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Uebergebt sie den Flammen

Uebergebt sie den Flammen

Titel: Uebergebt sie den Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Stadt!« – »Tauf dein Kind!«
    Mit einem Sprung zur Seite hatten sich Wendel und Greet gerettet. Johann war nicht ausgewichen, besudelt von den Haaren bis über das Gewand stand er aufrecht vor dem Portal, seine Augen glühten, und weit breitete er die Arme aus. »Hört mich an, ihr Weiber!« Die Stimme schallte laut in das Gebrüll und erzwang Stille. »Auch ihr Gaffer, hört genau zu. Wasser bleibt Wasser, auch wenn es im Taufbecken ist. Schweigt! Ich sage euch die Wahrheit! Erst wenn ihr bereit seid, mit dem sündigen Leben zu brechen, könnt ihr getauft werden, dann erst gehört ihr zur Gemeinde unseres Herrn. Die Taufe verlangt Gehorsam des Glaubens, sie ist ein Zeichen!«
    Wendel sah, wie die Köpfe der Schreiber sich senkten, glaubte das Kratzen der Federkiele bis zum Portal zu hören. O mein Johann, warum macht dich deine Wahrheit so blind für die Gefahr?
    »Ein Kind ist noch blöde, wie soll es denn glauben können? Die Kindertaufe ist Blendwerk, das Wasser ist unnütz wie Kot und Seiche, mit denen ihr mich überschüttet habt.«
    Mit offenen Mündern hielten die Frauen das ausgeleerte Nachtgeschirr in den Händen und schwiegen, sie hatten nur gehört, nichts verstanden und gafften.
    »Ein Täufer!« Erschreckt fuhren alle Köpfe herum. Der Mönch reckte Johann beide Fäuste entgegen. »Dieser Teufel ist noch schlimmer als ein Luther!«
    Das Signalwort riss die Weiber aus der Erstarrung, dieses Wort trieb sie an. »Teufel!«, ein einziger Schrei. Sie drangen mit Pfannen und Töpfen auf den Kaplan ein, schlugen, und endlich floh Johann zum Pfarrhaus hinüber in die Sicherheit des Widemhofes.
    »Wir müssen zu Lisabeth!» Wendel und Greet rafften die Röcke, rannten los durch die Menge, an den Observanten vorbei. Wendel hörte die Stimme des Mönches und stolperte, fiel nicht. »Habt ihr alles? Ich wusste, dass er sich verraten würde!« Sie lief weiter, sein Lachen gellte ihr in den Ohren.
    Erst vor dem Weinhaus blieben sie stehen. »Er hat die feinen Bürgerfrauen aufgehetzt«, keuchte Wendel, »dieser Blutsauger hat die Falle gestellt.«
    Fest nahm Greet sie in den Arm. »Das reicht nicht für das Gericht, mein Kleines. Und die Weiber beruhigen sich schnell.«
    »Es geht wieder los. Ich weiß es.« Wendel drohte Büderich mit der Faust. »Als Hure darf ich mit dem Priester leben, das stört euer Gewissen nicht, weil ihr es gewöhnt seid, weil selbst die feinen Bischöfe sich Frauen halten. Aber wenn Johann mich heiraten würde, das stört eure schandbare Ordnung ebenso wie ein ungetauftes Kind!« Wendel spuckte auf den Boden.
    Im Hof der Wagnerei erwartete sie die Mutter. Lisabeth kroch vergnügt einer Holzkugel nach. Kurz berichtete Greet, was vor der Kirche geschehen war. Die alte Frau wiegte bekümmert den Kopf und faltete die Hände. »Wendel, dein Vater sieht auf uns herab. Ich ertrag es hier nicht mehr.«
    Entschlossen hob Greet die kleine Lisel vom Boden auf, schaukelte das Kind, drehte sich langsam im Kreis und tanzte mit der Kleinen in den Stall.
    »Sag schon, Mutter.«
    »Ich will nicht mehr bleiben. Nein, böse bin ich euch nicht, aber ich hab mich entschlossen.«
    »Es war doch jemand hier?«
    Die Mutter wehrte den Verdacht ab. »Nie würde ich mein eigenes Kind verraten, mach dir keine Sorgen. Ich gehe nicht weit, nur ein paar Häuser weiter. Letzte Woche hab ich schon alles geregelt.«
    »Zu den Nonnen? Ins Sankt Gertrudis?«
    Müde strich sich die Mutter über das Haar. »Ich will so glauben, wie es sich gehört. Da im Kloster nutze ich noch etwas. Die Nonnen wollen Kranke pflegen, auch die Kinder unterrichten, dabei will ich helfen.«
    Wendel umarmte die Mutter. »Gut, Frau Meisterin. Gut.«
    »Und ich bin euch nicht im Weg. Ich komm zu Besuch, wenn du’s brauchst. Und schick mir die Lisel.«
    »Gut, Frau Meisterin.«
    Es war ein Abschied, keine Trennung. Die Mutter wollte fort, und Wendel gab ihr das letzte Kindsein mit.
    Als Johann zurückkam, war die Mutter schon gegangen, die wenigen Dinge würde Wendel ihr nachbringen.
    Johann stank und war stolz auf seinen Sieg. »Sie haben versucht, mich zu demütigen. Aber ich stand wie ein Fels!«
    Ungläubig staunte Wendel ihn an. »Es war eine Falle. Blind bist du hineingetreten. Der Mönch hat Beweise gesammelt!«
    »Ich fürchte mich nicht mehr, Wendel. Das habe ich heute gespürt, die Kraft meines Glaubens ist jetzt stark genug!« Selbst, dass Pfarrer Beust ihm nahe gelegt hatte, nicht mehr in der Kirche zu predigen, berichtete er mit

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