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Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Titel: Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Deutschkron
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die Unbeschwertheit, die ihn bei der Änderung seiner Lebensdaten erfüllt hatte. „Du hast deine moralische Überlegenheit verkauft“, haderte er mit sich. Dann wieder dachte er an sein Kind, dem er das Leben erleichtern mußte.
    Im Frühjahr 1947 bekam er ein Einreisevisum in die Schweiz. Im Haus der Pflegeeltern sah er sie dann, seine Riwka, für die er um sein Überleben gekämpft hatte. Die 12jährige wich zurück, als der Vater sie umarmen wollte. Sie war wie gelähmt, zeigte keine Freude, kein Gefühl der Nähe zu diesem Mann. Er hat mich doch allein gelassen all die Jahre, ging es dem Kind durch den Kopf, und es sagte: „Warum bist du nicht nach Paris gekommen, wie du mir versprochen hast, nach vier Wochen nur?“ Leo blieb nur eine Nacht in Winterthur. Auf seine Frage, ob Riwka nicht mit ihm nach Berlin kommen wollte, schüttelte sie nur den Kopf. Das Bild von dem einem Engel gleichenden Papa, den das Kind mit drei Jahren so geliebt hatte, war zerstört.
    Die Kameraden aus dem KZ, die Leo in Ost-Berlin wiedertraf, verhalfen ihm zu einem Studienplatz an der Humboldt-Universität. Trotz seiner 39 Jahre wollte er noch Arzt werden. Doch das Leben in Ost-Berlin behagte ihm nicht.
    Nein, so hatte er sich das Leben in dem ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden nicht vorgestellt. Die Mauer, die Menschen einsperrte, ganze Familien trennte, ihnen ihr Leben vorschrieb. Ach, es gab viel Unrecht. Doch er sprach es nicht aus. Er hätte auch nichts ändern können, auch für sich selbst nicht. Trotz Drängen wurde er kein Mitglied der SED. Sein Judentum verschwieg er, ließ sich die Nummer vom Arm, die er im KZ bekommen hatte, wegoperieren. Antisemitische Äußerungen überhörte er nicht. Die täglichen Erfahrungen an der Grenze, die er wegen seiner Arbeit im Krankenhaus mit einem besonderen Paß überqueren durfte, ließen es nicht zu, daß er wie viele seiner Freunde diese Eindrücke verdrängte.
    „Das Ei ist zu hart“, schrie er eines Tages seine Frau an und fegte es vom Tisch. Hannelore schaute ihn fassungslos an. Das war doch nicht ihr Mann, den sie als stillen und sanften Menschen kannte. Zwar war es nicht das erste Mal, daß Leo derartige Wutausbrüche hatte. Grundlos meist, wie Hannelore fand, und gerade deshalb so erschreckend. Eine Kaffeekanne hatte bereits daran glauben müssen und auch ein Milchtopf. Nach einem solchen Ausbruch stand Leo abrupt auf und verschwand in sein Zimmer. Stunden später kam er wieder heraus, schweigsam, aber freundlich, als wäre nichts geschehen. Es liegt nahe, daß diese plötzlichen Ausbrüche eine Folge der Konflikte waren, mit denen Leo nicht fertig werden konnte. Er mußte sich irgendwie Luft verschaffen, meinte die Ärztin.
    Er kam mit seiner Geschichte nicht zurecht, die ihn in privater und politischer Hinsicht zu einem lügenhaften Leben zwang.

Deutschland und Israel
Die politischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel – eine Bilanz
    Die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel waren von Anfang an ein Spiegelbild des gestörten Verhältnisses von Deutschen und Juden. Israelis fanden es schwer, Deutsche und Deutschland in ihr Denken mit einzubeziehen. Von jenen Deutschen, die an dem Geschehen im Dritten Reich gänzlich unschuldig gewesen waren, gab es zu wenige, und sie hatten zunächst auch zu wenig Einfluß in der neu geschaffenen Bundesrepublik, um als Brücke dienen zu können.
    Die ersten Bundesregierungen schoben die politischen Beziehungen zum neuen jüdischen Staat viele Jahre unter dem Vorwand vor sich her, nur so die diplomatische Anerkennung der DDR durch die arabischen Staaten und auch international verhindern zu können. Es fehle noch die „psychologische Basis“ oder die Bereitschaft der Deutschen, Verantwortung für die Verbrechen an den Juden auf sich zu nehmen. So erklärte man in Bonn. Als die Bundesregierung schließlich am 7. März 1965 bekanntgab, sie strebe diplomatische Beziehungen zu Israel an, da stolperte sie quasi in diese neue Beziehung hinein. Der Schritt war nicht wirklich vorbereitet, sondern war eher als Trotzreaktion zu werten. Die Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik blieben dann auch in den folgenden Jahren komplex, wesentlich beeinflußt von politischen und wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik, und waren daher nie frei von Mißverständnissen, Krisen und Konflikten.
    Beide Staaten entstanden ungefähr um die gleiche Zeit: Israel 1948, die

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