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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Freeman
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Leute hören, wenn es um ihr Kind ging. Sie kannte Nikita eben doch am besten.
     
    Am Mittwoch hatte Viktor Tschernow stets vor Uljana Feierabend. Er hatte sich ein paarmal als Koch versucht, aber sie hatte immer etwas an seinem Essen auszusetzen gehabt, also ließ er es inzwischen bleiben und wartete einfach, bis sie kam. Er setzte sich mit einem Glas Wodka aufs Sofa und sah fern. Als Uljana schließlich mit einem Stapel Zeitschriften unter dem Arm hereinkam, wirkte sie ungewöhnlich fröhlich.

    Sie arbeitete in einem großen Buchladen in Moskau und brachte oft alte Illustrierte mit nach Hause, die sich nicht verkauft hatten. Meist lagen sie monatelang in der Wohnung herum, bis Viktor die Nase voll davon hatte und sie ins Treppenhaus verfrachtete.
    »Du bist spät dran, und ich habe Hunger. Was gibt’s zum Abendessen?«, fragte er.
    »Ich muss dir etwas zeigen.« Sie ließ ihre Tasche auf den Boden fallen und sank neben ihm aufs Sofa, wo sie begann, den Stapel Zeitschriften durchzusehen. Schließlich zog sie eine davon heraus. »Ah, hier.« Sie hielt ihm die aufgeschlagene Seite, die eine schöne Frau zeigte, unter die Nase.
    Ratlos betrachtete Viktor das Foto. Er hatte keine Ahnung, wer sie war; die Bildunterschrift war nicht auf Russisch.
    »Erkennst du sie nicht? Das ist Natalja, deine Tochter!«
    »Ist sie berühmt?«, fragte Viktor fassungslos.
    »In England ist sie ein Fernsehstar.«
    »Ist das ihr Haus?«
    »Ihre Wohnung. In London.«
    »Du meine Güte«, murmelte Viktor. »Du meine Güte.« Wie reich mochte Natalja wohl sein?
    Uljana lächelte verschlagen. »Was meinst du, würde sie sich freuen, nach all den Jahren von ihrem Papa zu hören?«
    »Natalja? Wohl kaum«, erwiderte er. »Aber ihre Schwester bestimmt.«

KAPITEL 26
    »Zum Geburtstag, lieber Grandad, zum Geburtstag viel Glück …«
    Lena klatschte begeistert. Sie war stolz auf Matthew und Anna, die in einem Monat drei Jahre alt wurden. Ihre außergewöhnliche Musikalität war nicht nur genetisch bedingt, sondern rührte auch daher, dass Sam oft stundenlang mit ihnen sang und musizierte.
    Grandad verbarg sein Lächeln hinter einer Fassade griesgrämiger Geduld, während er sich seine Frühstücksflocken in den Mund schaufelte. Er saß wie üblich am Fenster und hatte die neue Decke auf den Knien, die Lena gestrickt und ihm vorhin überreicht hatte. An der Wand hingen Zeichnungen, die die Zwillinge für ihn angefertigt hatten, und neben der Kommode standen drei ordentlich aufeinandergestapelte Schachteln mit Sams CDs; zweihundertachtundachtzig von ursprünglich dreihundert Stück. Sie lagerten sie hier bei Grandad, weil in ihrem eigenen Zimmer, das nach wie vor von einem Vorhang in zwei Hälften geteilt wurde, nicht genug Platz dafür war.
    »So, Kinder«, sagte Lena. »Ab in die Küche. Das Frühstück wartet.«
    Matthew und Anna rannten kichernd hinaus. Sie sah ihnen nach.
    »Wie fühlst du dich?«, erkundigte sich Lena und lehnte sich an die Fensterbank.
    »Ich bin fünfundsiebzig; ich fühle mich alt. Gehst du heute nicht arbeiten?«
    »Ich muss erst in zwanzig Minuten los.«
    »Wendy war noch gar nicht hier.«

    »Sie hat zu tun. Bestimmt kommt sie, sobald sie die Küche aufgeräumt hat.«
    »Sie hat meinen Geburtstag vergessen.«
    Lena hegte denselben Verdacht, und sie hatte ihre Schwiegermutter absichtlich nicht daran erinnert. Sie wusste selbst nicht so recht, weshalb. Eine Art primitive, unerklärliche Rivalität.
    »Sam hat es auch vergessen«, fuhr Grandad bekümmert fort.
    »Unsinn. Er schläft bloß noch. Ich bin sicher, er kommt zu dir, sobald er aufgewacht ist.«
    »Nicht zu fassen, dass sich die Frau meines Enkels, die gar nicht mit mir verwandt ist, mehr um mich kümmert als meine eigenen Nachkommen.«
    »Unsinn. Sie lieben dich, Grandad.«
    »Ich lebe hier wie ein Gefangener, an eine Maschine gefesselt, und wer kommt mich jeden Tag besuchen? Du. Wer geht mit mir auf den Klippen spazieren? Du. Wer denkt an meinen Geburtstag? Du.«
    »Wendy kocht alle deine Mahlzeiten.«
    »Du machst mir das Frühstück.« Er schwenkte seine Schüssel.
    »Aber alles andere macht sie. Sie kümmert sich sehr wohl um dich.«
    »Weil sie hinter meinem Geld her ist. Ich bin eine Last, das weißt du genau.«
    Sie hatten diese Unterhaltung schon unzählige Male geführt. Und es stimmte - sie kümmerte sich um ihn, während Wendy bloß auf seinen Tod wartete.
    Grandad streckte den Arm aus, um das gekippte Fenster zu schließen. »Zu kalt«, sagte

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