Ueber den Himmel hinaus - Roman
hat?«
Sofi unterdrückte den Impuls, einen Blick über die Schulter zu werfen, ob ihnen auch niemand zuhörte. Es war ein beunruhigendes Gefühl, seinen Namen zu hören. Sie redeten so gut wie nie über ihren Betrug an Roy Creedy,
als hätten sie die Erinnerung an ihn auf dem Weg nach England im Meer versenkt.
Natalja lachte. »Nun schau doch nicht so besorgt, Sofi.«
»Du solltest dich nicht über ihn lustig machen«, sagte Lena. »Du hast sein Auto gestohlen.«
» Wir haben es gestohlen«, korrigierte Sofi. »Wir waren alle beteiligt, nicht nur Natalja. Aber du hast recht, wir sollten uns nicht über ihn lustig machen. Ich will nicht einmal über ihn reden.«
»Ihm verdanken wir, dass wir hier sind«, bemerkte Lena.
Natalja verdrehte die Augen. »Und dass du ungewollt schwanger bist und ich mich zum Narren gemacht habe, als ich die Chance meines Lebens bekam. Herzlichen Dank auch.«
»Hört auf, Trübsal zu blasen«, sagte Sofi. »In ein paar Jahren ist Natalja bestimmt eine berühmte Schauspielerin und Lena die Frau eines Popstars, und wenn ihr über den roten Teppich lauft, dann tragt ihr meinen Schmuck.«
»Die Geschichte gefällt mir.« Natalja ließ sich in die Kissen sinken. »Fang doch noch mal von vorne an.«
KAPITEL 13
Natalja machte gerade Sit-ups vor dem Fernseher, als es an der Tür klopfte. Sie hatte angefangen, jeden Morgen eine Stunde Sport zu treiben, in der Hoffnung, dadurch etwas abzunehmen. Wäre sie schlanker, würde sie sicher größer wirken und damit ihre Modelkarriere in Gang kommen. Doch ihre Laufbahn schien beendet, noch ehe sie richtig angefangen hatte. Sie hatte Schauspielunterricht nehmen
wollen, doch Sofi hatte ihr geraten, sich erst eine neue Stelle zu suchen und noch einen Monat an der Verbesserung ihrer Englischkenntnisse zu arbeiten, ehe sie so viel Geld ausgab. Das klang zwar sehr vernünftig, aber schon die Vorstellung, erneut irgendeinen erniedrigenden Job annehmen zu müssen, erfüllte Natalja mit Wut und Panik zugleich. Wie lange musste eine Schauspielerin als Kellnerin schuften, bis sie sich damit abfand, dass sie nicht für Film und Fernsehen geschaffen war? Lena hatte sich von ihrem Traum, etwas Besonderes zu sein, bereits verabschiedet. An eine Abtreibung hatte sie überhaupt nicht gedacht. Sie war eine hoffnungslose Romantikerin.
Es klopfte erneut.
Natalja erhob sich seufzend. »Moment«, rief sie. »Ich komme.«
Die Heizung war zu hoch aufgedreht; Schweißflecken zierten ihr T-Shirt. Natalja öffnete die Tür und sah sich zu ihrer großen Verblüffung Rupert Palmer gegenüber. Doch sie hatte sich gleich wieder gefangen und setzte ein freundliches, wenn auch distanziertes Lächeln auf - schließlich hatte er ihr einen Korb gegeben.
»Guten Morgen, Rupert«, sagte sie und wedelte mit dem T-Shirtsaum, damit ihr der feuchte Stoff nicht so an der Haut klebte. »Ich habe nicht erwartet, Sie wiederzusehen.«
»Es war auch gar nicht einfach, Sie aufzustöbern.« Er schob sich die schwarze Sonnenbrille ins Haar. »Darf ich reinkommen?«
»Selbstverständlich.« Sie trat einen Schritt zur Seite.
Er ließ den Blick durch die winzige Wohnung und über das bunt zusammengewürfelte Mobiliar schweifen. Natalja schloss die Tür, stützte sich auf eine Stuhllehne und wartete, bis er ihr seine Aufmerksamkeit erneut zuwandte.
»Tja … Wollen wir eine Tasse Kaffee trinken?«, fragte er.
»Nein.«
»Nein?«
»Ich bin Schauspielerin, nicht Kaffeeköchin, okay? Letzte Mal, als ich mache Kaffee für Sie, es hat gebracht Unglück.«
Er lächelte, und sie erwiderte sein Lächeln, ohne sich hinzusetzen oder ihm einen Platz anzubieten. Sie ging davon aus, dass er sich in sie verknallt hatte wie so viele Männer. Wenn das alles war, was er ihr zu bieten hatte, dann konnte sie darauf verzichten.
»Sie haben mich also gefunden. Und jetzt?«
»Sie haben in der Teestube gekündigt, nachdem ich Sie zu den Probeaufnahmen mitgenommen hatte. Das wäre nicht nötig gewesen; ich hätte Carmen alles erklärt.«
»Mir hat sowieso nicht gefallen dort.«
»Ich musste Ihre Adresse in der Personalabteilung recherchieren lassen. Ich hätte Sie vermutlich auch anrufen können, aber ich wollte Sie gern sehen.« Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Kann Ihnen nicht verdenken, dass Sie gekündigt haben. Sie haben etwas Besseres verdient.«
Genau das hatte Natalja hören wollen. Da stand er, in seinem italienischen Anzug, um ihr zu sagen, dass sie zu Höherem geboren war als zu einer
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