Ueberdosis
über Lukas Hommberg zu diskutieren«, sagte Müller gereizt. »Sie lassen die Finger von dem Fall, verstanden?«
Markesch schwieg.
»Ich warne Sie«, sagte Müller. »Wenn Sie mir noch einmal in die Quere kommen, mache ich Sie fertig.«
»Das haben andere schon versucht.«
Schmitz stimmte wieder sein abgehacktes Lachen an. »Er will nicht hören, Chef. Kerle wie der sind einfach zu dumm, um zu merken, daß man es nur gut mit ihnen meint.«
»Ein letztes Mal, Markesch«, warnte Müller, »hören Sie mit dem Herumschnüffeln auf, oder Sie werden es bereuen.«
»Soll ich ihm sagen, Chef, was ihm passieren wird?« fragte Schmitz begierig. »Soll ich es ihm sagen?«
»Nur keine Hemmungen«, murmelte Markesch. »Ich kann es kaum erwarten.«
Müller seufzte erneut. »Okay, Schmitz, tun Sie ihm den Gefallen. Damit uns hinterher niemand vorwerfen kann, wir hätten nicht unser Bestes gegeben, um ihn zur Vernunft zu bringen.«
»Sehen Sie, Markesch«, sagte Schmitz im Tonfall eines tagträumenden Sadisten, »wir sind keine Unmenschen, aber wir mögen es nicht, wenn uns Amateure ins Handwerk pfuschen. Deshalb ziehen wir die Amateure aus dem Verkehr. Wir buchten sie ein. Wir buchten sie ein und lassen sie solange schmoren, bis wir sicher sind, daß sie keine Probleme mehr machen. In Ihrem Fall – nun, ich glaube, wir werden einen Tip bekommen. Ja, ich bin fest davon überzeugt, daß wir einen Tip bekommen werden. Von einem unserer V-Männer, dessen Name natürlich aus Sicherheitsgründen geheimgehalten werden muß. So geheim, daß nicht einmal der Richter erfahren wird, wer sich wirklich hinter dem Geheimnamen verbirgt. Der V-Mann wird uns stecken, daß eine Ratte namens Markesch mächtig im Kokaingeschäft mitmischt, und wir werden der Sache nachgehen und eine kleine Razzia in seiner Wohnung inszenieren. Und wissen Sie, was wir dort finden werden, Markesch?«
»Ich hab’ nicht die blasseste Ahnung«, gestand Markesch.
Schmitz lachte. »Wir werden Koks finden. Wahrscheinlich um die fünfzig Gramm. Oder besser noch hundert. Ja, genau, einhundert Gramm bestes Kokain. Das reicht für mindestens fünf Jahre Knast. Nun, Schnüffler, was sagen Sie jetzt?«
»Ich bin fasziniert. Ich wollte schon immer wissen, wie die harten Jungs vom BKA den Rauschgifthandel bekämpfen. Genauso habe ich es mir vorgestellt. Wenn ihr keine Dealer erwischt, macht ihr euch einfach selbst welche, Marke Eigenbau.«
»Ich werde dir dein verdammtes Maul …«
»Schluß jetzt«, befahl Müller. »Okay, Markesch, Sie wissen jetzt Bescheid. Also seien Sie vernünftig und machen Sie uns keine Schwierigkeiten. Fahren Sie zurück zu diesem Café, Schmitz.«
Schmitz wendete und gab Gas.
Markesch blickte aus dem Fenster und sehnte sich nach seiner Kindheit zurück, als er noch die nette Illusion von der Polizei als Freund und Helfer gehabt hatte. Das ist das wahre Geheimnis des Erwachsenwerdens, dachte er, der Verlust der tröstlichen Illusionen.
Nach kurzer Zeit erreichte der Wagen das Café und hielt an. Markesch öffnete die Tür und stieg aus.
»Ich hoffe, Sie machen keinen Fehler, Markesch«, rief Müller ihm nach.
»Das hoffen wir alle, nicht wahr?« knurrte Markesch. »Schließlich könnte unser erster Fehler auch der letzte sein.«
Er schmetterte die Tür ins Schloß, und der BMW brauste davon. Markesch wartete, bis er im Regendunst verschwunden war, und ging dann zu seinem klapprigen Ford. Eine Weile blieb er sitzen, sah hinaus in den Regen und dachte nach.
Hommberg arbeitete also für das BKA, um ein internationales Drogensyndikat zu zerschlagen. Das war also die ›große Sache‹, von der er gesprochen hatte. Kein Wunder, daß er so sicher gewesen war, daß Markesch ihm nichts anhaben konnte – der große Bruder in Wiesbaden hielt seine schützende Hand über ihn. Und kein Wunder, daß er Angst vor den Spaniern hatte. Wenn sie herausfanden, daß er ein Doppelspiel trieb, war Hommberg so gut wie tot.
Markesch drehte den Zündschlüssel.
Barny wartete.
Er war gespannt, was er ihm zu erzählen hatte.
Es wurde bereits dunkel, als Markesch die Südstadt erreichte. Er war einen Umweg gefahren, nur für den Fall, daß er verfolgt wurde – vom BKA, von den Spaniern – doch seine Sorge erwies sich als unbegründet. Der einzige Wagen, den er für längere Zeit im Rückspiegel beobachten konnte, war der VW Transporter eines Südfrucht-Großhandels, und er verlor ihn irgendwo in Zollstock aus den Augen.
Der Tag verdämmerte immer
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