Überfall nach Ladenschluß
ist.“
„Finde ich
gut. Und wo findet die Einladung statt? Im Trastevere?“
„Das hätte
sich angeboten. Aber Herr Aiano würde von Dr. Eichhorn niemals Geld nehmen. Wo
er ihm doch so zu Dank verpflichtet ist. Um nicht zu nassauern (auf Kosten
anderer leben) , muß Dr. Eichhorn deshalb woanders hingehen, wenn er Gäste
einlädt: meistens in die Fattoria zu Benito Benitone. Das ist ein Freund von
Herrn Aiano, und man ißt dort fast genauso gut. Dort gibt es die beste Polenta (italienisches
Maisgericht) .“
„Ich freue
mich“, sagte Locke.
*
Carezzo lag
auf der Couch. Die Narbe auf seiner Wange zuckte. Das sonst rosige Feistgesicht
war bleich.
Irmgard
Möhring, seine Freundin, beugte sich über ihn. Behutsam legte sie ein feuchtes
Tuch auf seine Stirn.
„Geht es
dir besser, Liebling?“
Er stöhnte
statt einer Antwort.
„Und wenn
ich zu Cordone gehe und ihn bitte...“
Er fuhr
hoch. „Bist du wahnsinnig! Willst du ihm sagen, daß du alles weißt? Das wäre
unser beider Ende.“
„Ach so.“
Sie nickte. „Ja, du hast recht. Aber...“
„Aber,
aber!“ Er sank zurück. „Ich weiß selbst, daß es keinen Ausweg gibt. Dieser Hund
weidet sich an meiner Qual. Wie soll ich den Roten aufspüren? Es ist unmöglich.
Und ganz unmöglich in zehn Tagen. Himmel, wer konnte denn ahnen, daß dem Chef
die Taifun-Bar gehört! Außer Palena und Leonessa hat es niemand gewußt. Und
ausgerechnet dort fädele ich meinen Coup ein! Sowas ist Schicksal.“
Sie rang
die Hände. „Was... wollen wir jetzt tun?“
„Bring mir
einen Cognac.“
Sie lief in
die Küche, wo die Flasche stand. Sie hatte sie gebraucht, um eine Süßspeise zu
verfeinern.
Carezzo
leerte ein Glas und nahm dann die Kompresse (feuchter Umschlag) von der
Stirn.
„Wüßte ich
doch nur, ob er seine Drohung wirklich wahr macht — und mich umbringen läßt,
wenn ich den Roten nicht finde! Spielt er mit mir, oder ist es ihm ernst?
Welche Frage! Er ist grausam. Nach den Gesetzen der Mafia habe ich mein Leben
verwirkt. Aber ich will mich nicht abschlachten lassen.“
„Was kannst
du dagegen tun?“ fragte sie mit bebender Stimme.
„Fliehen.
Er meint zwar, die Mafia werde mich überall finden. Aber das ist nicht wahr.
Ich weiß, daß es einigen gelungen ist, sich für immer aus dem Staube zu machen.
Wenn ich ein paar Tage vergehen lasse, wird man glauben, ich füge mich. Dann
stehe ich nicht mehr unter Beobachtung. Und dann werde ich zeigen, was in mir
steckt. Bevor ich verschwinde, fülle ich mir die Taschen. Cordone wird denken,
ich bin sonstwo. Aber ich bleibe hier, wo man mich am wenigsten sucht. Erst
wenn die Luft rein ist, gehen wir fort. Gemeinsam. Dich nehme ich mit.“
Sie
seufzte. „Dann ginge mein alter Traum endlich einmal in Erfüllung.“
*
Für einen
Moment hatte Tom Ruhe. Er äugte zum Haus. Aber Locke und Gina ließen sich nicht
blicken. Also schlenderte er ins Kassenbüro, um wenigstens Marano Gesellschaft
zu leisten.
„Macht’s
noch Spaß?“ Der Italiener lächelte.
„Klar.
Anstrengend ist nur, daß ich aufpassen muß wie ein Luchs. Ich muß ihn zuerst
sehen, den Roten, wenn er kommt.“
„Ich glaube
nicht, daß er dich erkennt. Du bist gut maskiert.“
„Na, ich
weiß nicht.“
Zweifelnd
blickte Tom in eine spiegelnde Scheibe des Kassenbüros. Er hatte sich eine
Jeansmütze aufgesetzt und bis auf die Ohren gezogen. Das Schild berührte die
Brauen und beschattete das Gesicht, das er zusätzlich hinter einer Sonnenbrille
versteckte.
„Wer dich
nur einmal gesehen hat, Tom, erkennt dich bestimmt nicht.“
Das Telefon
klingelte. Marano meldete sich.
„Sonntagsdienst.
Aha!“ sagte eine Männerstimme. „Wie geht das Geschäft?“
Marano riß
die Augen auf, als sehe er den Mond auf sich zurasen. Rasch deckte er eine Hand
über die Sprechmuschel.
„Er ist es!
Der Rote!“
Sofort
stand Tom neben ihm. Marano drehte den Hörer so, daß er mithören konnte.
„Gut! Das
Geschäft könnte nicht besser sein“, sagte Marano. „Wer spricht dort?“
„Wir kennen
uns doch schon. Du erinnerst dich. Ich bin der Vertreter der Schutz-AG.“
Marano
schwieg.
„Ich habe
gehört“, sagte der Rote, der sich Hartmann nannte, „daß deiner Tochter übel
mitgespielt wurde. Beinahe hätte sie ihr hübsches Gesicht eingebüßt, wie? Das
wäre nicht passiert, hättest du mein Angebot angenommen.“
„Ich
verstehe.“
„Was hast
du den Bullen gesagt, Marano?“
„Ich konnte
nichts sagen. Ich war nicht
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