Ueberdosis
meine Prinzipien.«
»Was? Malaka! Du willst dir doch nicht etwa …« Das Telefon klingelte, und Archimedes ging fluchend zum Tresen.
Fünftausend, dachte Markesch und strich mit den Fingern über den Scheck. Und es ist nur eine Anzahlung. Geld spielt keine Rolle. Finden Sie den Mörder meines Sohnes. Er lächelte humorlos. Aber was, wenn es keinen Mörder gibt, Elvira Maaßen? dachte er. Was, wenn sich herausstellt, daß Ihr tugendhafter, glücklicher Sohn tatsächlich ein Fixer war? Ein Junkie, der sich bei der Dosierung seines letzten Schusses verschätzt hat? So etwas kommt vor. So etwas kommt oft vor. Vielleicht war der Stoff reiner als die übliche Sorte. Oder mit zuviel Strychnin gestreckt. Oder …
»Hier«, sagte Archimedes und stellte das Telefon vor Markesch auf den Tisch. »Für dich.«
Markesch nahm den Hörer. »Ja?«
»Markesch? Mein Name ist Hommberg. Lukas Hommberg.«
Die Stimme war laut, barsch, befehlsgewohnt.
Wenn es etwas gab, das Markesch haßte, dann waren es befehlsgewohnte Stimmen. »Na und?« knurrte er. »Was wollen Sie?« Er kannte keinen Lukas Hommberg. Und er hatte das sichere Gefühl, daß es ihm nicht gefallen würde, Lukas Hommberg kennenzulernen.
Der Mann am anderen Ende der Leitung räusperte sich. »Ich bin Geschäftsführer der Maaßen-Pharma-AG. Meine Schwägerin, Elvira Maaßen, hat sich vermutlich bereits mit Ihnen in Verbindung gesetzt … Zumindest hatte sie es vor.«
»Ich habe mit ihr gesprochen«, bestätigte Markesch.
»Gut. Sehr gut.« Aber es klang nicht so, als wäre Lukas Hommberg wirklich begeistert. »Hören Sie zu, Markesch. Sie wissen jetzt Bescheid. Ich meine, über Michael. Über seinen Tod. Sie wissen doch Bescheid, oder?«
»Er ist an einer Überdosis Heroin gestorben«, sagte Markesch sachlich. »Vor vier Tagen. Auf der Toilette des Kölner Intercity-Restaurants. Ihre Schwägerin glaubt, daß er ermordet wurde.«
Hommberg lachte ärgerlich. »Genau darüber wollte ich mit Ihnen reden, Markesch. Hören Sie zu. Meine Schwägerin … Der Tod ihres Sohnes – meines Neffen – hat sie sehr getroffen, verstehen Sie? Elvira hat Michael abgöttisch geliebt. Es war das, was man Affenliebe nennt. Sie kennen diesen Ausdruck doch, oder? Natürlich kennen Sie ihn.« Wieder dieses ärgerliche Lachen. »Michael war ihr einziger Sohn, ihr Ein und Alles, besonders nach dem Tod ihres Mannes. Er starb vor drei Jahren. Bei einem Unfall. Keine schöne Sache, Markesch. Und jetzt Michael. Ein harter Schlag. Und dann noch unter diesen … häßlichen Umständen. Kein Wunder, daß sie sich weigert, der Realität ins Auge zu sehen, Sie verstehen?«
Markesch wartete.
Hommberg stimmte wieder sein ärgerliches Lachen an. »Um es kurz zu machen – die Sache mit dem Mord, Sie wissen schon, diese ganze verrückte Mordtheorie ist eine fixe Idee von ihr. Elvira ist hysterisch. Sie will nicht glauben, daß ihr Sohn ein Rauschgiftsüchtiger war. Sie kann es nicht glauben. Es würde das strahlende Bild zerstören, das sie sich von dem Jungen gemacht hat. Sie wissen doch, wie Mütter sind. Natürlich wissen Sie es.«
Markesch verengte die Augen. »Sie wollen damit sagen, daß Sie von Michaels Heroinsucht schon vor seinem Tod wußten?«
»Genau, Markesch. Ich bin froh, daß wir uns verstehen.«
»Was macht Sie so sicher? Woher wußten Sie es? Nach den Aussagen Ihrer Schwägerin …«
»Verdammt, Elvira ist hysterisch!« fiel ihm Hommberg barsch ins Wort. »Michael hätte Terrorist sein können, und sie hätte ihn noch immer für ihren lieben kleinen unschuldigen Goldschatz gehalten.«
»Das klingt nicht so, als hätte zwischen Ihnen und Ihrem Neffen ein besonders herzliches Verhältnis bestanden«, bemerkte Markesch kühl.
Hommberg lachte. »Ich bin Geschäftsmann. Ein erfolgreicher Geschäftsmann. Und um Erfolge zu haben, muß man Realist sein. Ich kann mir keine Sentimentalitäten leisten. Und was Michael betrifft – er war ein netter Kerl, aber zu verwöhnt. Man sollte Kinder nicht zu sehr verwöhnen.«
»Ihre Ansichten über Erziehungsfragen sind zweifellos faszinierend, aber Sie haben immer noch nicht die Frage beantwortet, wie Sie von Michaels Heroinsucht erfahren haben.«
»Ich habe ihn erwischt, als er Morphin stehlen wollte. Aus unserem Pharmalager. Er hat sich heimlich meinen Schlüssel besorgt, aber ich bin zum Glück rechtzeitig dahintergekommen und habe ihn auf frischer Tat ertappt, wie man so sagt.« Hommberg atmete schwer. »Natürlich war ich
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