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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Freeman
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Uljana, die neben ihm gesessen und sich die Hand und sechs Rippen gebrochen hatte. Das war der Anfang vom Ende gewesen.
    Viktor starrte das Foto an. Ihre Mutter war schon leidlich hübsch gewesen, aber seine Mädchen waren richtige Schönheiten geworden. Sie haben meine Gesichtszüge, meine dunklen Haare , dachte er voller Stolz.
    Na, na. Jetzt wurde er sentimental. Er dachte an Lena und wie schäbig er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Zum ersten Mal konnte er nachvollziehen, wie sie sich gefühlt haben musste, nun da er seinerseits verlassen worden war.
Aber Uljana hatte ihm wenigstens einen Zettel geschrieben. Viktor hatte Lena zweimal verlassen, ohne ein Wort, ohne eine Erklärung. Und dann hatte er sie an diesen geheimnisvollen Amerikaner verkauft, der viel zu ernst und pathetisch geklungen hatte für einen »alten Freund«.
    »Mr. Tschernow«, hatte Creedy gesagt, nachdem ihm Viktor die letzte Telefonnummer diktiert hatte, »Sie haben einen todkranken Mann sehr glücklich gemacht.«
    Viktor hatte nicht weiter nachgefragt.
    Nun, wenigstens hatten Nataljas Adresse und Telefonnummer nicht mehr gestimmt. Und wer weiß, vielleicht waren Lena und Sofi ja auch längst umgezogen. Gut möglich, dass dieser Creedy keine von ihnen finden würde.
    Und doch wurde er das Gefühl nicht los, eine schwere Schuld auf sich geladen zu haben. Vor allem was Lena anging.
     
    Lena leerte wie üblich den Briefkasten, ehe sie sich morgens auf den Weg zur Arbeit machte - zu Fuß, denn Sam hatte zusammen mit den Kindern auch das Auto übernommen. Bislang war das Wetter schön und mild gewesen, doch ihr graute schon vor dem Herbst und dem Winter.
    Sie hatte Post bekommen, an ihre alte Anschrift. Wendy hatte die alte Adresse durchgestrichen und fein säuberlich die neue danebengeschrieben. Das machte sie immer, statt telefonisch Bescheid zu geben. Damit Lena ihre Post nur ja nicht persönlich abholen und bei dieser Gelegenheit womöglich die Kinder zu Gesicht bekommen konnte. Im Augenblick sah Lena die Zwillinge ganze vier Tage pro Monat, genau wie Sam früher. An Schultagen konnten sie selbstverständlich nicht bei ihr übernachten, und sie verstand auch, dass Sam zumindest jedes zweite Wochenende
mit ihnen verbringen wollte, aber vier Tage waren einfach nicht genug. Die Vertrautheit zwischen ihnen schwand dahin. Ihre eigenen Kinder wurden ihr fremd.
    Als Anna und Matthew vor elf Jahren zur Welt gekommen waren, hätte sich Lena niemals träumen lassen, dass sie es einmal so lange ohne ihre Kinder aushalten würde. Inzwischen hatte sie sich irgendwie damit abgefunden.
    Sie drehte den Umschlag um. Kein Absender. Neugierig öffnete sie ihn. Ein einziges Blatt, und darauf ein paar Zeilen, verfasst in stümperhaftem Englisch.
    Lena. Was ich dir getan habe, ist falsch. Es tut mir leid. Vergibst du mir? Hier meine Nummer, wenn du reden willst. Viktor, dein Papa.
    Lena wusste nicht, was sie davon halten sollte. Er entschuldigte sich, wollte mit ihr reden? Da war doch etwas faul. Bestimmt wollte er sich nur wieder in ihr Leben drängen, um Natalja anzubetteln. Sie zerknüllte den Brief und warf ihn auf die Anrichte, wollte gerade dasselbe mit dem Umschlag tun, als ihr auffiel, dass er noch etwas enthielt.
    Er hatte ein altes Schwarz-Weiß-Foto beigelegt. Papa als junger Mann, mit zwei kleinen Mädchen. Natalja, etwa vier und hochgeschossen, stand stolz neben ihm; Lena, noch ein speckiges Kleinkind, hielt sich im Hintergrund, hatte sichtlich Angst vor dem Fotografen. Wollte er wirklich eine Versöhnung, oder war das nur ein weiterer grausamer Versuch, sie zu manipulieren?
    Behutsam legte sie das Bild beiseite. Sie war schon spät dran.
    Der Tag zog sich endlos hin. Mittags wäre sie beinahe nach Hause geeilt, um ihn anzurufen. Sie ließ es bleiben, schalt sich selbst eine Närrin. Dachte an das Foto, daran, wie beiläufig er den Arm um ihre Taille geschlungen, wie
sie sich an seinen Ärmel geklammert hatte. Sie war unkonzentriert und vergaß, einem Jungen eine Windel anzuziehen, sodass er auf den Hosenanzug seiner Mutter pinkelte, als sie ihn abholte. Endlich hatte sie Feierabend und konnte zu ihrem Dilemma zurückkehren.
    Sie strich den Brief glatt, legte ihn auf den Couchtisch, mit einer Weinflasche als Briefbeschwerer. Dann begann sie zu trinken.
    Gegen neun hatte sie das Gefühl, etwas essen zu müssen, also wärmte sie sich in der Mikrowelle ein paar Fischstäbchen.
    Gegen zehn war die Flasche leer. Lena öffnete eine zweite.
    Um elf ging

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