Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
wenn sie mir direkt vor die Füße geworfen wird.
»Wann könnte ich denn anfangen?«
»Nächste Woche genaugenommen. Ja, ist echt kurzfristig.
Weiß ich. Es gab aber schon jemanden für die Stelle, weil niemand auf das Naheliegende gekommen ist: auf dich! Die Frau ist aber auch schwanger geworden und war so fair, das zu sagen, bevor sie den Vertrag unterschrieben hat.«
Ach, verdammt. Das bedeutet: Ich muss mich entscheiden – und zwar schnell. Eigentlich habe ich gar keine Wahl. So eine Chance bekomme ich so schnell nicht wieder. Der Arbeitsmarkt sieht verdammt flau aus. Die Verlage feuern eher, als dass sie einstellen. Ich muss zugreifen. Und ich muss es irgendwie Colin beibringen, dass unsere schöne Zeit vorbei ist. Eine Fernbeziehung Dublin – Hamburg? Das würde niemals klappen. Ich würde mir die ganze Zeit Gedanken machen, was er in meiner Abwesenheit so alles treibt.
»Ich komme!«, sage ich bestimmt, und mir wird schlecht.
»Und dieser Colin, von dem Juli und Tanja immer erzählen? «, fragt Toni neugierig. War ja klar, dass sie längst die ganze Geschichte kennt.
»Der wird sehr gut ohne mich klarkommen.« Besser als ich ohne ihn, denke ich. Aber besser, wir trennen uns jetzt, als dass er mir irgendwann wegen irgendeiner blöden Studentin das Herz herausreißt. Martins Betrug hatte ja im Nachhinein zumindest noch eine absurd erheiternde Komponente. Colin würde mich sicher mit mehr Geschmack betrügen – und das wäre noch viel schmerzhafter.
»Endlich mal eine, die vernünftig ist. Diese Scheißkerle werden doch echt überbewertet. Lass dich künstlich befruchten, wenn deine Uhr tickt, aber häng niemals dein Schicksal an einen Mann.« Toni kichert.
Ich falle gequält ein.
Das war’s also, denke ich. Aber es wäre doch zu schön gewesen, die Zuckermann-Frage vorher noch geklärt zu
haben. Die habe ich ein wenig aus den Augen verloren. Ob ich Violet einfach darauf ansprechen sollte? Aber die alte Dame hat in letzter Zeit genug Aufregungen gehabt, da muss ich nicht auch noch an ihren längst vergangenen Liebschaften rühren. Und wenn mir so auch keine literaturwissenschaftliche Sensation gelungen ist, so hatte ich teil an etwas wirklich Schönem mit echten, lebenden Menschen. Per Telefon buche ich einen Flug für übermorgen. Jetzt noch mit mir selbst um jeden Tag zu feilschen, brächte niemanden weiter. Weil ich viel Aufhebens vermeiden möchte, erzähle ich auch niemandem von meiner Abreise. Am letzten Tag gehe ich zu jedem Einzelnen, um mich kurz zu verabschieden. Peter bekommt eine feste Umarmung. »Es war schön, dich auch mal als Mann der Tat kennengelernt zu haben«, sage ich zum Abschied.
Peter schaut mich mit mild-weiser Miene an. Ich schätze, von mir wird ihm der Abschied leichter fallen als von Juli und Tanja. Ich kann mich leider viel seltener als die beiden zurückhalten, ihn wegen seines philosophischen Getues aufzuziehen.
Aber Peter drückt mich fest an sich und raunt mir zu: »Wenn wir Abschied nehmen, wird unsere Neigung zu dem, was wir schätzen, immer noch etwas wärmer.«
Ach verdammt! Ich liebe euch auch alle!
Mein Vater wird die letzte Nacht mit mir im Cottage verbringen, um mich morgens zum Flughafen zu fahren. Deswegen müssen er und ich zum Glück nicht jetzt schon durchdrehen. Dafür umarmt Teresa mich so fest, dass ich ein klein wenig erstarre. »Ganz viel Erfolg wünsche ich dir.«
Ich tätschele ihr die Schulter und murmele verlegen ein paar Dankesworte. Bei Henry und Violet komme ich auch
mit einer liebevollen Umarmung und vielen Glückwünschen davon. Moira hingegen seufzt schwer: »Wie schade, wie schade. Ich dachte, wenn sich hier alles beruhigt hat, können wir regelmäßig zum Bingo gehen. Aber wenn du den Trubel der Großstadt brauchst.«
Ich haue ihr lachend vorsichtig gegen die Schulter. Sie ist und bleibt eben ein altes Raubein unter ebenmäßig-zarter Haut.
»Was sagt denn Colin zu der ganzen Geschichte? Wir werden dich doch jetzt wohl regelmäßig sehen?«, fragt sie und sieht mich eindringlich an.
Ich schaue zu Boden.
»Er weiß es noch gar nicht«, mutmaßt sie ganz richtig. »Verdammt, Louisa, das ist aber nicht die feine Art. Wie soll er denn damit klarkommen, dass immer wieder Leute, an denen sein Herz hängt, ohne Vorwarnung verschwinden?«
Mist, und schon habe ich wieder Tränen in den Augen. Ich möchte nicht, dass Moira schlecht von mir denkt. »Ach, Moira, mir fehlt einfach der Mut.«
»Der Mut zu was denn?«
»Na ja, um
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