Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
Autoren: Jana Seidel
Vom Netzwerk:
nicht zu lange, sonst zerplatzen sie in der Hitze. Seit wir das wissen, können wir jede Menge 1-a-Backteig-Schokoriegel kredenzen. Ha! So stolz war ich nicht mal, als ich den Job bei der Tageszeitung bekommen habe. Ein Imbiss ist definitiv die größere Herausforderung. Die Gesamtstimmung mag fröhlich und ausgelassen wirken, aber wir Tresenkräfte können doch nicht anders, als in äußerster Anspannung auf das Urteil der Gäste zu harren. Nach dem ersten übervorsichtigen Bissen fasst sich Seamus an die Kehle und reißt entsetzt die Augen auf. Mir bleibt die Luft weg.
    »Grauenhaft«, sagt er ganz ernsthaft.
    Ians Frau knufft ihn in die Seite. »Blödsinn«, sagt sie. »Die sind gut. Und wir sind froh, dass wir nicht mehr kilometerweit fahren müssen, um so etwas zu bekommen.«
    Seamus gibt sich lachend geschlagen. »Ist ja wahr! Aber der war gut, oder?«, ruft er und steckt sich gleichzeitig ein Fisch- und ein Schokoteilchen in den Mund. Wieso nur habe ich manchmal diesen tiefen Drang zu töten?
    Lange kann ich mich nicht über ihn ärgern. Dafür sorgt die aufrichtige Begeisterung der Essenden, denen Teresa nun noch ein paar ihrer Schlosscafé-Törtchen auftischt. Und dann wird dies endgültig zu einem unvergesslich perfekten
Nachmittag: Wie aus dem Nichts stehen Violet und Moira mit einem noch etwas geschwächten Henry vor uns. Ich stürze mich auf sie und falle ihm um den Hals – wie es alle von uns tun, sobald sie das Trio in dem Trubel entdeckt haben.
    »Na, Mädels, so lange war ich doch gar nicht weg«, murmelt Henry gerührt. Ich suche ihnen einen freien Platz an einem der Tische und hole für die Neuankömmlinge eine Auswahl unserer gesammelten Meisterwerke.
    Hastig greift Violet zu und verschlingt ungewohnt unziemlich ein riesiges Stück Fisch. »Ich habe die ganze Zeit nichts herunterbekommen«, sagt sie stöhnend.
    »Ich auch nicht«, sagt Moira und langt ebenfalls kräftig zu. Nur dem armen Henry hauen die beiden Frauen auf die Finger, als er sich etwas nehmen möchte.
    »Aua!«, schreit er empört.
    »Du hast gehört, was der Arzt über fettige Speisen gesagt hat.« Hui, so einen dominanten Tonfall habe ich von Violet noch gar nicht gehört.
    »Ihr spinnt doch«, grummelt Henry.
    »Na gut, du würdest es ja sonst doch heimlich tun«, seufzt Moira. Sie schneidet von jedem Teilchen ein kleines Stück ab. »Für dich, zum Probieren.«
    »Und wie soll ich das runterspülen? Vielleicht mit Wasser? « Er sieht missmutig rein.
    Moira grinst. »Nein, natürlich nicht, das wäre ja unwürdig. Louisa, bringst du uns ein halbes Gläschen Bier und ein großes Glas Wasser?«
    Ich hole schnell die Getränke. Henry sieht immer noch wütend die beiden Frauen an, die mit gesundem Appetit reinhauen.

    »Guck mal«, sage ich. »Ich weiß nicht, ob es dir ein Trost ist, aber Teresa hat für dich noch etwas Fisch und Gemüse ohne Fett gegrillt.« Der kleine Grill war eigentlich für die Bratwürste gedacht, die wir anbieten wollten, aber Teresa war so geistesgegenwärtig, ihn schnell für gesundes Futter zweckzuentfremden.
    Henry verdreht die Augen, zwinkert mir aber dabei zu.
    »Ist übrigens großartig geworden«, sagt er verlegen.
    »Ja, wir haben eben schon gesagt, dass wir uns ganz schlecht fühlen, dass ihr das hier fast alleine auf die Beine stellen musstet.« Moira hält beim Essen inne und schaut uns eindringlich an.
    »Quatsch«, sagt mein Vater, der sich neben Henry auf einen Stuhl hat fallen lassen. »Die Kinder hatten einen Heidenspaß – und wir auch.« Er zieht Teresa an sich und gibt ihr einen Kuss.
    Moira, Violet und Henry betrachten verdutzt das Schauspiel, sehen einander an und klopfen dann lachend auf den Tisch.
    »Da ist man nur mal drei Tage abwesend . . .«, sagt Moira.
    »Wie schön. Wir freuen uns für euch!« Violet strahlt übers ganze Gesicht. Sie ist und bleibt die zarte Romantikerin in der Runde – solange sie satt ist und nicht auf einen kranken Mann aufpassen muss. Als niemand mehr einen Bissen hinunterbringen kann, beschließen wir, dass wir uns eine echte Pause verdient haben. Wir nehmen uns für den Rest des Tages frei, greifen uns ein Bier und feiern mit ein paar übrig gebliebenen Dorfbewohnern. Wir feiern Henrys Rückkehr, den kleinen Imbiss und dass das Leben manchmal so schön ist, dass man es fast nicht aushalten kann. In meiner Glückseligkeit
lasse ich sogar zu, dass Colin gelegentlich unterm Tisch meine Hand ergreift. Ich brauche das in Wahrheit ja auch genauso wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher