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Überfall nach Ladenschluß

Überfall nach Ladenschluß

Titel: Überfall nach Ladenschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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dabei, als das mit meiner Tochter passierte. Gina
hat ihre Aussage gemacht.“
    „Was hast
du von mir erzählt?“
    „Nichts.
Ich habe Sie nicht erwähnt.“
    „Das ist
klug von dir. Du bist Italiener. Du weißt, was es heißt, sich mit einer mächtigen
Organisation anzulegen. Wir sind viele. Selbst wenn die Bullen mich kriegen —
du entgingst unserer Rache nicht.“
    „Ich weiß.“
Marano war blaß. Er rieb sich die Stirn.
    „Wie isses
nu?“ kaute der Kerl durch die Zähne. „Wirst du Mitglied?“
    „Wenn ich
dann meine Ruhe habe?“
    „Dafür
garantiere ich. Also, ich komme vorbei und hole das Geld ab.“
    „Bis mittag
bin ich hier“, sagte Marano.
    Die Leitung
war noch offen. Aber der Rote erwiderte nichts. Sekunden später hängte er ein.
    Der
Italiener blickte Tom an. „Jetzt ist mir mulmig zumute. Er wird jeden Moment
hier sein.“
    Tom nickte.
„Er hätte Gina mit dem Rasiermesser bearbeitet. Er hat Locke gewürgt. Herr
Marano, ich freue mich auf die Begegnung.“

10. Die
Verschwörung
     
    Vittorio
Leonessa haßte Spiegel. In Jahrzehnten hatte er sich nicht an den Anblick
seines fleischlosen Schädels gewöhnt. Gelingen würde es ihm nie. ,Skelett’
hatten sie ihn zu Hause in Palermo genannt. Sein Anblick erschreckte Kinder.
Frauen und Mädchen wandten sich ab mit Grausen. Womit hatte er das verdient?

    Doch danach
fragte er schon lange nicht mehr. Er hatte gelernt, daß man nicht schön sein
muß, um im Leben voranzukommen. Tüchtigkeit zählte. Sie garantierte Geld und
Erfolg. Und kaufen, meinte er, ließe sich alles. Deshalb war sein Ehrgeiz
maßlos.
    Jetzt, am
späten Vormittag dieses Sonntags, stieg er vor Cordones Haus in den Wagen. Er
beeilte sich. Den Kopf hielt er abgewandt. Vielleicht standen Cordone oder
Palena am Fenster. Sie brauchten nicht zu sehen, daß ihn sein Gelächter fast
erstickte.
    Er hatte
Tränen in den Augen. Die in Heiterkeit gefletschten Zähne machten sein Gesicht
noch schlimmer.
    Carezzo!
Ausgerechnet der sollte den Roten suchen! Dem Chef war es ernst damit. Den
Roten! Hahah! Nicht nur, daß der Chef 10 000 Mark als Prämie aussetzte — nein,
er bot jedes Mittel auf, um den Feind zu finden. Sogar Versager wie den dicken
Carezzo!
    Vielleicht
findet er den anderen Roten, dachte er, meinen Nachahmer. Den könnte sogar die
Polizei erwischen, aber mich — nie! Dabei wird der andere immer dreister. Mach
nur so weiter, Bürschchen! Dann kümmere ich mich um dich.
    Leonessa
gefiel sich in seiner Rolle als der Rote! Umsichtig hatte er den berüchtigten
Gangster aufgebaut — mit dem Endziel, Cordone lächerlich zu machen. Das war
sein Plan. Und alles lief bestens.
    Als Roter
hatte Vittorio Leonessa Überfälle verübt, manches Opfer schwer verletzt und
viel Beute gemacht. Aber erst in
den letzten Tagen war er zu Phase zwei übergegangen, wie er es nannte. Das
hieß: Er benutzte den Ruf, der dem Roten voranging, und spekulierte (seinen
Vorteil berechnen) darauf, daß die Opfer vor Angst erstarrten, sobald er
auftauchte. Seine Opfer, auf die alles abzielte, waren die italienischen
Restaurantbesitzer, die der Mafia Schutzgelder zahlen mußten. Denen nahm er ab,
was der Mafia gebührte. Er kassierte dort, wo Cordone seine Hand drauf hatte,
indem er schneller war als Carezzo — oder wen sonst Cordone in Zukunft schicken
würde.
    Damit
unterhöhlte er Cordones Macht. Schon drangen die ersten Nachrichten von dessen
Unfähigkeit nach Palermo, in die Zentrale der Mafia. Nur noch wenige Coups —
dann war erwiesen, daß Cordone das Heft aus der Hand glitt.
    Alle
wußten, was das bedeutete. Man würde Cordone von seinem Posten abberufen. Er
würde in der Versenkung verschwinden und irgendwo in einem Provinznest landen,
betraut mit lächerlichen Aufgaben, für die sich der Einsatz kaum lohnte.
    Aber er,
Vittorio Leonessa, rückte dann auf. Ihn würde man zum Chef der hiesigen
Zweigstelle machen. Daran führte kein Weg vorbei, zumal er in Palermo
einflußreiche Freunde hatte.
    Aus diesem
— und nur aus diesem Grunde — hatte er den Roten geschaffen und ihn benutzt, um
Cordones Stellung zu untergraben.
    Dazu
gehörte auch, daß er für Publicity (Bekanntsein in der Öffentlichkeit) sorgte. Die Briefe, mit denen er die Polizei verspottete, sollten das bewirken.
Aber leider hatte man die zurückgehalten, jedenfalls nicht in der Presse
veröffentlicht.
    Noch einen
Versuch mache ich, dachte er, während er jetzt zu seiner Wohnung fuhr. Bringt
das nichts, schicke ich die nächsten

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