Ueber den Himmel hinaus - Roman
Neuigkeit auch nur zwei Minuten für sich zu behalten. Das bedeutete dann wohl, dass Nataljas Geld auf ihrem Bankkonto eingegangen war.
Sie versuchte, sich von der Enttäuschung nicht die Stimmung verderben zu lassen. »Es ist wunderschön, Sam.«
Er schob ein paar Rosen auf dem Bett beiseite, um Platz für sie zu schaffen. Zupfte die Blütenblätter von einer Rose und ließ sie über ihr Haar, ihr Schlüsselbein rieseln. Er küsste sie, begann sie auszuziehen. Der betörende Duft der Rosen vermischte sich mit dem salzigen Geschmack seiner Haut, und für eine Weile trat alles andere in den Hintergrund.
Als sie danach die Augen aufschlug, kehrte sie abrupt in die Wirklichkeit zurück. »Eigentlich können wir uns so etwas nicht leisten.«
»Normalerweise nicht; heute schon. Deshalb habe ich es getan. Weil wir zur Abwechslung genügend Geld haben.«
»Aber nicht mehr lange, wenn du es weiter so zum Fenster hinauswirfst.«
»Es wird uns ohnehin früher oder später ausgehen. Auf diese Weise hatten wir wenigstens etwas davon.«
An dieser Argumentation war eindeutig etwas verkehrt, doch Lena war zu müde, um zu widersprechen.
»Was machen wir mit dem Geld, das übrig bleibt, wenn wir unsere Schulden beglichen haben?«, fragte Sam.
»Das legen wir auf die Seite, für magere Zeiten.«
»Tony hatte da eine tolle Idee.«
»Sie wird mir nicht gefallen, oder?«
Sam lachte sein wunderbares, gutmütiges Lachen und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Du unterschätzt ihn.«
Er erklärte ihr, Tony wolle ihr Album auf den Markt bringen und sämtliche Ausgaben dafür übernehmen. Er sei überzeugt, der CD-Verkauf würde die Unkosten rasch decken. Sam wollte tausend Pfund von Nataljas Geld für das Cover beisteuern.
»Je professioneller unser Album aufgemacht ist, desto eher kaufen es die Leute«, sagte er. »Und Tony hat versprochen, dass wir von den Einnahmen zuerst die Schulden an dich zurückzahlen. Wenn wir pro CD fünf Pfund verlangen, müssen wir nur hundert Stück davon verkaufen, dann bekommst du schon die Hälfte deines Geldes zurück.«
Lena ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. »Und woher wollt ihr wissen, dass das so schnell geht?«
»Wir werden die CDs in ein paar Läden hier in der Gegend und auf unseren Konzerten verkaufen. Hundert Stück, das ist doch gar nichts. Die sind vermutlich in einer Woche weg …«
Sie lachte. »Also gut, wenn du meinst. Wir haben nichts zu verlieren, außer vielleicht ein paar Pfund Zinsen.«
Er drückte sie an sich. »Du bist die beste Ehefrau der Welt.«
»Halt an deinem Traum fest, Sam«, murmelte sie. Denn der ihre war längst auf der Strecke geblieben.
Sofi legte Nikita auf ihr Bett und begann unverzüglich mit dem Auspacken. Der Kleine strampelte sachte mit den Beinen und lutschte an seinen Fäusten, während sie die sauberen Kleider von der Schmutzwäsche trennte. Der Duft von in Butter gebratenem Knoblauch erfüllte das Haus. Julien kochte. Nach dem Trubel der vergangenen Tage genoss Sofi die hier herrschende Stille, und zugleich vermisste sie Lena und Natalja. Julien und sie hatten nur wenige Freunde. Julien hatte sich in den letzten Jahren nicht sonderlich um Sozialkontakte bemüht, und ihr Französisch war so schlecht, dass sie selbst den Smalltalk mit den Leuten auf dem Markt oder im Park beschwerlich fand. Also verbrachte Sofi ihre Tage großteils allein.
Aber das würde sich bald ändern. Obwohl sie seit Nikitas Geburt keine Akquise betrieben hatte, kamen ständig neue Anfragen herein; deshalb wollte sie demnächst eine Assistentin einstellen. Das Inserat hatte sie bereits aufgeben. Mittlerweile war Nikitas Lebensrhythmus einigermaßen kalkulierbar, sodass sie arbeiten konnte, während er schlief oder Julien auf ihn aufpasste. Sie konnte es kaum erwarten, sich wieder ans Werk zu machen.
Sofi schob ihren Koffer unter das Bett und legte sich neben Nikita. Er sah zu ihr hoch. Sie fuhr ihm mit dem Zeigefinger über den Bauch. »Hallo, mein Schatz.«
Seine Mundwinkel wanderten nach oben, seine Lippen teilten sich, und er schenkte ihr ein perfektes, zahnloses Lächeln.
Sofi begann zu lachen. »Julien! Schnell, komm her!«
Julien eilte besorgt herbei. »Was ist los? Ist etwas passiert?«
»Nein, keine Sorge. Nikita hat gelächelt!«
Julien beugte sich über seinen Sohn, konnte ihm aber weder mit Kitzeln noch mit Gesang ein weiteres Lächeln entlocken. Trotzdem war Sofi unheimlich erleichtert. Nie wieder würde sie auf die Meinung anderer
Weitere Kostenlose Bücher