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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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ungezwungen miteinander um. Und dann passiert irgendwo ein Fehler – aber nicht nur einer. Vor einem
     typischen Unfall kommt es zu einer Abfolge von sieben menschlichen Fehlern. Einer der Piloten macht etwas falsch, was an sich
     noch kein Problem darstellt. Dann begeht einer der beiden einen weiteren Fehler, der zusammen mit dem ersten immer noch immer
     keine Katastrophe bedeutet. Doch dann kommt ein dritter Fehler hinzu, und noch einer, und noch einer,
und noch einer
, und in der Kombination führen diese Fehler ins Unglück.
    Diese sieben Fehler sind in den seltensten Fällen mangelnder Qualifikation oder Flugpraxis der Mannschaft geschuldet. Es ist
     nicht etwa so, dass der Pilot ein entscheidendes Manöver ausführen muss und dabei versagt. Fehler, die zu Flugzeugkatastrophen
     führen, hängen vielmehr mit einem Versagen der Teamarbeit und der Kommunikation zusammen. Einer der Piloten verfügt über eine
     wichtige Information, doch er gibt sie nicht an den anderen weiter. Einer macht einen Fehler, und der andere bemerkt es nicht.
     Eine schwierige Situation muss in mehreren Schritten bereinigt werden, aber die Piloten stimmen sich nicht untereinander ab
     und lassen einen entscheidenden Schritt aus.
    »Das Cockpit ist darauf ausgelegt, von zwei Leuten bedient zu werden, und das geht am besten, wenn sich die beiden gegenseitig
     kontrollieren oder wenn beide bereit sind zusammenzuarbeiten«, erklärt Earl Weener, langjähriger leitender Ingenieur der Sicherheitsabteilung
     bei Boeing. »Flugzeuge verzeihen keine Fehler. Wir wissen seit Langem, dass es sicherer ist, wenn zwei Menschen ein |166| Flugzeug gemeinsam steuern, als wenn es einer alleine fliegt und der andere nur da ist, um einzugreifen, wenn der Pilot ausfällt.«
    Nehmen wir zum Beispiel den in Fliegerkreisen breit diskutierten Absturz des kolumbianischen Fluges Avianca 52 im Januar 1990.
     Dieser Unfall verkörpert sämtliche Charakteristika eines typischen modernen Flugzeugabsturzes derart perfekt, dass er in Pilotenlehrgängen
     analysiert wird. Da er so viel mit dem Unglück gemeinsam hat, das sich sieben Jahre später in Guam ereignen sollte, ist er
     ein guter Ausgangspunkt für unsere Untersuchung des Problems bei Korean Air.
    Der Flugkapitän war Laureano Caviedes, der Erste Offizier hieß Mauricio Klotz. Die Maschine befand sich auf dem Flug von Medellin
     in Kolumbien zum New Yorker Kennedy Airport. An diesem Abend herrschte schlechtes Wetter. Ein Nord-Ost-Wind fegte die gesamte
     Ostküste entlang und brachte dichten Nebel und starke Böen mit sich. Am Flughafen von Newark hatten 203 Flüge Verspätung,
     am New Yorker Flughafen La Guardia waren es 200, in Philadelphia 161, in Boston 53 und am Kennedy Airport 99. Wegen des schlechten
     Wetters wurde die Avianca-Maschine auf dem Weg nach New York dreimal von der Flugsicherung aufgehalten. Sie kreiste 19 Minuten
     lang über Norfolk in Virginia, 29 Minuten lang über Atlantic City und schließlich noch einmal 29 Minuten lang 60 Kilometer
     südlich von New York City. Mit fast anderthalb Stunden Verspätung erhielt sie schließlich die Landeerlaubnis. Im Anflug hatten
     die Piloten mit heftigen Scherwinden zu kämpfen. Einen Moment lang hatten sie starken Gegenwind und mussten Schub geben, um
     ihre Anfluggeschwindigkeit zu halten. Im nächsten Moment fiel der Gegenwind ohne Vorwarnung dramatisch ab, und die Geschwindigkeit
     war viel zu hoch, um die Landebahn noch zu erreichen. Im Normalfall hätte der Flugkapitän den Autopiloten eingeschaltet, der
     schnell und korrekt auf die Scherwinde reagiert. Doch der Autopilot war defekt und abgeschaltet. Im letzten Moment startete
     der Pilot durch. Die Maschine flog im weiten Bogen über Long Island hinweg und schwenkte erneut auf den |167| Kennedy Airport ein. Plötzlich fiel eines der Triebwerke aus. Wenige Sekunden später fiel ein zweites Triebwerk aus. »Zeig
     mir die Landebahn!«, schrie der Kapitän in der verzweifelten Hoffnung, er sei nahe genug, um im Gleitflug zu landen. Doch
     der Flughafen war noch 25 Kilometer entfernt.
    Die Boeing 707 ging in der vornehmen Ortschaft Oyster Bay auf Long Island nieder und stürzte auf den Wohnsitz des Vaters von
     Tennisspieler John McEnroe. Von den 158 Passagieren kamen 73 ums Leben. Es dauerte nur einen Tag, bis die Unglücksursache
     feststand: Treibstoffmangel. Mit dem Flugzeug war alles in Ordnung, genau wie mit dem Flughafen. Die Piloten waren weder betrunken
     noch standen sie unter Drogen.

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