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Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen

Titel: Ueberleben als Verpflichtung - den Nazi-Moerdern entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Deutschkron
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Bundesrepublik 1949. Die Bundesregierung erwähnte in ihrer ersten Regierungserklärung die Existenz des jüdischen Staates, dessen Gründung weitgehend in ursächlichem Zusammenhang mit dem Schicksal seiner Bewohner stand, mit keinem Wort. Das blieb so bis 1951. Erste Kontakte zwischen Vertretern beider Staaten fanden zu jener Zeit mehr oder weniger heimlich statt, ausgelöst durch Israels Begehren nach Rückgabe oder finanziellem Ersatz des von Deutschen geraubten jüdischen Besitzes in Deutschland sowie in Osteuropa und wo immer sonst deutsche Truppen mit der SS im Gefolge gehaust hatten. Endlich – im September 1951 – legte Bundeskanzler Dr. Adenauer im Namen seiner Regierung eine erste Erklärung zum Thema Juden vor. Diese Erklärung war eine Vorbedingung, die die Juden stellten, um nach dem schrecklichen Geschehen offiziell erste Kontakte zu den Deutschen aufnehmen zu können.
    In den ersten zwei Absätzen dieser Erklärung wird viel über die Verpflichtung des neuen Deutschlands gesagt, menschliche und religiöse Toleranz zu üben. Erst im dritten Teil steht etwas über die von Deutschen verübten Verbrechen am jüdischen Volk. Die Formulierungen dieser Erklärung muten angesichts der Tatsachen recht merkwürdig an. So heißt es da u. a.: „Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit die an den Juden begangenen Verbrechen verabscheut und sich an ihnen nicht beteiligt. Es hat in der Zeit des Nationalsozialismus im deutschen Volk viele gegeben, die mit eigener Gefährdung, aus Gewissensnot, aus Scham über die Schändung des deutschen Namens ihren jüdischen Mitbürgern Hilfsbereitschaft gezeigt haben.“ Wäre dies tatsächlich in solchem Ausmaß geschehen, wie diese Erklärung behauptet, dann wären sicher mehr Juden gerettet worden. Daß man jüdischerseits auf diese Formulierungen einging, ist nur erklärbar durch die entsetzliche Notlage des Staates Israel, der 500.000 heimatloser und mittelloser Flüchtlinge hatte aufnehmen müssen, unter ihnen natürlich auch geschwächte und kranke Überlebende der Konzentrationslager. In dieser Erklärung ist schließlich auch von einer materiellen Wiedergutmachung für den Staat Israel die Rede.
    Es soll hier in keiner Weise an der Integrität von Bundeskanzler Adenauer gezweifelt werden. Die Frage ist dennoch berechtigt, aus welchem Grunde so spät und auf diese Weise diese erste Hinwendung der Bundesrepublik zu Israel erfolgte. Dr. Herbert Blankenhorn, Adenauers Intimus aus jener Zeit, berichtete, daß Adenauer ein Schuldbekenntnis des deutschen Volkes den Juden gegenüber in den ersten Jahren der Bundesrepublik nicht wagen konnte. Für eine solche Erklärung hätte das deutsche Volk erst vorbereitet werden müssen. Er sagte weiter, es wäre doch dem Ansehen der neu erstandenen Bundesrepublik in der Welt abträglich gewesen, wenn die deutsche Bevölkerung diesen Bemühungen um ein solches Schuldbekenntnis Widerstand geleistet hätte. Seinen Bestrebungen, das deutsche Volk für einen demokratischen Staat zu gewinnen, hätte dies ebenfalls geschadet.
    Diese Politik, die eigentlich aus moralischen und psychologischen Gründen zu verurteilen ist, hat sicherlich nachfolgenden Generationen die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erschwert. Zweifeln an dem Wahrheitsgehalt der Berichte über die Leiden der Juden und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit im allgemeinen während des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland wurde nichts entgegengesetzt.
    Der Bonner Erklärung von 1951 folgten schließlich sehr langwierige Verhandlungen zur Wiedergutmachung, die zu einem ersten Vertrag zwischen Deutschen und Juden führten. Er sagte deutsche Warenlieferungen im Wert von 3,4 Milliarden Mark über einen Zeitraum von zwölf Jahren zu. Dieser Vertrag hatte allerdings in Bonn viele Hürden zu nehmen, bevor er rechtskräftig werden konnte. Drohungen arabischer Staaten, im Falle der Annahme des Wiedergutmachungsabkommens den gerade wiederbelebten Handel mit der Bundesrepublik wieder einzustellen, verfehlten ihre Wirkung auf die deutsche Wirtschaft und damit auch auf eine Reihe von Politikern nicht. Einige von ihnen argumentierten sogar, Israel habe kein Recht auf Reparationen, da es während des Krieges noch gar nicht existiert habe. Und so stimmten im März 1952 nur 239 Abgeordnete (von 402) für diesen ersten Vertrag zwischen Deutschen und Juden, 86 enthielten sich der Stimme, mit „Nein“ stimmten 35 Abgeordnete. 42 zogen es vor, bei dieser

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