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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Welt lebten wie er selbst. Er wurde in diesen Überlegungen gestört, als Ann-Britt Höglund laut hinter seinem Rücken loskicherte. Als er sich fragend umdrehte, um zu erfahren, was so lustig war, führte sie die Hand nur ein paarmal zum Kopf, als wollte sie auf Trunkenheit oder Verwirrung hindeuten, und dann lachte sie.
    »Was glaubst du wohl, wie die Essensgäste normalerweise nach Hause kommen?« fragte sie, um ihr Verhalten zu erklären.
    Wallander begriff immer noch nichts.
    »Ich meine, mit dem Auto«, fuhr sie fort. »Wahrscheinlich aber nicht von einem Hof, auf dem es von Bullen wimmelt …?«
    Wallander nickte und zeigte mit einem dünnen Lächeln, daß er endlich kapiert hatte. Er schloß den Wagen ab und forderte sie auf, mit ihm wieder ins Haus zu gehen.
    Auf dem Weg dorthin legte er den Arm um sie, als wollte er sie beschützen, doch es konnte auch eine Geste der Hilflosigkeit sein.
    »Verstehst du dich auf solche Menschen?« fragte er, als wäre die Frage selbstverständlich.
    »Nein«, gab sie zurück. »Die sind nicht wie wir, das dürfte es sein. Warum hast du ihn da oben bei den Leichen verhört?«
    »Gute Frage«, seufzte Wallander. »Strenggenommen hätte ich das wohl nicht tun dürfen, es sei denn, er wäre verdächtig.«
    »Das ist er doch nicht?«
    »Aber nein«, erwiderte Wallander mit einem schnellen unterdrückten Lachen. »Aber nein, sonderlich verdächtig ist er nicht gerade. Ich habe mich nur gefragt, ob er es schafft, sich auf Dauer so zu benehmen. Und das konnte er tatsächlich. Verdammt merkwürdige Menschen.«
    Als sie das Haus betraten, stellte sich heraus, daß die Sicherheitspolizei inzwischen »übernommen« hatte. Das war zumindest die Erklärung, die einer der aufgeregten Gäste gab. Wallander wurde erneut wütend und ging mit langen und entschlossenen Schritten in den Salon hinein, in dem die Gäste noch immer wie Gefangene gehalten wurden. Er blieb in der Tür stehen und brüllte laut, wer jetzt nach Hause fahren wolle, könne es tun. Auf jede nur vertretbare Weise, fügte er vorsichtig hinzu.
    Ein Mann in einem dunklen Anzug, den er noch nie gesehen hatte, rannte zu ihm hin und hielt einen Polizeiausweis hoch. Er stellte sich als Polizeioberrat bei Säk, Abteilung Malmö, vor und meinte indiskret laut, es komme nicht in Frage, die Arbeit abzubrechen.
    »Welche Arbeit denn?« fragte Wallander in dem übertriebensten Schonen-Dialekt, den er aufbieten konnte.
    »Falls Sie erlauben, hier läuft eine Fahndung gegen zwei Doppelmörder«, teilte der Polizeioberrat in einem sehr lauten Tonfall mit, der alles Gemurmel im Raum ersterben ließ.
    »Aber nein«, unterbrach ihn Wallander mit der gleichen Parodie von Schonen-Dialekt. »Die Polizei von Ystad hat die Mörder schon festgenommen. Sie befinden sich in sicherer Verwahrung!«
    Es wurde totenstill im Raum. Wallander nutzte blitzschnell seine Überlegenheit aus.
    »Ja, meine Damen und Herren, es ist für Sie alle ein schwerer Abend gewesen, und wir von der Polizei wollen Ihnen nicht noch unnötigen Kummer machen. Ich schlage vor, daß Sie sich alle nach Hause begeben, und zwar so, wie Sie es selbst am geeignetsten finden.«
    Seine Worte zeigten eine unmittelbare Wirkung. Die Leute erhoben sich und verließen das Zimmer. Jemand ging zu dem Telefon, das sich im Raum befand, während andere vermutlich zu Telefonen in anderen Teilen des Hauses unterwegs waren. Da es sich um Menschen handelte, die in einem bestimmten konservativen Sinn alle wohlerzogen waren, sich aber andererseits nicht ohne weiteres von einfachen Staatsbeamten einschüchtern ließen, deren Titel »Polizeioberrat« sie kaum mehr erschreckte als »Wachtmeister«, brach jetzt alle sicherheitspolizeiliche Disziplin einfach zusammen.
    Der Polizeioberrat packte Wallander an den Revers, als er gerade das Zimmer verlassen wollte.
    »Hör mal! Wie war noch dein Name?« fauchte er.
    »Wallander von der Polizei in Ystad«, erwiderte Wallander und entfernte die Hände des Vorgesetzten demonstrativ langsam von seinen Revers.
    »Oh, Teufel auch, bist du dieser Wallander, der…«
    »Genau«, bestätigte Wallander. »Der bin ich. Und dies ist mein Fall. Dies ist der Polizeidistrikt von Ystad. Und wenn du dich mit mir anlegen willst, mußt du bitte ›Polizeidirektor‹ Björk in Ystad anrufen.«
    Wallander machte sich frei und suchte erneut seinen Gastgeber auf, der einige Schritte hinter ihm gewartet hatte.
    »Hier entlang«, sagte der Mann und wies mit dem Arm den Weg. Wallander

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