharken. Ich übersetze kurz das Wichtigste, lasse aber die »fettsüchtigen Iren« weg.
»Herrje, ihr Deutschen. Besessen von Mülltrennung und gesunder Ernähung. Wie langweilig. Dann sollen die Jungs halt einen Haufen Paprika und Blumenkohl besorgen und Tanja erzählen, es stamme aus biologischem Anbau. Ist doch gar nicht so schlecht, wenn wir außer Fisch, Chips und kalten Getränken noch etwas Gemüse im Angebot haben.« Moira lächelt dabei Tanja freundlich zu. Die hat nicht zugehört, spricht nun aber höflich wieder englisch.
»Was habt ihr gesagt?«
»Moira meinte gerade, sie findet deine Idee absolut großartig.
Wir werden nur Gemüse aus biologischem Anbau verwenden und Fisch, der korrekt gefangen wurde, ohne dass Delfine dran glauben mussten. Super-Marketing-Strategie, finden wir.«
Tanja wirft Juli einen überlegenen Blick zu, die daraufhin nur die Augen verdreht.
»Haben die Frauen alles geklärt? An der handwerklichen Front gibt es jetzt nämlich auch eine Einigung«, ruft Colin uns zu und grinst schon wieder. Auch die Mundwinkel meines Vaters zucken.
»Sehr schön«, sagt die immer um Harmonie bemühte Tanja leise. »Und wie soll der Raum nun aussehen?«
»Wir werden hier rund um den Tresen ein paar bequeme Sitzgelegenheiten aufstellen, und kleine Tische und Stühle passen auch noch rein. Dann können sich hier bei schlechtem Wetter gleich mehrere Leute aufhalten. Die Wände streichen wir in Bordeauxrot und verzieren sie mit einer Art Bordüre aus kräftig grünen Kleeblättern. Von außen lassen wir die Hütte, wie sie ist. Schlichtes, rustikales Holz«, sagt Peter und guckt beifallheischend in unsere Runde. Wir heucheln Begeisterung – ich meine, es gäbe echt Schlimmeres. Henry lehnt gespielt um Luft ringend an der Wand, kann sich aber offenbar mit diesem Vorschlag arrangieren.
Moira sieht plötzlich zweifelnd drein. »Wisst ihr, was wir noch gar nicht bedacht haben? Louisas Freunde wollen in zwei Wochen nach Deutschland zurück, und viel länger wird Louisa auch nicht mehr bleiben. Die zupackenden Hände werden uns fehlen. Wie viele Leute müssten wir wohl einstellen, damit der Laden läuft? Und wie bezahlen wir die? Alles, was im Haus stattfinden soll – also Teehaus,
Souvenir-Verkauf und Führungen –, würden wir wohl irgendwie hinbekommen. Aber dann noch diese Bude?«
Mein Vater und Peter sehen sich verschwörerisch an. Irgendwas haben die beiden ausgeheckt. Zögernd erklärt Peter: »Gerhard hat mir angeboten, hierzubleiben, so lange ich möchte. Und weil meine Philosophische Praxis derzeit nicht so gut läuft …«
Juli und ich grinsen einander boshaft zu.
»… dachte ich, ich könnte mich hier nützlich machen und mich derweil mit Gerhard der Fritteuse annehmen. Dann könnten wir auch vor der Eröffnung ein paar Testdurchläufe mit den Anwohnern starten, um zu sehen, wie unser Essen ankommt.« Nun sieht er etwas verunsichert mit hängenden Schultern und Händen in den Taschen zu Henry.
»Soll das eine Drohung sein?«, knurrt Henry, wirft aber schnell ein aufmunterndes Lächeln hinterher, als er Peters unglückliche Miene sieht.
»Ich verlange doch nur Kost und Logis – es sei denn, der Laden fängt richtig an zu brummen und wirft ordentlich Gewinn ab. Aber bis dahin habe ich ein bisschen Geld auf der hohen Kante, das müsste vorerst reichen.«
»Ist ja schon gut. Wir behalten dich gerne hier«, sagt Moira und lacht.
»Und einen Monat könnte ich auch noch bleiben«, biete ich an. »Wenn ich auch bei dir wohnen darf, Papa?«
»Bleib so lange du willst.« Er strahlt übers ganze Gesicht.
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